Fast jeder Zweite im Rentenalter leidet unter Schlafstörungen. Die Betroffenen klagen über Ein- und Durchschlafschwierigkeiten, über frühes Erwachen und Tagesmüdigkeit.
Ältere Menschen schlafen kaum weniger Stunden als Menschen in der Lebensmitte. Allerdings ändert sich die Zufriedenheit mit der Qualität des Schlafes. Tatsächlich verändert sich der Schlaf mit dem Älterwerden. Die Tiefschlafphasen werden kürzer. Der Schlaf ist leichter und Geräusche oder andere Störungen führen schneller zum Erwachen. Wieder einzuschlafen dauert dann deutlich länger als in jungen Jahren. Viele ältere Menschen haben daher das Gefühl, dass ihr Schlaf nicht mehr so erholsam ist. Sie fühlen sich morgens nicht richtig ausgeschlafen und sind tagsüber müde. In der Folge wird mittags gerne ein Schläfchen eingelegt, was abends das Einschlafen erschweren kann oder zu verkürztem Nachtschlaf führt.
Medizinisch gesehen leidet ein Mensch erst dann unter Schlaflosigkeit (Insomnie), wenn an mindestens drei Nächten in der Woche Schlafstörungen auftreten und diese mindestens vier Wochen lang andauern. Einschlafstörungen liegen vor, wenn man mindestens eine halbe Stunde braucht, um einzuschlafen. Von Durchschlafstörungen spricht man, wenn man mindestens 30 Minuten wachliegt. Früherwachen bedeutet, dass die Gesamtschlafzeit weniger als sechs Stunden beträgt.
Mit dem Alter steigt die Wahrscheinlichkeit einer sekundären Insomnie. Das bedeutet, dass Erkrankungen die Ursache für den schlechten Schlaf sind, wie zum Beispiel Demenz, Herzschwäche oder Krankheiten, die mit Schmerzen einhergehen. Störende Symptome wie Juckreiz, Hustenreiz oder Atembeschwerden wirken sich ebenfalls auf das Schlafen aus. Eine häufige Erkrankung mit wiederholten kurzen Atemaussetzern in der Schlafenszeit ist das Schlafapnoe-Syndrom (SAS), das den erholsamen Schlaf stark beeinträchtigt. Die Schlafapnoe ist bei älteren Menschen häufig und betrifft circa 40 Prozent von ihnen. Eine weitere Störung ist das Restless-Legs-Syndrom, bei dem sich die Beine immer wieder unangenehm anfühlen und deshalb häufig bewegt werden.
Hinzu kommt, dass viele Menschen in höherem Alter darauf angewiesen sind, dauerhaft Tabletten einzunehmen. Die Nebenwirkungen der Medikamente können für die Schlafstörungen verantwortlich sein.
Mit höherem Alter häufen sich die psychischen Belastungen: Tod von Freunden oder Angehörigen, eigene Krankheiten oder andere Schicksalsschläge, die einen um den nächtlichen Schlaf bringen können, nehmen statistisch gesehen zu. Einige ältere Menschen fühlen sich einsam oder sie sind im Alltagsleben zu viel oder zu wenig gefordert. Auch psychische Erkrankungen wie Depression oder Angststörungen wirken sich negativ auf die Schlafbilanz aus.
Viele ältere Menschen nehmen ihr verändertes Schlafverhalten zwar zur Kenntnis, kommen aber gut damit zurecht. Da der Leistungsdruck des Arbeitslebens entfällt und der Terminkalender nicht mehr ganz so dicht gefüllt ist, nehmen sie sich die Freiheit, sich zwischendurch hinzulegen und auszuruhen. Sie nehmen die verringerte Schlafqualität gelassen und haben für den Fall, dass sie nachts wachliegen, ein Rätselheft, ein Buch oder ein Hörbuch in Reichweite, mit dem sie die Zeit überbrücken, bis sie wieder müde werden.
Schwierig wird es, wenn der Betroffene unter dem schlechten Schlaf leidet, er sich zunehmend mit seiner Schlafstörung beschäftigt und abends schon Angst vor der nächsten schlaflosen Nacht hat.
Schlaflosigkeit kann weitreichende Folgen haben. Gerade ältere Menschen haben dann häufiger kognitive Probleme (beeinträchtigtes Wahrnehmen und Denken) und sind durch ihre Tagesmüdigkeit in ihrer Selbstversorgung eingeschränkt. Sie stürzen häufiger, was im Alter schnell zu schweren Knochenbrüchen führen kann.
Alte Menschen, die in einem Alten- oder Pflegeheim untergebracht sind, leiden besonders häufig an Schlafstörungen. Auch wenn in vielen Einrichtungen Aktivitäten angeboten werden, neigen viele ältere Menschen dazu, sich zurückzuziehen. Sie haben ihr soziales Umfeld mit dem Umzug ins Heim aufgegeben. Sie bekommen wenig Besuch und ihnen fehlt die Anregung von außen, das Zusammensein mit Menschen anderer Altersgruppen. Kommen körperliche Einschränkungen hinzu, bleibt ihnen nur wenig Spielraum für Aktivitäten. So kommt es, dass sie häufig tagsüber ein Nickerchen halten und dann nachts wach liegen. Patienten, die darauf angewiesen sind, dass ihnen das Pflegepersonal beim Aufstehen und Zubettgehen hilft, müssen sich der Verfügbarkeit des Personals anpassen. Viele von ihnen verbringen zwölf Stunden und mehr im Bett, auch wenn sie nicht müde sind.
Bei demenzkranken Menschen orientieren sich die Schlaf-Wachphasen häufig nicht mehr am Tag-Nacht-Rhythmus. Die Betroffenen sind nachts lange wach und nicken tagsüber oft ein. Die Tiefe des Schlafs ist reduziert, sodass die Patienten leicht aufwachen. Hinzu kommt, dass Demenzkranke häufig so in ihrer „eigenen Welt“ leben, dass ihr Verständnis für die Bedürfnisse ihrer Mitmenschen reduziert ist. So kann ein demenzkranker Mensch, der nachts Aktivitäten und Zuwendung einfordert, schnell zu einer Herausforderung für pflegende Angehörige, Pflegepersonal und Mitbewohner in einem Pflegeheim werden. Die Behandlung von Schlafstörungen bei Demenz ist noch nicht hinreichend erforscht und muss individuell erfolgen.
Bei Schlafstörungen ist der erste Schritt, die Schlafhygiene zu überprüfen. Ist der Schlafraum angenehm kühl, dunkel und ruhig? Mit zunehmendem Alter kann der Körper druckempfindlicher werden. Vielleicht sorgt dann eine weichere Matratze für besseren Schlaf. Ein schnarchender Partner kann, wenn der eigene Schlaf leichter wird, zunehmend zum Problem werden. Ein Fernseher sollte niemals im Schlafzimmer stehen, weil das blaue Licht die Schlafqualität stark einschränken kann.
Eine feste Tagesstruktur kann den Nachtschlaf verbessern helfen. Dazu kann das konsequente Weglassen des Mittagsschlafes zählen, ebenso wie ein Spaziergang am Nachmittag, der die Müdigkeit vertreibt. Die Abendmahlzeit sollte leicht sein und klein ausfallen. Geistige Anregung, Interessen, Austausch mit anderen Menschen führen zu einem erfüllteren Tagesablauf, der nachts besser einschlafen lässt. Auf Alkohol am Abend, vor allem in Verbindung mit einer Tabletteneinnahme, sollte verzichtet werden. Progressive Muskelentspannung oder autogenes Training können als Entspannungsmethoden in jedem Alter erlernt werden und das Schlafverhalten verbessern.
Bei Schlaflosigkeit kommen sowohl Benzodiazepine als auch sogenannte Z-Medikamente (Zolpidem und Zopiclon) zum Einsatz. Diese können auch älteren Menschen verschrieben werden. Sie sollten sehr niedrig dosiert sein. Zeigt sich keine Besserung, kann die Dosis langsam erhöht werden. Das Risiko, eine Abhängigkeit von Schlafmitteln zu entwickeln, gilt als hoch bis sehr hoch. Beim Absetzen stellen sich dann Entzugserscheinungen ein. Die Schlafmittel wirken dann auch nicht mehr so gut wie am Anfang.
Medikamente bei Schlafstörungen sollten erst dann eingesetzt werden, wenn pflanzliche Schlafmittel, zum Beispiel mit Hopfen, Baldrian, Melisse oder Lavendel, keine Wirkung zeigen. Zudem können Maßnahmen wie die Anwendung von weißlichem hellen Licht am Tag helfen, den Schlafrhythmus zu festigen.
Bei Schlafstörungen allgemein, aber besonders bei Schlafstörungen alter Menschen sollte man nicht nur auf Medikamente setzen. Die Therapie sollte an die Lebensgewohnheiten, die individuellen psychischen und körperlichen Beeinträchtigungen des Patienten angepasst werden.
aktualisiert am 20.12.2018