Stillen gilt im Allgemeinen als sehr vorteilhaft für das Kind. Das Füttern mit der eigenen Milch ist ein Vorgang, der sich über Millionen von Jahren in der Natur entwickelt hat, um das Kind optimal zu versorgen. Die Muttermilch ist die einzige Nahrung und normalerweise die einzige Flüssigkeit, die das Kind in den ersten Monaten seines Lebens braucht. Dennoch ist Stillen in der heutigen Zeit nicht zwangsläufig notwendig. Flaschenmilch enthält ebenso alle wichtigen Bestandteile wie die Muttermilch auch. So wird richtiges Stillen zwar empfohlen, doch wenn die Mutter dies als zu unangenehm empfindet oder der eigene Körper Probleme bereitet, kann sie ihr Kind auch mit der Flasche ernähren.
Die Muttermilch wird von der weiblichen Brustdrüse produziert und entspricht der Milch anderer Säugetiere. Die Zusammensetzung der menschlichen Milch ist aber etwas anders als z. B. bei der Kuhmilch.
Muttermilch enthält genügend Flüssigkeit und Nährstoffe, um das Baby zu versorgen. Sie ist reich an Eiweiß, Fett, Kohlenhydraten (Milchzucker = Lactose), Mineralien und Vitaminen. Weil sie auch bestimmte Antikörper sowie Abwehrsystem-Enzyme enthält, bringt die Muttermilch für das Kind weiterhin einen Schutz vor Krankheitserregern.
Schon während der Schwangerschaft kommt es vor, dass aus der Brustdrüse etwas Vormilch (Kolostrum) abgeht. Dies ist aber nicht bei allen schwangeren Frauen der Fall. Auch in den vier bis fünf Tagen nach der Geburt handelt es sich noch um Vormilch. Im Verlauf dieser Tage bildet die Brust erst allmählich Flüssigkeit, die immer mehr der endgültigen Muttermilch (der so genannten Frauenmilch) ähnelt. Die Vormilch ist klar, oft von gelblicher Färbung, relativ dickflüssig und eiweißhaltig. Insbesondere liefert sie dem Kind viele Antikörper. Die Bildung von Vormilch und gewöhnlicher Muttermilch wird über Hormone gesteuert.
Reife Muttermilch sieht oftmals wässriger aus als beispielsweise die bekannte Kuhmilch. Sie enthält dennoch alle Nährstoffe in genügender Menge. Die Muttermilch wird so lange produziert, wie sie benötigt wird; es gibt keine vorgegebene Zeitdauer. Werden die Brustwarzen weiterhin stimuliert, dann wird auch noch Milch gebildet.
Die Muttermilch ist schon von vornherein darauf ausgelegt, das Kind möglichst optimal zu versorgen. Die Milch liefert eine ideale Zusammenstellung an Nährstoffen. Antikörper sorgen dafür, dass das Kind gegen Infektionen besser geschützt ist. Das Abwehrsystem des kindlichen Körpers ist am Anfang noch nicht fertig entwickelt, so dass den Antikörpern und anderen Immunstoffen aus der Muttermilch eine große Bedeutung zukommt.
Kinder, die Muttermilch trinken, leiden später seltener an einer Allergie als Flaschenkinder. Ebenso bekommen sie seltener ähnliche Erkrankungen wie Heuschnupfen, Asthma oder Neurodermitis (atopische Dermatitis).
Der Stillvorgang fördert außerdem die sinnliche Wahrnehmung des Kindes und die Bewegung und Koordination von Mund und Kiefer.
Doch nicht nur für das Baby, sondern auch für die Mutter weist das Stillen einige Vorteile auf. Frauen, die stillen, senken damit ihr Risiko für Brustkrebs. Werden die Brustwarzen durch das Stillen stimuliert, dann gibt die Hirnanhangdrüse vermehrt das Hormon Oxytocin ab. Das Hormon bewirkt eine Rückbildung der Gebärmutter.
Ein weiterer Effekt des Stillens ist der Verbrauch von Kalorien. Das Stillen hilft der Mutter beim Abnehmen nach der Schwangerschaft.
Nicht zuletzt stärkt es die emotionale Bindung zwischen der Frau und ihrem Kind, wenn die Mutter stillt. Das Kind fühlt sich an der Brust der Frau geborgen.
Beim Stillen fällt außerdem jegliche Vorbereitung der Flaschennahrung weg. Die Brust ist jederzeit verfügbar und „griffbereit". Und die Frau kann sich sicher sein, die richtige Mischung an wichtigen Stoffen für ihr Kind parat zu haben. Weitere Eigenschaften der Milch sind ebenfalls vorteilhaft: Die Muttermilch frisch aus der Brust weist eine geeignete Temperatur auf, und nach hygienischen Gesichtspunkten ist die Brustmilch einwandfrei.
Schon während der Schwangerschaft sollten sich werdende Mütter mit dem späteren Stillen beschäftigen. Die meisten Schwangeren haben dann auch noch die nötige Zeit zur Verfügung. In der Stillberatung kann die Mutter erlernen, wie sie richtig stillt. Auch Hebammen können der Mutter meist zeigen, wie das Stillen gut funktioniert. Wichtig ist, dass das Kind die ganze Brustwarze und einen Teil des Warzenhofs mit dem Mund zu fassen bekommt.
Die Mutter sollte sich zum Stillen genügend Zeit und Ruhe nehmen. Die übliche Dauer eines Stillvorgangs beträgt um die zehn Minuten. Allerdings kann sich die Sitzung auch wesentlich länger hinziehen, wenn das Baby zwischendurch eine Pause einlegt oder gar kurz einschläft. Das Kind sollte an der Brust bleiben, bis der Hunger gestillt ist - es sollte aber nicht viel zu lange an der Brust saugen, da die Brustwarzen sonst sehr stark beansprucht werden können. Falls das Kind zu lange an der Brust hängt und nicht von alleine die Brustwarze loslässt, kann die Mutter sanft den Finger in den Mundwinkel des Babys schieben. Das löst normalerweise die Verbindung zwischen Brust und Baby.
Die Brüste sollten jeweils abwechselnd an die Reihe kommen, wenn ein neuer Stillvorgang anfängt. Beide Brustdrüsen werden auf diese Weise gleichermaßen stimuliert. Die Milch ist am Anfang eines Stillvorgangs dünnflüssig und wird erst dann nährstoff- und fettreich. Deshalb trinken Kinder, die eher Durst als Hunger haben, kürzer, aber dafür öfter.
Die Mutter sollte beim Stillen darauf achten, dass sie sich in einer bequemen Lage befindet. Damit kann sie dafür sorgen, dass das Stillen nicht rasch beschwerlich wird.
Falls möglich, sollte die Mutter das Baby schon in der ersten oder zweiten Stunde nach der Geburt zum ersten Mal an ihre Brust führen. Das Baby sollte in den folgenden Wochen an die Brust genommen werden, wenn es dies will. In den ersten Tagen bis Wochen kann ein Bedarf für das Stillen durchaus bis zu zehnmal pro Tag gegeben sein.
Neben der Muttermilch ist in den ersten vier Monaten keine andere Nahrung für das Baby notwendig. Andere Flüssigkeiten sollten außer der Milch normalerweise ebenfalls nicht gegeben werden. Der Bedarf an Muttermilch ist für das Baby von Zeit zu Zeit unterschiedlich. Es benötigt dann mehr Milch, wenn es eine stärkere Entwicklungsphase durchmacht. Diese Phasen treten oft etwa zehn Tage, sechs Wochen sowie drei Monate nach der Geburt in Erscheinung, was aber variieren kann. Ebenfalls hat ein Baby selbstverständlich im heißen Sommer mehr Durst als zu anderen Jahreszeiten (oder auch beim Aufenthalt in stark beheizten Zimmern).
Stillen ist in verschiedenen Positionen möglich. Eine gute Stillposition kann auf einem Stuhl, einer Couch oder im Bett erreicht werden. Als komfortables Hilfsmittel kann sich ein Stillkissen eignen, das die Arme, die Schultern und den Rücken der Mutter entlastet. Im Stillalltag dürften drei verschiedene Lagen von Mutter und Kind genug sein, um in bequemer Haltung das Kind zu füttern. Die gewöhnlichste, oft einfachste und wohl bekannteste Haltung ist die Wiegehaltung. Die Mutter hält ihr Kleines waagerecht in den Armen vor Brust und Bauch, so dass das Gesicht zu einer Brust zeigt. Die Mutter muss sich nicht nach vorne überbeugen, dies führt ansonsten schnell zu Rückenschmerzen. Die Wiegehaltung wird bei den meisten stillenden Müttern nach einiger Zeit problemlos und fast automatisch ablaufen. Die Rückenhaltung ist die zweite übliche Art, das Kind zu säugen. Hier wird das Kind mit dem Rücken in den seitlichen Arm gelegt, so dass die Beine von der Frau aus gesehen nach hinten zeigen. Der Kopf des Kindes wird meist mit der Hand gehalten. Als dritte gängige Stillmöglichkeit gibt es noch das Stillen im Liegen, so dass Kind und Mutter auf der Seite liegen und sich nahe gegenüber befinden. Im Liegen zu stillen, wird oft als besonders angenehm und gemütlich empfunden.
Stillende Mütter wünschen sich oft ein wenig mehr Unabhängigkeit von den Milchbedürfnissen ihres Säuglings. Sie können neben dem unmittelbaren Stillen auch Muttermilch abpumpen und es dem Kind bei Bedarf später mit dem Fläschchen geben. Im Handel gibt es spezielle Pumpen, um die eigene Milch zu gewinnen. Wiederholtes Abpumpen stimuliert die Brustdrüse wie das Saugen des Babys, so dass weiterhin Milch gebildet wird.
Die Brustmilch kann in einem Kühlschrank für 48 Stunden gelagert werden, wenn eine Temperatur von 4°C nicht überschritten wird. Sie muss dann wieder angewärmt werden. Muttermilch kann sogar im Tiefkühlfach bei -20°C gelagert werden, sie kann dann aber einen unangenehmen Geruch bekommen, und Substanzen wie Antioxidantien können verloren gehen.
Die generelle Empfehlung geht dahin, das Kind wenigstens vier Monate lang komplett zu stillen. Von einigen Seiten kommt die Empfehlung, das alleinige Stillen über sechs Monate durchzuführen. Nach diesen (vier bis) sechs Monaten sollte die Mutter spätestens anfangen, das Kind auch mit Beikost zu ernähren. In der Folgezeit sollte allmählich immer mehr Beikost gegeben werden. Der Milchbedarf des Kindes geht dadurch automatisch zurück, die mütterliche Brust wird durch den geringer werdenden Reiz ebenfalls immer weniger Milch bilden.
Das Kind kann aber weit darüber hinaus gestillt werden. Bis es ein Jahr alt ist, kann es definitiv noch mit der eigenen Muttermilch gefüttert werden, in Kombination mit anderer geeigneter Nahrung. Einige Mütter stillen das Kind noch länger, teilweise sogar, bis es über zwei Jahre alt ist. Daran ist nichts auszusetzen.
Die gewohnten Klamotten kommen manchmal etwas unpraktisch daher, wenn es um das Stillen geht. Daher gibt es von verschiedenen Herstellern Bekleidung, die eigens für stillende Frauen gemacht ist. Zu erwähnen ist der Still-BH, der sich auf jeder Seite einzeln nach vorne hin öffnen lässt. Dies lässt sich auf sehr einfache Weise bewerkstelligen, weil die Mutter schließlich meist nur eine Hand frei hat. Der Still-BH gibt der schweren Brust zudem einen guten und bequemen Halt. Auch ein Stillnachthemd oder ein Still-Shirt erleichtert es, das Kind mit der Brust zu füttern. Einige Mütter kommen aber auch mit ihren normalen Kleidungsstücken zurecht und brauchen keine spezielle Stillbekleidung. Die Mutter sollte ausprobieren, mit welchen Sachen sie am besten stillen kann.
Stilleinlagen können verhindern, dass das Oberteil durch austretende Milch durchnässt und verunreinigt wird. Die Einlagen decken die Brust ab und können dank ihres Materials die Flüssigkeit aufnehmen.
Nicht nur in der Schwangerschaft, sondern auch in der Stillzeit muss die Mutter bedenken, dass sich ihre Ernährung auf das Kind auswirkt. Zum einen muss ihr Körper die Milch bilden und braucht dafür Energie beziehungsweise Nährstoffe. Zum anderen können schädliche Stoffe unter Umständen in die Muttermilch übertreten.
Deshalb wird allen stillenden Frauen eine ausgewogene, vielseitige und gesunde Ernährung nahegelegt. Die Mutter sollte nicht versuchen, übermäßig Gewicht abzubauen, sondern sich mit genügend Nährstoffen versorgen.
Frauen, die stillen, sollten ausreichend Flüssigkeit zu sich nehmen. Mineralwasser ist ideal. Zwei Liter werden mindestens empfohlen. Alkohol in der Stillzeit sollte weitestgehend unterlassen werden. Komplett auf Alkohol zu verzichten wie in der Schwangerschaft muss eine stillende Mutter nicht. Ein kleiner Sekt (Bier, Wein) zu einer bedeutsamen Gelegenheit gilt als gerade noch okay. Stillende Mütter sollten ebenfalls nicht rauchen, und schon gar nicht dann, wenn das Kind dabei ist.
Medikamente sollten nur dann eingenommen werden, wenn dies mit dem Arzt abgesprochen ist. Einige Wirkstoffe gelangen über die Muttermilch in den kindlichen Organismus und können sich auch auf diesen auswirken.
Junge Mütter können damit konfrontiert werden, dass Probleme mit dem Stillen auftreten. Die Schwierigkeiten können schon damit beginnen, dass erst einmal gar keine Milch kommen will. Die Mutter sollte gelassen an die Stillzeit herangehen. Sie sollte sich, wenn möglich, genügend entspannen. Wenn das Stillen nicht sofort ideal klappt, sollte die Mutter nicht gleich resignieren. Es dauert meist eine Weile, bis sich die Stillzeiten zwischen Mutter und Kind harmonisiert haben. Helfen kann auch die Hebamme, die der Mutter das richtige Stillen noch einmal genau zeigen kann.
Beim Milcheinschuss, also dem Übergang von der Vormilch zur richtigen Muttermilch, kann es zu einem Spannungsgefühl kommen. Manchmal staut sich die Milch stärker auf. Dies kann auch noch später in der Stillzeit auftreten, z. B. wenn die Mutter Stress hat. Bei einem Milchstau hilft es, das Kind häufig, aber eher kürzer an die Brust zu nehmen, zusätzlich immer einmal mit der richtigen Technik Milch herauszudrücken oder sie auszupumpen. Außerdem kann es die Beschwerden bessern, eine warme, feuchte Auflage auf die Brust zu geben oder auch warm zu duschen. Manchmal hilft auch eine Kühlung.
Bei manchen stillenden Müttern kommt zu wenig Milch. Hier hilft es, die Brustdrüse vorher zu wärmen. Möglich ist beispielsweise die Anwendung eines speziellen Stillöls, das in Kombination mit Massagen die Durchblutung und Milchbildung fördert. Da das Saugen an der Brust die Bildung der Muttermilch stimuliert, sollte auch das Kind vielleicht öfter an die Brust gesetzt werden.
Schmerzen beim Stillen oder durch das Stillen können aus mehreren Gründen vorhanden sein. Die Brustwarzen können gereizt sein, weil beispielsweise das Baby nicht gut angelegt wird oder später schon mit den ersten Zähnen gestillt wird. Auch die Bekleidung kann an der Brust reiben und sie reizen. Aus einem Milchstau entsteht nicht selten eine Brustentzündung (Mastitis), die sehr schmerzhaft sein kann. Die Entzündung macht sich oft durch Rötung, Fieber und Krankheitsgefühl bemerkbar. Das Kind sollte dann an der betroffenen Brust nicht gestillt werden. Die Mutter sollte zum Arzt gehen, wenn sich der Befund innerhalb eines Tages nicht bessert oder die Entzündung an beiden Brüsten auftritt.
Außerdem kommen Probleme beim Stillen dann vor, wenn das Kind an einer Behinderung leidet. In diesem Fall finden Arzt und Hebamme oft eine Lösung, ansonsten kann das Kind mit der Flasche gefüttert werden.
Falls das Baby nicht gestillt wird oder es nur eine geringere Menge an Muttermilch bekommt, als es benötigt, muss es eine Ersatznahrung (Säuglingsmilchnahrung) bekommen. Hier gibt es Säuglingsanfangskost für das erste Lebensjahr und Folgenahrung, die gegeben werden kann, wenn das Kind auch schon Beikost bekommt. Diese Flaschennahrungen sind auf Milchbasis. Eltern sollten auf anerkannte Präparate aus dem Handel zur Säuglingsnahrung zurückgreifen. Sie sollen nicht selbst versuchen, Säuglingsmilchnahrung zu mischen. Auch sollten die Dosierungsanleitungen für die Fertignahrung befolgt werden und die Nahrung jeweils frisch bereitet werden.
aktualisiert am 04.12.2020