In der Schwangerschaft kommt es natürlicherweise zu Vorwehen oder Übungswehen, die noch längst nicht so stark und gezielt sind, dass sie eine Geburt auslösen. Aber bei manchen werdenden Müttern kann es schon vorzeitig zu heftigeren Wehen kommen, die potenziell bereits das Kind heraustreiben können. Bei diesen vorzeitigen Wehen besteht die Gefahr, dass sich eine Frühgeburt ereignet. Besonders ist das Risiko der Frühgeburt dann gegeben, wenn der Muttermund zusätzlich weit ist (Zervixinsuffizienz). Da das Kind möglichst erst reif zur Welt kommen sollte, wird von ärtzlicher Seite aus versucht, die Schwangerschaft zu erhalten. Dies geschieht vor allem mit wehenhemmenden Mitteln (Tokolytika) und Bettruhe. Gegebenenfalls sind auch weitere medizinische Maßnahmen wie ein Verschluss des Muttermundes (Cerclage) nötig.
Die Ursachen für vorzeitige Wehen lassen sich in vielen Fällen nicht ermitteln. Einige unterschiedliche Faktoren können für die frühen Wehen sorgen oder sie begünstigen. So bekommen Mütter von weiteren Kindern oder Mütter, die zuvor Fehlgeburten oder Frühgeburten hatten, häufiger frühzeitige Wehen als andere Schwangere. Bei einer Mehrlingsschwangerschaft ist die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass Wehen vorzeitig beginnen. Ebenfalls ist dies bei einer erhöhten Fruchtwassermenge der Fall.
Die vorzeitigen Wehen werden nicht selten von Infektionen von Vagina und Muttermund ausgelöst. Doch auch weitere Erkrankungen können der Grund sein. Veränderungen an der Plazenta (Mutterkuchen) wie eine Placenta praevia (zu tief sitzender Mutterkuchen) oder eine herabgesetzte Funktion des Organs können eine vorzeitige Wehentätigkeit bedingen. Die Wehen können auch bei Gebärmutter-Fehlbildungen oder bei Myomen (gutartigen Knoten in der Gebärmutter) vorzeitig auftreten. Hoher Blutdruck (Präeklampsie) oder Schwangerschaftsdiabetes können ebenfalls eine Rolle spielen.
Weitere Risikofaktoren für verfrühte Wehen sind eine schlechte soziale Lebenslage und das Fehlen eines festen Partners. Ebenso spielen körperlicher oder psychischer Stress, ein Alter von unter 18 Jahren oder über 35 Jahren sowie Rauchen eine Rolle. Vielfach ist es eine Kombination einer Reihe von körperlichen, psychischen und Umweltfaktoren, die die frühzeitigen Wehen bei der Schwangeren kommen lassen.
Eine vorzeitige Wehentätigkeit liegt vor, wenn es vor der 37. Schwangerschaftswoche zu Geburtswehen kommt. Solche Wehen sind im Allgemeinen stärker als die Vorwehen und kommen regelmäßig wieder. Meist gelten drei oder mehr Kontraktionen der Gebärmutter pro Stunde als „richtige" Wehen. Hierbei gibt es unterschiedliche Ansichten, doch allen gemein ist, dass mehrere starke und länger als 30 Sekunden dauernde Wehen innerhalb einer Stunde auftreten.
Die werdende Mutter bemerkt die zu frühen Wehen an wiederholten Schmerzen mit Zusammenziehen des Bauches. Der Bauch wird dabei stramm und fest. Die entstehenden Schmerzen können auch in weitere Körperregionen ausstrahlen wie z. B. den Rücken. Eine Schwangere weiß normalerweise instinktiv, wann es sich um Geburtswehen beziehungsweise vorzeitige zu starke Wehen handelt und nicht um die typischen schwächeren Vor- oder Übungswehen.
Eine Betroffene bemerkt oft auch schon einen Druck im Becken nach unten. Manchmal kann etwas Schleim oder Blut aus der Scheide abgehen, wenn sich gleichzeitig der Muttermund weitet (so genanntes Zeichnen).
Eine Frau, die vermutet, dass es sich um vorzeitige Wehentätigkeit handelt, sollte sich rasch zum Arzt begeben. Der Arzt führt eine kurze Anamnese (Befragung der Patientin) durch und untersucht die Betroffene, er tastet unter anderem den Bauch ab. Vor allem beurteilt der Arzt den Muttermund beziehungsweise Gebärmutterhals. Wenn sich der Gebärmutterhals schon geweitet und verkürzt hat, ist die Gefahr einer Frühgeburt weiter erhöht. Eine Ultraschalluntersuchung über die Scheide (transvaginaler Ultraschall) ist aufschlussreich. Ebenfalls erfolgt ein CTG (Cardiotokographie), also die Aufzeichnung der Wehen mit einem speziellen Gerät.
Die vorzeitigen Wehen lassen sich nicht immer genau von den Übungswehen oder harmlosen Vorwehen unterscheiden. Eine Schwangere, die sich unsicher ist, sollte die Wehentätigkeit lieber vom Arzt abklären lassen.
Wenn ein Kind zu früh zur Welt zu kommen droht, dann sollte versucht werden, dies aufzuhalten. Die Schwangerschaft sollte so lange erhalten werden, bis das Kind reif genug für das Leben außerhalb des Mutterleibs ist, was insbesondere für die Lungen gilt. Eine Ausnahme besteht dann, wenn ungünstige Gegebenheiten das Kind im Mutterleib stark gefährden.
Schwangere Patientinnen, die frühzeitige Wehen bekommen, müssen meist auf eine Klinikstation aufgenommen werden. In der Regel ist es erforderlich, Bettruhe einzuhalten. Zumindest sollten stärkere Bewegungen vermieden werden. Auch auf Geschlechtsverkehr sollte die Betroffene verzichten. Medikamente können die vorzeitigen Wehen hemmen (Tokolytika). Mit Magnesium können die Aktivitäten der Gebärmutter weiter vermindert werden. Bei bestimmten Krankheiten können keine typischen Tokolytika (Wehenhemmer) gegeben werden, beispielsweise einigen Herz- und Lungenkrankheiten, schweren Infektionen oder hohem Augendruck. Hier wird auf Magnesium zurückgegriffen.
Bestimmte Gründe für vorzeitige Wehen müssen ebenfalls behandelt werden. Bei einer Infektion der Geschlechtsorgane erfolgt eine gezielte Therapie, unter anderem mit Antibiotika oder mit Anti-Pilz-Medikamenten (Antimykotika).
Die Betroffene muss regelmäßig, in vielen Fällen täglich, medizinisch kontrolliert werden. So werden unter der Gabe von Medikamenten zur Wehenhemmung (Tokolyse) immer wieder der Blutdruck, der Blutzucker, das Körpergewicht und die Urinmenge bestimmt werden. Wehenhemmende Mittel, die über die Blutbahn gegeben werden, müssen nach einigen Tagen wieder reduziert und schließlich ganz weggelassen werden. Sie werden durch Tabletten zur Wehenhemmung ersetzt. Wenn keine neuerlichen starken Wehen auftreten, kann die Betroffene langsam wieder das Bett verlassen.
Weitere Medikamente, die oft gegeben werden müssen, sind Mittel zur Lungenreifung des Kindes. Das Kind soll möglichst früh gut lebensfähig sein, um dessen Prognose bei tatsächlicher Frühgeburt zu verbessern. Dies kann mit Cortisonspritzen erreicht werden.
Wenn der Muttermund schon offen ist (Zervixinsuffizienz) und die Schwangerschaft noch nicht die 32. Woche überschritten hat, wird manchmal eine Cerclage durchgeführt. Das ist ein kleiner Eingriff zum vorübergehenden Verschluss des Muttermundes. Die Wehen dürfen dazu aber nicht stark sein beziehungsweise müssen erfolgreich gehemmt werden. Zur Cerclage wird ein Faden (oder auch ein Silikonring) so um den Gebärmutterhals gelegt, dass dieser wieder eng ist. Wenn die Geburt schließlich stattfinden soll, wird der Faden wieder entfernt.
Ohne Behandlung ereignet sich häufig eine Frühgeburt, wenn vorzeitig stärkere Wehen stattfinden. Besonders gilt dies, wenn sich ebenfalls der Muttermund öffnet. Eine Therapie mit erfolgreicher Wehenhemmung kann eine Frühgeburt häufig verhindern. Sollte sich die vorzeitige Geburt nicht aufhalten lassen oder die Entbindung wegen Komplikationen notwendig sein, dann haben die betroffenen Kinder mit Schwierigkeiten zu kämpfen. Ausschlaggebend ist die Reife der Lungen. Noch nicht ausgereifte Frühgeborene haben je nach der Schwangerschaftswoche und der Entwicklungsstufe ein Risiko, Folgeschäden davonzutragen.
aktualisiert am 15.12.2020