Eine Depression oder eine gedrückte Stimmungslage kann in einigen Fällen in einer Schilddrüsenunterfunktion begründet liegen. Bei einer Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) sind im Körper zu wenig Schilddrüsenhormone vorhanden. Die Schilddrüsenhormone T3 (Trijodthyronin) und T4 (Thyroxin) sind jedoch notwendig für eine Vielzahl von Stoffwechselprozessen. Zu niedrige Werte führen zu einer Herabsetzung und Verlangsamung vieler Vorgänge, auch solche im Nervengewebe und Gehirn. Damit hat die Unterfunktion der Schilddrüse weitreichende Auswirkungen auf die Psyche.
Zu den zahlreichen möglichen Folgen der Schilddrüsenunterfunktion gehören Niedergeschlagenheit, Antriebslosigkeit und Depression. Bei Anzeichen einer depressiven Störung müssen Betroffene daher darauf getestet werden, ob die Schilddrüsenwerte verändert sind. Eine Depression aufgrund einer Schilddrüsenunterfunktion bessert sich normalerweise, wenn Schilddrüsenhormone eingenommen werden, die die eigenen fehlenden Hormone ersetzen.
Die Symptome einer Depression und einer Hypothyreose überschneiden sich in einigen Bereichen. Eine Schilddrüsenunterfunktion wird oft nicht als solche erkannt. Gerade bei Menschen im höheren Lebensalter ist das der Fall. Hinweise wie Depression, Antriebsschwäche oder Nachlassen der geistigen Leistung (Demenz) werden vielfach nicht auf die Ursache Hypothyreose zurückgeführt. Weitere Symptome einer Depression, die ebenso bei einer Schilddrüsenunterfunktion vorkommen, sind ständige Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Schläfrigkeit und Konzentrationsstörungen. Diese Auswirkungen der Unterfunktion können ihrerseits die Depression begünstigen. Die Stimmung kann außerdem stark schwanken. Im äußersten Fall können Wahnvorstellungen oder Gedanken, sich das Leben zu nehmen, vorkommen.
Symptome, die jedoch charakteristisch für eine Schilddrüsenunterfunktion sind, umfassen unter anderem:
Die Beschwerden können gering ausgeprägt sein oder zum großen Teil fehlen. Die Schilddrüsenunterfunktion beginnt zudem in den meisten Fällen langsam und allmählich. Dies ist ein weiterer Grund, warum sie oft lange nicht festgestellt wird.
Eine weitere Gemeinsamkeit besteht in jahreszeitlichen Schwankungen, die sowohl bei Depressionen als auch bei Schilddrüsenproblemen eine Rolle spielen. Zum Winter hin benötigt der Körper mehr Schilddrüsenhormone und die Symptome der Unterfunktion können sich verstärken. Eine Depression ist ebenfalls in der dunklen Jahreszeit oft ausgeprägter als im Frühling und Sommer.
Bei einer Mutter kann es nach der Geburt ihres Kindes zu einer Entzündung der Schilddrüse kommen. Der Fachbegriff dafür ist Postpartum-Thyreoiditis. Bei der Erkrankung sind meist erhöhte Antikörper festzustellen, die gegen die Schilddrüse gerichtet sind. Dies ist eine Gemeinsamkeit zur Hashimoto-Thyreoiditis, einer Schilddrüsenentzündung, die für viele Fälle von Schilddrüsenunterfunktion verantwortlich ist.
Die Postpartum-Thyreoiditis beginnt 4 bis 24 Wochen nach der Geburt und kann bis ein Jahr nach der Entbindung andauern. Sie kann Symptome einer Schilddrüsenüberfunktion sowie auch einer Unterfunktion der Schilddrüse auslösen. Aufgrund der dabei oft vorkommenden Depression wird sie leicht mit einer „gewöhnlichen“ Wochenbettdepression verwechselt. Bei entsprechenden Symptomen mit häufigen Stimmungswechseln, Müdigkeit und Depression sollte eine Untersuchung der Schilddrüse veranlasst werden.
Depression und Schilddrüsenprobleme lassen sich gut behandeln. Das gilt auch für eine Depression, die nicht durch eine Schilddrüsenunterfunktion bedingt ist. Deshalb ist es immer ratsam, zum Arzt zu gehen, wenn man sich depressiv oder antriebslos fühlt. Die Untersuchungen umfassen auch einen Bluttest auf Schilddrüsenunterfunktion, bei dem der Wert des Hormons TSH bestimmt wird. Bei Auffälligkeiten werden die Schilddrüsenhormone T3 und T4 bestimmt, mit denen eine Unterfunktion bestätigt werden kann. Zur genaueren Beurteilung, ob eine Schilddrüsenentzündung wie Hashimoto-Thyreoiditis oder Postpartum-Thyreoiditis vorliegt, werden spezielle Antikörper bestimmt, die gegen die Schilddrüse gerichtet sind.
Behandelt wird die Depression bei Schilddrüsenunterfunktion vorrangig mit L-Thyroxin. Dieses Medikament gibt es in Tablettenform. Der Wirkstoff entspricht einem der Schilddrüsenhormone des Körpers, dem T4 (Thyroxin). Mit dem L-Thyroxin fühlen sich Betroffene in den meisten Fällen besser. Werden im Falle der Schilddrüsenstörung nur Antidepressiva zur Behandlung gegeben, dann wird meist eine unzureichende Besserung erreicht.
WebMD – Hypothyroidism and Depression: https://www.webmd.com/women/guide/hypothyroidism-and-depression (online, letzter Abruf 04.06.2020)
Schilddrüsenzentrum, Prof. Dr. med. Hans Udo Zieren – Schilddrüse und Psyche: https://www.schilddruesenzentrum-koeln.de/wissenswertes/weitere-themen/schilddruese-und-psyche (online, letzter Abruf 04.06.2020)
Healthline, Kathryn Watson – What’s the Link Between Thyroid Conditions and Depression?: https://www.healthline.com/health/thyroid-and-depression (online, letzter Abruf 04.06.2020)
Ärzteblatt – Postpartum-Thyreoiditis: Schilddrüsenentzündung nach der Entbindung häufig verkannt: https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/69364/Postpartum-Thyreoiditis-Schilddruesenentzuendung-nach-der-Entbindung-haeufig-verkannt (online, letzter Abruf 04.06.2020)
aktualisiert am 04.06.2020