In den meisten Fällen zeigen sich Schmerzen im Gesäß einseitig. Es kann aber auch vorkommen, dass Gesäßschmerzen links- und rechtsseitig auftreten. Die häufigste Ursache ist wahrscheinlich einfacher Muskelkater nach einem ausgiebigen Training. Ein nicht gut passender Fahrradsattel kann nach einer langen Radtour ebenfalls ein Auslöser für beidseitige Gesäßschmerzen sein. Eine weniger harmlose Ursache ist die periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK), ein zunehmender Gefäßverschluss an den Bein- und Beckenarterien.
Beidseitige Gesäßschmerzen können unterschiedliche Ursachen haben. Am wahrscheinlichsten sind:
Seltenere Ursachen können eine beidseitige Reizung des Ischiasnervs (Ischialgie), Bandscheibenvorfälle oder verschleißbedingte Wirbelsäulenveränderungen mit Schmerzausstrahlung zu beiden Seiten sein. Auf diese Erkrankungen wird an dieser Stelle nicht näher eingegangen.
Muskelkater in beiden Gesäßhälften kann nach intensiven oder ungewohnten sportlichen oder anderen Belastungen, häufig in der Freizeit, auftreten. Das kann Krafttraining der Beine, aber auch eine anspruchsvolle Wanderung oder ein Umzug sein.
Muskelkater ist harmlos und verschwindet nach wenigen Tagen von selbst wieder. Zur Linderung der Symptome können Wärmeanwendungen (warmes Bad, Sauna, Kirschkernkissen oder Ähnliches), leichte Massagen und leichte Dehnübungen beitragen.
Dauerhafte Verspannungen der Gesäßmuskulatur können verschiedene Ursachen haben. Viel und langes Sitzen ist eine davon. Das übermäßige Bemühen um eine aufrechte Haltung mit Vermeidung eines Hohlkreuzes durch ständiges Anspannen des Gesäßes ist eine andere. Muskelungleichgewichte können ein dritter Auslöser sein. Wenn die Hüftbeuger verspannt und/oder verkürzt sind, müssen die Gesäßmuskeln permanent dagegenhalten, um eine Fehlhaltung zu vermeiden. Diese Daueranspannung kann zu Schmerzen in beiden Gesäßhälften führen. Druck auf die Gesäßmuskeln durch einen unpassenden Fahrradsattel kann eine weitere Ursache sein.
Die Therapie ist stark abhängig vom Schmerzauslöser. Bei langandauernden einseitigen Haltungen (zum Beispiel im Beruf) ist es ratsam, in der Freizeit für Ausgleich durch ausreichende Bewegung zu sorgen. Gezielte Dehnübungen für die Gesäß- und Hüftbeugemuskulatur sind ebenfalls sinnvoll. Die gleichzeitige Kräftigung geschwächter Muskulatur sollte dabei nicht vergessen werden. Auch eine Haltungsschulung kann auf die Dauer hilfreich sein, um Fehlhaltungen und Fehlbelastungen zu erkennen und möglichst zu vermeiden. Bei der Erstellung eines Eigenübungsprogrammes kann ein Physiotherapeut oder ein Sporttherapeut behilflich sein.
Die pAVK wird auch als „Schaufensterkrankheit“ bezeichnet. Grund hierfür ist, dass die Betroffenen beim Gehen Schmerzen in den Beinen bekommen, die sie nach einiger Zeit zum Stehenbleiben zwingen – so wie beim Bummeln entlang von Schaufenstern. In Ruhe lassen die Schmerzen nach oder verschwinden wieder, so dass die Person weitergehen kann. Bei der pAVK kommt es durch Ablagerungen (Arteriosklerose) an den Innenwänden der Bein- und Beckenarterien zu einer Verengung des Gefäßdurchmessers. Dieser führt bei Muskelaktivität (zum Beispiel beim Gehen) dazu, dass die Blutversorgung nicht mehr ausreicht und krampfartige Schmerzen in den Beinmuskeln entstehen. Zu Beginn sind meist die Waden betroffen. Mit Fortschreiten der Erkrankung schmerzen aber auch die Oberschenkelmuskulatur und die Gesäßmuskeln. Bei der pAVK verringert sich zunächst, wie oben beschrieben, die schmerzfreie Gehstrecke immer stärker. Mit zunehmendem Gefäßverschluss treten Schmerzen auch in Ruhe auf. Wenn die Durchblutungsstörung fortschreitet, kann es zum Absterben von Gewebe kommen, was im schlimmsten Fall eine Amputation der Zehen, des Fußes oder ganzer Gliedmaßen bedeuten kann.
Die Therapie der pAVK ist abhängig vom Stadium der Erkrankung. Für alle Stadien wird empfohlen, den Lebensstil so zu verändern, dass Risikofaktoren bestmöglich reduziert oder ganz ausgeschlossen werden. Dazu gehören das Entwöhnen vom Rauchen, eine gesunde, fettarme Ernährung, die Reduktion von Übergewicht, eine gute Einstellung eines Diabetes mellitus oder eines Bluthochdruckes. Medikamente zur Verbesserung der Durchblutung werden ebenfalls verordnet. Ein spezielles Gehtraining kann helfen, die schmerzfreie Gehstrecke wieder zu verlängern. Dieses Training ist in Deutschland jedoch nicht so weit verbreitet und wird oft nur in Rehakliniken mit angeboten. Bei Fortschreiten der Gefäßverschlüsse wird eine operative Therapie notwendig, um die Gefäße wieder zu weiten oder um Verschlüsse zu umgehen. Dies kann mit Stents (Drahtgeflechte im Gefäß zum Offenhalten) oder Bypässen erfolgen.
Eine Spinalkanalstenose, also eine Einengung des Rückenmarkkanals, kann auf verschiedene Arten entstehen. Eine Möglichkeit ist ein Bandscheibenvorfall, der in den Kanal hineindrückt. Eine andere Möglichkeit sind verschleißbedingte (arthrotische) Veränderungen an der Wirbelsäule. Hierbei bilden sich knöcherne Sporne, die den Rückenmarkkanal einengen. Von einer Spinalkanalstenose sind in der Regel ältere Menschen betroffen. Typische Symptome sind Schmerzen im Rücken, vor allem in der Lendenwirbelsäule, und ausstrahlende Schmerzen in das Gesäß und die Beine. Durch die Schmerzen reduziert sich die mögliche Gehstrecke. Auch Taubheit, Kribbeln oder Muskelschwächen bis hin zu Lähmungen können auftreten. Die Symptome bessern sich in der Regel sofort, wenn der Betroffene sich nach vorne beugt oder vorne abstützt, beispielsweise an einer Stuhllehne. Die Spinalkanalstenose tritt vor allem an der Lendenwirbelsäule auf.
Die Therapie besteht normalerweise zunächst aus Physiotherapie und medikamentöser Schmerztherapie. Reichen diese nicht aus, um die Symptomatik zu verbessern, kommt auch eine Operation in Betracht. Je nach Ursache der Verengung erfolgt eine Entfernung des Bandscheibenvorfalls, der knöchernen Anbauten an der Wirbelsäule oder auch eine Versteifung einzelner Wirbelsäulenabschnitte.
Deutsches Ärzteblatt, Gerhard Rümenapf; Stephan Morbach; Andrej Schmidt; Martin Sigl – Claudicatio intermittens und asymptomatische periphere arterielle Verschlusskrankheit: https://www.aerzteblatt.de/archiv/212899/Claudicatio-intermittens-und-asymptomatische-periphere-arterielle-Verschlusskrankheit (online, letzter Abruf: 24.05.2022)
Uniklinik Ulm, Dr. med. Gunther Lang – Schaufensterkrankheit: https://www.uniklinik-ulm.de/herz-thorax-und-gefaesschirurgie/gefaesschirurgie/schaufensterkrankheit.html (online, letzter Abruf: 24.05.2022)
Patienten-Information.de – PAVK - Durchblutungsstörungen der Beine: https://www.patienten-information.de/kurzinformationen/pavk#anzeichen-und-beschwerden (online, letzter Abruf: 24.05.2022)
aktualisiert am 24.05.2022