Unter einer Schultereckgelenksprengung wird eine Zerreißung des Gelenks zwischen Schulterblatt und Schlüsselbein verstanden. Das Schlüsselbein renkt dabei aus und steht nach einer vollständigen Sprengung nach oben ab. Damit eine solche Verletzung entsteht, müssen starke Kräfte auf das Schultereckgelenk (Acromioclaviculargelenk, AC-Gelenk) wirken. Das kann bei Unfällen wie beispielsweise einem Sturz auf die Schultergegend oder den gestreckten Arm der Fall sein. Häufig geschieht diese Verletzung beim Sport.
Die Behandlung einer solchen Sprengung erfolgt entweder mit Medikamenten und oft auch einem Verband, oder aber es wird eine Operation durchgeführt. Manchmal wird die Schultereckgelenksprengung auch Schultereckgelenksverrenkung genannt. Entsprechend der Fachbezeichnung für das Gelenk kann auch AC-Gelenk-Sprengung zu der Verletzung gesagt werden.
Das Schultereckgelenk verbindet zwei Knochen, und zwar das Schlüsselbein (Clavicula) und die so genannte Schulterhöhe (Acromion), einen Anteil des Schulterblattes. Es heißt deshalb in der Fachsprache auch Acromio-Clavicular-Gelenk oder AC-Gelenk. Das Gelenk wird mit verschiedenen Bändern stabil gehalten. Eine Sprengung des Schultereckgelenks kann entstehen, wenn gewaltsame Kräfte auf das Gelenk treffen. Solche Verletzungen treten verhältnismäßig oft auf.
Der Unfallhergang bei der Schultereckgelenksprengung kann unterschiedlich sein. Häufig findet ein direkter Sturz auf die Schultergegend oder ein gewaltsamer Aufprall eines Objekts statt. Ebenfalls eine mögliche Ursache ist der Sturz auf den gestreckten Arm. Viele der Betroffenen haben sich die Schultereckgelenksprengung beim Sport zugezogen. Beispiele sind Unfälle beim Fahrradfahren, Skifahren, Inline-Skaten, Reiten, bei Mannschaftssportarten oder ganz anderen Disziplinen.
Nach dem Unfall mit der Folge einer Schultereckgelenksprengung ist die Schultergegend sehr schmerzhaft. Betroffene können die Schulter beziehungsweise den Arm nur noch unter großen Schmerzen bewegen. Der Bereich der vorderen Schulter ist geschwollen, manchmal bildet sich ein Bluterguss. Das typische Zeichen bei einer Schultereckgelenksprengung ist das hervorstehende Schlüsselbein. Es hebt sich oft sichtbar unter der Haut. Das Schlüsselbein lässt sich (unter Schmerzen) leicht nach unten drücken, um dann wieder hochzufedern (Klaviertasten-Phänomen). Der Rest der Schulter hängt dagegen herab.
Die Sprengungen können in mehrere Schweregrade unterteilt werden. Eine Einteilung geschieht nach Tossy. Eine noch etwas detailliertere Einteilung in Hinblick auf die Lage des verrenkten Schlüsselbeins kann nach Rockwood erfolgen.
Unterteilung der Schultereckgelenksprengung nach Tossy:
Unterteilung der Schultereckgelenksprengung nach Rockwood:
Die Grundlage der Diagnose bildet die Befragung des Patienten durch den Arzt (Anamnese). In dem Gespräch schildert der Patient, wie der Unfall abgelaufen ist und welche Beschwerden er verspürt. Die einfache körperliche Untersuchung besteht hauptsächlich darin, dass der Arzt die Schulter- und Brustregion betrachtet und sie nach Auffälligkeiten abtastet. Einige Funktionsprüfungen werden durchgeführt.
In der Röntgenuntersuchung kann die Sprengung erkannt werden, wenn sich das Schlüsselbein weit genug aus dem Schultereckgelenk gehoben hat. Werden dem Patienten im Stehen zur Röntgenaufnahme Gewichte an die Hände gehängt, zieht das die Arme herunter und kann eine Ausrenkung sichtbar machen, die sonst nicht aufgefallen wäre. In manchen Fällen muss eine Computertomographie (CT) oder eine Kernspintomographie (MRT, Magnetresonanztomographie) angefertigt werden. In der Ultraschalluntersuchung kann der Zustand des Gelenks und der Bänder beurteilt werden. Zur Planung der Behandlung wird die Verletzung nach der Tossy- oder der Rockwood-Klassifikation kategorisiert.
Eine Verletzung mit bisweilen ähnlichen Anzeichen wie die AC-Gelenk-Sprengung ist der Bruch des Schlüsselbeins (Claviculafraktur). Auch andere Verletzungen im Bereich der Schulter können in Frage kommen, solche Beschwerden auszulösen.
Die Behandlung richtet sich danach, wie schwer die Verletzung ist. Häufig kann auf eine Operation verzichtet werden und bloß ein geeigneter Verband angelegt werden. Manchmal ist ein chirurgischer Eingriff aber notwendig.
Der Arzt orientiert sich an der Stadieneinteilung nach Rockwood und Tossy.
Die Schulter wird erst einmal ruhig gestellt. Medikamente gegen die Schmerzen und den Reizzustand werden gegeben, wenn der Patient unter der Schultereckgelenksverletzung leidet. Am häufigsten werden Medikamente aus der Gruppe der NSAR (nichtsteroidale Antirheumatika) verschrieben, beispielsweise Ibuprofen oder Diclofenac. Eine Kühlung mit Eis sorgt zusätzlich dafür, dass die Schmerzen und die Schwellung zurückgehen.
Um die Verhältnisse zu stabilisieren, kann in einigen Fällen ein Verband angelegt werden. Zu den speziellen Schulter-Arm-Verbänden, die geeignet sind, gehören beispielsweise der Gilchrist-Verband und der Desault-Verband. Sie bewirken eine Entlastung der Strukturen am Schultereckgelenk. Der Verband muss meist nur eine vergleichsweise kurze Zeit verbleiben, in der Regel mehrere Tage bis zwei Wochen. Dazu kann eine geeignete Krankengymnastik sinnvoll sein.
Eine Operation bei einer Schultereckgelenksprengung kann auf unterschiedliche Weise erfolgen. Der Eingriff muss normalerweise in Vollnarkose geschehen. Teilweise ist eine Operation mittels Gelenkspiegelung (Arthroskopie) möglich, anstatt einen offenen Schnitt vorzunehmen.
Nachdem der Schnitt beziehungsweise Zugang angelegt wurde, renkt der Operateur zunächst das Schlüsselbein wieder ein. Um das Gelenk zu stabilisieren, wird entweder eine Naht in die gerissenen Bänder und um die beteiligten Strukturen angelegt, oder es werden Metallteile eingefügt. Es kann sich um eine bestimmte Metallplatte, eine Schraube oder einen Draht handeln, die das Schlüsselbein fixieren. Platte, Schraube oder Draht müssen oftmals nach einiger Zeit wieder herausgeholt werden, wozu eine kleine neue Operation erfolgt. Bei einem chronisch instabilen Schultereckgelenk kann sich darüber hinaus eine Operation empfehlen, bei der ein Bandtransplantat aus dem eigenen Körper eingesetzt wird.
Zu beachten sind bei jeder Operation die möglichen Komplikationen. Bei der Operation am Schultereckgelenk kann es unter anderem zu Blutungen, Verletzung umgebender Strukturen (z. B. Nerven), Infektionen, Wundheilungsstörungen oder Vernarbungen kommen. Die Fremdmaterialien können sich selten lockern oder brechen, im äußersten Fall kann sogar der Knochen in Mitleidenschaft gezogen werden. Bänder können unter Umständen verknöchern. Arzt und Patient wägen ab, ob der Nutzen durch die OP höher zu bewerten ist als das jeweilige Risiko.
Der Verlauf hängt davon ab, wie schwer die Verrenkung im Schultereckgelenk ist, und außerdem, ob eine geeignete Behandlung durchgeführt wird. Im Allgemeinen weist eine richtig therapierte AC-Gelenk-Sprengung eine günstige Prognose auf.
Bei Verletzungen vom Grad Tossy I beziehungsweise Rockwood I ist auch ohne gezielte Behandlung normalerweise von einer problemlosen Heilung auszugehen. Bei den fortgeschrittenen Graden kann die Funktion sowohl mit als auch ohne OP in manchen Fällen eingeschränkt bleiben.
Die Beweglichkeit kann herabgesetzt sein oder die Schulter instabil bleiben. Langfristig können sich Folgen wie ein Gelenkverschleiß (Arthrose) zeigen. Das Schlüsselbein kann nach nicht operativer Behandlung oder manchmal auch nach einer Operation wieder aus dem Gelenk springen.
aktualisiert am 23.09.2021