Der sogenannte Schneiderballen gehört zu den weit verbreiteten Fußfehlstellungen. Genauer gesagt handelt es sich um eine Fehlstellung der 5. Zehe, also der kleinen Zehe. Ein Schneiderballen entsteht dann, wenn der nach außen gespreizte kleine Zeh durch eine mechanische Belastung einwärts gedrückt wird. Hierdurch wird das äußerste Mittelfußköpfchen nach außen gedrückt.
Das führt zu dem typischen Fußbild: Der „Schneiderballen“, also der Übergang zwischen Zehe und Fuß, ist stark nach außen verschoben. Die Stelle ist geschwollen und die Erkrankung kann zu starken Schmerzen führen.
Derartige Fußfehlstellungen sind ein klassisches Frauenleiden, da Damenschuhe meist den Fuß mehr einengen und in Fehlstellungen zwingen als Herrenschuhe. Insbesondere hohe Absätze tragen einen Teil dazu bei. Allerdings hat der Schneiderballen seinen Namen von der Berufsgruppe der Schneider – damals ein klassischer Männerberuf. Schneider saßen bei ihrer Arbeit früher im so genannten Schneidersitz auf dem Boden. In dieser Sitzposition wurde ein großer mechanischer Druck auf die 5. Zehe ausgeübt. Sie wurde beständig nach innen gedrückt und der Fuß so in eine Fehlstellung gezwungen. Mit der Zeit entwickelte sich dann der Schneiderballen. Ursprünglich hatte der Schneiderballen also nichts mit dem Tragen von falschem Schuhwerk zu tun, sondern mit einer unvorteilhaften Sitzposition.
Der Schneiderballen ist unter verschiedenen Namen bekannt: Die Fußfehlstellung wird auch Kleinzehballen, Tailor's Bunion, Bunionette oder Digitus quintus varus genannt.
Der Schneiderballen kann sowohl angeboren als auch erworben sein. Meist ist er erworben und entsteht im Laufe des Lebens. Das Ende des Mittelfußknochens, das dem Zehengelenk am nächsten ist, wird als Mittelfußköpfchen bezeichnet. Wird der kleine Zeh nun dauerhaft nach innen, also in Richtung der 4. Zehe, gedrückt, dann wird zugleich das Mittelfußköpfchen nach außen gedrückt. Es kommt zu einer Fußfehlbelastung am Übergang zwischen der Zehe und dem Mittelfußknochen. An dieser Stelle kommt es nun leicht zu Druck, zur Bildung von Hornhaut und später zu Schwielen oder Hühneraugen. Unbehandelt können durch die fortgesetzte mechanische Belastung Rötungen und Entzündungen entstehen.
Oftmals entwickelt sich der Kleinzehballen aus einem Senk- oder Spreizfuß. In letzterem Fall liegt dem Schneiderballen ein übergroßer Winkel zwischen dem vierten und fünften Mittelfußknochen zugrunde.
Entzündungserkrankungen, wie beispielsweise Rheuma, können ebenso zur Ausbildung eines Schneiderballens führen. In seltenen Fällen ist der Schneiderballen angeboren.
Die Symptome des Schneiderballens hängen stark davon ab, wie sehr die Fußfehlstellung ausgeprägt ist. Zunächst fällt die veränderte Fußstellung ins Auge. Dies ist, gerade wenn offenes Schuhwerk getragen wird, ein ästhetisches Problem. Erst später treten an dem nach außen gewölbten Ballen Schwielen oder Hühneraugen auf.
Im ersten Stadium verursacht der Schneiderballen an sich noch keine Schmerzen. Die Schmerzen treten nur dann auf, wenn Schuhwerk getragen wird, das den Fuß an der betroffenen Stelle einengt oder anderweitig zu stark belastet. Erst in einem fortgeschrittenen Stadium treten Schmerzen auch beim Barfußgehen auf.
Die kleine Zehe weicht nach innen ab und kann entweder oberhalb oder unterhalb der anderen Zehen liegen (Digitus quintus varus superductus oder subductus). Zu den Folgen der Fehlstellung gehören Erkrankungen wie Arthrose (Gelenkverschleiß) oder Schleimbeutelentzündung (Bursitis), was zu weiteren starken Schmerzen führen kann.
Um die Diagnose Schneiderballen erstellen zu können, führt der Arzt eine sogenannte Anamnese durch. Hier findet ein Gespräch statt, in dem der Patient seine Beschwerden schildert und berichtet, wann die Schmerzen auftreten. Im Rahmen einer klinischen Untersuchung beurteilt der Arzt die Zehen- und Fußstellung und überprüft, ob weitere Fehlstellungen oder Instabilitäten vorliegen.
In der Regel wird bei einem Verdacht auf das Vorliegen eines Schneiderballens noch eine Röntgenaufnahme des Fußes angefertigt. Auf diese Weise kann der Verdacht bestätigt oder widerlegt werden. Zudem kann die Ausprägung der Fehlstellung des Mittelfußknochens optimal beurteilt werden.
Der Schneiderballen zählt zu den Vorderfußbeschwerden. Hier ist als andere mögliche Diagnose (Differenzialdiagnose) insbesondere der Spreizfuß zu nennen. Dieser kann in Laufe der Zeit dazu führen, dass sich zusätzlich ein Schneiderballen ausbildet. Der Übergang vom reinen Spreizfuß bis zu dem zusätzlichen Auftreten eines Schneiderballens ist fließend.
Ebenfalls zu den Vorderfußbeschwerden zählt der Hallux valgus. Hierbei handelt es sich um eine Fußfehlstellung, die den 1. Zeh (große Zehe) betrifft. Im Prinzip handelt es sich dabei um die gegenüberliegende, fast spiegelbildliche Fußfehlstellung zum Schneiderballen.
Wie ein Schneiderballen behandelt wird, hängt davon ab, wie stark die Fußfehlstellung ausgeprägt ist und was deren Ursache ist. Grundsätzlich besteht die Wahl zwischen der konservativen sowie der operativen Therapie.
Die konservativen Therapieansätze dienen dazu, dass der Schneiderballen entlastet wird. Auf diese Weise werden die Symptome abgelindert oder sie klingen ganz ab. Zudem kann mit den konservativen Therapien oftmals erreicht werden, dass sich die Fußfehlstellung nicht weiter ausbildet. Bei frühzeitiger und konsequenter Anwendung können die konservativen Therapieansätze dem Patienten oftmals eine Operation ersparen. Zu den konservativen Therapien zählen die folgenden Maßnahmen:
Bei einem stark ausgeprägten angeborenen Schneiderballen oder wenn die Fußfehlstellung über Jahre so weit fortgeschritten ist, dass konservative Therapien keine Entlastung bringen, kommt eine operative Therapie in Betracht. Es gibt unterschiedliche Operationsverfahren, die zur Korrektur eines Schneiderballens angewendet werden. Welches zum Einsatz kommt, hängt von der Art und Ausprägung der Fußfehlstellung ab. Alle Operationsverfahren haben jedoch das gleiche Ziel: eine Korrektur der knöchernen Fußfehlstellung und damit eine Wiederherstellung der Funktionalität. Dadurch werden dann auch die Schmerzen deutlich reduziert oder können ganz ausgeschaltet werden.
Man unterscheidet zwischen unterschiedlichen Operationsverfahren und -möglichkeiten. Bei weniger schweren Fällen können Methoden ausreichen wie:
Bei starken Fehlstellungen bei einem Schneiderballen ist eine Durchtrennung des Mittelfußknochens notwendig (Osteotomie). Damit kann eine Korrektur des Schneiderballens mit Begradigung des Bereichs und Verschmälerung des Vorderfußes erreicht werden. Die Knochendurchtrennung kann an unterschiedlichen Stellen im Fuß erfolgen:
Die Knochenstücke werden nach der Durchtrennung an günstiger Stelle mit Drähten oder Schrauben wieder aneinander befestigt. Seitliche Überstände werden abgetragen.
Im Anschluss an eine Operation erfolgt eine Nachbehandlung. Der Patient erhält einen flachen Verbandsschuh mit einer steifen Sohle. Eine Vollbelastung des Fußes soll erst erfolgen, wenn die Wundheilung abgeschlossen ist und die Schmerzen abgeklungen sind. Um den Behandlungsverlauf zu überprüfen, finden nach der Operation mehrere Kontrolluntersuchungen statt. Je nach Verlauf kann der Fuß vier bis sechs Wochen nach der Operation wieder abgerollt werden. Insgesamt ist mit einer Dauer von sechs bis zwölf Wochen bis zur vollständigen Heilung zu rechnen.
Die Heilungsaussichten richten sich nach dem Ausmaß der Fußfehlstellung sowie dem gewählten Therapieansatz. Bei den konservativen Therapien ist es das Ziel, eine Verschlimmerung der Fußfehlstellung zu verhindern. Zudem soll eine Beschwerdereduktion oder -freiheit erzielt werden. Die konservative Behandlung kann bei leichteren Schneiderballen ausreichend sein. Ansonsten ist eine Operation erforderlich. Durch eine Operation kann die normale Fußstellung (weitgehend) wiederhergestellt werden. Bei den Operationen sind mögliche Komplikationen zu bedenken wie
Außer in Fällen, in denen der Schneiderballen angeboren ist, lässt sich der Entstehung dieser Fußfehlstellung leicht vorbeugen. Zu diesen Maßnahmen, die jeder selbst ergreifen kann, zählen:
Anleitung zum Fußtraining:
https://www.runnersworld.de/training/5-fuss-uebungen-fuer-kraeftige-laeufer-fuesse.313134.htm#1
aktualisiert am 30.03.2022