Mehrlingsschwangerschaften gelten als ein Grund, einen Frühen Totalen Muttermundverschluss (FTMV) zwischen der 12. und der 14. Schwangerschaftswoche durchzuführen. Ein Totaler Muttermundverschluss ist ein Eingriff, bei dem der Gebärmutterhals nicht nur vernäht wird, sondern das Gewebe so behandelt wird, dass es zusammenwächst. Der Muttermund wird damit besonders abgedichtet im Vergleich zu einer Cerclage (Fadenumschlingung des Muttermundes).
Statistisch gesehen riskieren Mütter, die Zwillinge oder mehrere Babys erwarten, häufiger eine Fehl- oder Frühgeburt als Schwangere mit einem einzelnen Kind im Mutterleib. Das erhöhte Risiko ist auch dann vorhanden, wenn sie zuvor noch gar nicht geboren haben oder wenn eine vorangegangene Schwangerschaft problemlos verlaufen ist. Ein Grund insbesondere für Frühgeburten ist, dass sich die Belastungen einer normalen Schwangerschaft bei Zwillingen, Drillingen oder mehr Kindern schlicht verdoppeln oder multiplizieren. Hier kann ein Totaler Muttermundverschluss vorbeugend wirken.
Zwillings- und Mehrlingsgeburten sind heute etwas häufiger als früher. Bei einer künstlichen Befruchtung oder einer Fruchtbarkeitsbehandlung kommen Hormonpräparate zum Einsatz. Dies führt oft dazu, dass mehrere Eizellen auf einmal befruchtet werden und sich in der Gebärmutter einnisten. Dazu kommt offenbar eine Art „Veranlagung“: In einigen Familien sind Zwillingsgeburten häufiger als in anderen. Mehrlings-Schwangerschaften treten gelegentlich mehrmals hintereinander auf.
Zwillings- und Mehrlings-Schwangerschaften werden aus medizinischer Sicht grundsätzlich als „gefährdet“ betrachtet. In einigen Entbindungskliniken wird der FTMV (Früher Totale Muttermundverschluss) bei jeder Mehrlings-Schwangerschaft zumindest vorgeschlagen. Der Erfolg rechtfertigt diese Vorgehensweise: Überdurchschnittlich viele Mehrlinge werden unter diesen Umständen ausreichend lange ausgetragen und reif und gesund geboren. Besonders bei weiteren Risiken zusätzlich zur Mehrlings-Schwangerschaft kann ein FTMV in Betracht gezogen werden, etwa nach künstlicher Befruchtung oder bei Müttern, die schon im etwas fortgeschrittenen Alter sind.
Ein Früher Totaler Muttermundverschluss ist bei Mehrlings-Schwangerschaften eine unterstützende Sicherheitsmaßnahme. Neben den Belastungen für die Mutter und die Gefahren für die Kinder im Mutterleib (Feten) droht auch, dass sich durch die verstärkte Belastung der Gebärmutterhals verkürzt und sich der Muttermund zu schnell öffnet (Zervixinsuffizienz). In diesen Fällen kann es zu einem Fruchtblasenvorfall und in der Folge zu einem Blasensprung mit dem Resultat einer Fehl- oder Frühgeburt kommen. Das kann durch einen Frühen Totalen Muttermundverschluss vermieden werden.
In weiteren Fällen kommt es zu Infektionen, wenn Bakterien aus dem Urogenitaltrakt (Harn-Geschlechts-Trakt) in die Gebärmutter gelangen. Diese Entzündungen können den Ungeborenen sehr gefährlich werden. Die Infektionen sind oft Gründe für das vorzeitige Ende einer Schwangerschaft. Durch einen Frühen Totalen Muttermundverschluss wird der Gebärmuttereingang abgedichtet und Infektionen können nicht mehr in die Gebärmutter aufsteigen.
Mehrlingsschwangerschaften (gemeint sind hier drei oder mehr Kinder in derselben Schwangerschaft) stellen den Organismus der werdenden Mutter auf eine besonders harte Probe. Das Heranwachsen von nur einem Kind oder von Zwillingen im Mutterleib ist unkomplizierter. Bei Mehrlingen wird das Gewebe der Gebärmutter und aller beteiligten Strukturen noch stärker gedehnt. Die Mutter muss mehr Gewicht und Fruchtwasser mit sich herumtragen, was ihr unter anderem oft starke Rückenschmerzen beschert. Die Feten nehmen viel Platz in Anspruch. Das kann die Verdauung und die Atmung der Mutter stark beeinträchtigen.
Wachsen die Feten heran, wird es bald eng: Das führt oft dazu, dass die Fruchtblase vorzeitig gesprengt wird. Aus diesem Grund kommen die meisten Mehrlinge im Durchschnitt etwas früher als geplant zur Welt, etwa um die 32. statt nach der 37. Woche.
Wachstums- oder Entwicklungsstörungen bei den Babys beeinträchtigen den Verlauf der Schwangerschaft häufig. Doch auch Funktionsstörungen oder Veränderungen im Körper der Mutter können auftreten. In einigen Fällen muss die Geburt eher eingeleitet werden oder ein Kaiserschnitt wird notwendig. In anderen Situationen wird versucht, die Schwangerschaft mindestens bis zur 34. Woche auszudehnen, um den Kindern ausreichend Zeit zur Entwicklung zu geben.
Die Ressourcen der Mutter müssen während der Entwicklungszeit durch drei oder mehr geteilt werden. Schwächere Kinder können heute, anders als in früheren Zeiten, bereits im Mutterleib gezielt „aufgepäppelt“ und unterstützt werden.
Heute stehen viele medizinische Möglichkeiten zur Verfügung, eine Mehrlingsschwangerschaft kontrolliert zu einem guten Ende zu führen. Im letzten Schwangerschaftsabschnitt sollte die Schwangere sich besonders schonen. Ein Früher Totaler Muttermundverschluss kann zumindest einige der Risiken bei einer Mehrlingsschwangerschaft eingrenzen. Der FTMV kann die durchschnittliche Zeit der Schwangerschaft ausdehnen und die Wahrscheinlichkeit einer Fehlgeburt oder Frühgeburt reduzieren. Für die werdende Mutter kann dies auch eine psychische Entspannung und Erleichterung bringen.
aktualisiert am 10.04.2018