Der Zweck eines Frühen Totalen Muttermundverschlusses ist es, eine Fehlgeburt (Abort) nach der 12. Schwangerschaftswoche oder eine Frühgeburt zu verhindern.
Beim Frühen Totalen Muttermund-Verschluss, kurz auch als FTMV bezeichnet, geht der Chirurg einen Schritt weiter als bei einer Cerclage. Bei der Cerclage wird der Muttermund lediglich verengt und dadurch stabilisiert. Beim Frühen Totalen Muttermundverschluss nach Saling wird Schleimhaut abgetragen und der Gebärmutterhals durch eine mehrschichtige Naht verschlossen. Dies führt dazu, dass das Gewebe vollständig zusammenwächst.
Die Cerclage hilft, eine angeborene oder erworbene Schwäche des Muttermundes auszugleichen. Der Totale Muttermund-Verschluss verstärkt diesen Effekt. Er verhindert zusätzlich das Eindringen von Keimen. Infektionen, die zum vorzeitigen Abbruch der Schwangerschaft führen können, lassen sich so vermeiden.
Nicht jede Klinik führt den Frühen Totalen Muttermundverschluss aus. Es lohnt sich, einen Arzt auszuwählen, der über Erfahrung und Routine bei diesem Eingriff verfügt.
Der Zeitpunkt des Eingriffs liegt nach der vollendeten 12. Schwangerschaftswoche. Vorher sind Fehlgeburten aufgrund Ursachen häufiger, bei dem der Muttermundverschluss keine Rolle spielt (zum Beispiel Absterben der Frucht aufgrund von Abweichungen im Erbgut). Bringt die werdende Mutter verschiedene Risikofaktoren mit, wird der Frühe Totale Muttermundverschluss vorsorglich ausgeführt. Erfolgt der Muttermundverschluss mit der Methode erst später in der Schwangerschaft (ab der 16. Schwangerschaftswoche), dann wird dies als Später Totaler Muttermundverschluss bezeichnet (STMV). Dieser kann zum Beispiel bei einem stark verkürzten Gebärmutterhals durchgeführt werden, um diesen zu verschließen.
Für die Operation selbst kommen entweder eine Vollnarkose oder eine Rückenmarksbetäubung (Periduralanästhesie) in Frage. Die oberen Schleimhautschichten im Bereich der vorgesehenen Naht werden entfernt. Danach erfolgt eine mehrschichtige Naht am und im Gebärmutterhals. Die Anteile des Gebärmutterhalses wachsen dann zusammen.
Der Frühe Totale Muttermundverschluss nach Saling senkt das Risiko von Fehl- und Frühgeburten im zweiten und letzten Schwangerschaftsdrittel. Er kommt vor allem für werdende Mütter in Betracht, die bei vorangegangenen Schwangerschaften mehrere Male eine Fehlgeburt oder Frühgeburt im mittleren Zeitraum der Schwangerschaft (zwischen 12. und 32. Schwangerschaftswoche) hatten. Bei diesen Frauen könnte eine wiederholte Infektion der Grund für die Fehl- oder Frühgeburten sein, welche in einer aktuellen Schwangerschaft durch den FTMV verhindert werden kann. Bei Patientinnen mit mehrfach nachgewiesenen Infektionen der Scheide oder des Gebärmutterhalses kann ebenso ein Früher Totaler Muttermundverschluss in Betracht gezogen werden, um das Risiko zu vermindern.
Risikofaktoren, die zu einem abrupten Schwangerschaftsende im zweiten oder letzten Drittel beitragen können, sind beispielsweise
Bei einer akuten bestehenden Infektion an Vagina oder Gebärmutterhals darf allerdings kein Muttermundverschluss durchgeführt werden. Ebenso verbietet sich der Eingriff bei aktiver Wehentätigkeit, bei unklaren Blutungen oder nach einem Blasensprung.
Eine Zervixschwäche oder Infektionen sind nicht die einzigen Auslöser für Fehlgeburten (Aborte). In einigen Fällen ist ein (totaler) Verschluss des Muttermundes sinnlos oder nicht angebracht. Fehl- oder Frühgeburten mit bestimmten weiteren Ursachen lassen sich durch die Operation nicht verhindern.
Tritt beispielsweise eine Gestose (auch Schwangerschaftsvergiftung genannt) auf, ist das ungeborene Kind dadurch gefährdet. Die Gestose geht typischerweise mit Bluthochdruck, Wasseransammlungen und Eiweißausscheidung über den Urin einher. Sie gilt bis heute als gefährlicher Risikofaktor bei der Schwangerschaft.
Störungen oder eine Ablösung der Plazenta (Mutterkuchen) bedeuten ein hohes Risiko für den Fetus: Oft muss die Geburt eingeleitet werden, um die Folgen mangelnder Versorgung zu vermeiden.
Nach dem Eingriff zum Frühen Totalen Muttermundverschluss ist Vorsicht angebracht. Viele Frauen sollten trotz des verschlossenen Muttermundes auf schweres Heben und andere körperliche Anstrengung verzichten. Die Nahtstelle ist wie eine Operationswunde zu behandeln und ist regelmäßig zu kontrollieren. Bis zum vollständigen Abheilen sollte auch Geschlechtsverkehr unterbleiben.
Empfehlenswert ist der FTMV vor allem dann, wenn Frauen bereits mehrere Abgänge der Frucht oder Frühgeburten durchlebt haben. Nicht immer lassen sich die Ursachen eindeutig aufspüren und behandeln. Und selbst wenn dies gelingt, bleibt stets ein Unsicherheitsfaktor. Der psychische Druck auf die werdende Mutter ist in diesen Fällen hoch. Ein FTMV gibt zusätzliche Sicherheit. Hilfreich ist in solchen Fällen die Beratung durch einen verständnisvollen erfahrenen Arzt oder eine Hebamme. Auch der Austausch mit anderen Müttern oder Eltern mit ähnlichen Erfahrungen sorgt für ein besseres Gefühl bei einer Schwangerschaft.
Beim FTMV ist eine normale vaginale Geburt möglich. Die Naht oder besser die verwendeten Fäden lösen sich auf und müssen daher nicht gezogen werden. Trotz der Mehrfach-Naht beginnt der Muttermund daher, sich gegen Ende der Schwangerschaft auf natürliche Weise allmählich zu öffnen. Tritt dies nicht ein, kann ein ambulant ausgeführter kleiner Schnitt nach der 37. Schwangerschaftswoche helfen. Dazu ist nur eine örtliche Betäubung notwendig.
Ein FTMV ist kein Hindernis für künftige, geplante Schwangerschaften. Bei den betreffenden Frauen bestehen zwar die zuvor vorhandenen Risiken weiterhin, doch weitere Geburten sind im Regelfalle ohne Probleme möglich. Oftmals wird dann für die Folgeschwangerschaft ebenfalls ein FTMV empfohlen.
Auch wenn der Totale Muttermundverschluss als ein risikoarmer Eingriff gilt, so sind Komplikationen dennoch möglich. Im schlimmsten Fall kommt es gerade durch die Operation zu einer Fehlgeburt. Außerdem ist eine etwas verstärkte Narbenbildung am Muttermund möglich und das allgemeine Narkose-Risiko vorhanden. Angebracht ist der Totale Muttermundverschluss nur in speziellen Fällen, bei denen ein vorzeitiger Abbruch der Schwangerschaft droht.
Mit Sicherheit lassen sich nicht alle Ursachen für einen Abort oder eine Frühgeburt durch den Muttermundverschluss ausschalten. Erfahrungswerte und Statistiken weisen auf eine Erfolgsrate von 95 Prozent aller Frauen mit Frühem Totalen Muttermund-Verschluss hin. Bei einem späten oder akut ausgeführten Zervixverschluss gelang es immerhin circa 90 Prozent der untersuchten Mütter, ihre Schwangerschaft bis zum Ende auszutragen. Andere Autoren nennen eine Erfolgsquote von 80 bis 90 Prozent bei Totalen Muttermundverschlüssen.
aktualisiert am 30.06.2022