Eine Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) begründet sich auf eine zu geringe Wirkung der Schilddrüsenhormone. In den allermeisten Fällen sind die Hormone in zu geringer Menge vorhanden, selten werden die vorhandenen Hormone vom Gewebe der Zielorgane nicht richtig erkannt.
Die Schilddrüsenhormone T3 und T4 sind von enormer Bedeutung für den Stoffwechsel. Wenn es an ihnen mangelt, ist der Stoffwechsel deutlich verlangsamt. Deshalb müssen die Hormone bei einer Schilddrüsenunterfunktion über Medikamente ersetzt werden.
Die Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) ist entweder angeboren oder im Laufe des Lebens erworben. Das kann daran erkannt werden, wann sie auftritt: Eine angeborene Hypothyreose besteht schon im frühen Säuglingsalter und eine erworbene Hypothyreose erst im fortgeschrittenen Alter.
Eine angeborene Unterfunktion der Schilddrüse ist meistens aufgrund mangelnder Ausbildung des Schilddrüsengewebes bedingt. Das Organ kann keine hinreichenden Mengen der Schilddrüsenhormone produzieren. Auch kann die Schilddrüse fehlen (Athyreose) oder sehr unvollständig vorhanden sein. In manchen Fällen besteht eine angeborene Schilddrüsenunterfunktion wegen eines defekt zusammengesetzten Hormons. Möglich ist auch eine Störung der Hormonbildung, wenn das benötigte Jod nicht richtig verwerten kann. In einzelnen Fällen kann das Gewebe, an denen die Schilddrüsenhormone wirken sollen, diese nicht registrieren, weil die erforderliche Bindungsstelle (Rezeptor) defekt ist.
Darüber hinaus kann sich beim Kind im Mutterleib eine (oft vorübergehende) Hypothyreose entwickeln, wenn z. B. die Mutter zu wenig oder zu viel Jod zu sich nimmt oder schilddrüsenhemmende Medikamente gegen eine Überfunktion einnimmt.
Bei einer erworbenen Schilddrüsenunterfunktion wird eine primäre und eine sekundäre Form unterschieden. Eine Unterfunktion direkt von der Schilddrüse ausgehend ist eine primäre Hypothyreose.
Die primäre Hypothyreose ist eine Form der Schilddrüsenunterfunktion, bei der das Problem direkt durch die Schilddrüse selbst verursacht wird.
Der häufigste Grund einer primären Schilddrüsenunterfunktion ist die Hashimoto-Thyreoiditis. Die Störung gehört damit zu den Autoimmunerkrankungen (Krankheiten, bei denen durch das Immunsystem körpereigenes Gewebe angegriffen wird). Antikörper greifen das Gewebe der Schilddrüse an und zerstören es. Dadurch wird die Funktion der Schilddrüse allmählich beeinträchtigt. Es kommt schließlich zu einer Schilddrüsenunterfunktion. Die Hashimoto-Thyreoiditis tritt bei Frauen häufiger auf als bei Männern und kann in jedem Lebensalter auftreten; am häufigsten ist die Erkrankung jedoch bei Menschen mittleren Alters zu beobachten. Die genaue Ursache der Thyreoiditis ist unbekannt, man vermutet jedoch eine Kombination von genetischen und Umweltfaktoren.
Eine Entzündung der Schilddrüse (Thyreoiditis) kann auch durch Viren oder bestimmte Medikamente verursacht werden, insbesondere durch bestimmte Krebstherapien.
Einige Medikamente wie Thyreostatika (Thyreostatika sind Medikamente, die zur Behandlung einer Schilddrüsenüberfunktion eingesetzt werden), Amiodaron (bei Herzrhythmusstörungen) und Lithium (bei psychischen Erkrankungen) können zu einer Unterfunktion der Schilddrüse führen.
Auch durch ärztliches Handeln kann eine Schilddrüsenunterfunktion bestehen, z. B. nach einer Schilddrüsenentfernung (Thyreoidektomie), nach einer Radiojodtherapie, einer Bestrahlung oder nach der Gabe von Medikamenten wie z. B. Thyreostatika zur Behandlung einer Überfunktion oder Lithium zur Behandlung einer Depression.
Ein chronischer Jodmangel führt zu einer Hypothyreose. Dieser Grund ist in Deutschland aber ausgesprochen selten. Sogar bei einem starken Jodüberschuss ist für einige Wochen eine Schilddrüsenunterfunktion möglich. Außerdem können Tumore der Schilddrüse zur Unterfunktion führen.
Die Schilddrüse kann geschädigt und ihre Hormonproduktion beeinträchtigt werden, wenn sie im Kopf- oder Halsbereich bestrahlt wird, meist bei Krebserkrankungen wie Schilddrüsen- oder Kehlkopfkrebs.
Eine Unterfunktion der Schilddrüse kann auch durch die Einnahme von radioaktivem Jod zur Behandlung einer Schilddrüsenüberfunktion oder von Schilddrüsenkrebs ausgelöst werden.
Es gibt auch erblich bedingte Krankheiten, bei denen die Bildung oder die Ausschüttung von Schilddrüsenhormonen gestört ist. Bei dieser angeborenen Schilddrüsenunterfunktion ist eine lebenslange Behandlung mit Schilddrüsenhormonen erforderlich.
Eine sekundäre Hypothyreose entsteht, wenn die Steuerung durch übergeordnete Hormonzentren nicht mehr richtig funktioniert. Die Bildung und Ausschüttung der Schilddrüsenhormone T3 (Trijodthyronin) und T4 (Thyroxin) wird durch das Hormon TSH (thyreoidea-stimulierendes Hormon) gefördert. TSH wird in der Hirnanhangdrüse (Hypophyse) gebildet, und zwar in deren Vorderlappen. Die Ausschüttung von TSH wiederum wird durch ein weiteres Hormon stimuliert, das aus dem Hypothalamus (einem Teil des Gehirns) stammt, dem TRH (Thyreotropin-Releasing-Hormon). Eine Rückkopplung sorgt dafür, dass ein hoher Blutgehalt an Schilddrüsenhormonen (T3 und T4) eine verminderte Freisetzung von TRH bewirkt, so dass sich der Blutwert der Schilddrüsenhormone einpendelt. Eine sekundäre Hypothyreose besteht bei einer Unterfunktion des Hirnanhangdrüsen-Vorderlappens (Hypophysen-Vorderlappen-Insuffizienz), bei der es an TSH mangelt, obwohl das TRH dessen Bildung anregt. Äußerst selten kann auch ein Defekt im Hypothalamus bestehen, der zu einem Mangel an TRH führt (das wird auch als tertiäre Hypothyreose bezeichnet).
Weil zu wenig Schilddrüsenhormone vorhanden sind, kommt es zu einem allgemein verlangsamten Stoffwechsel. Dazu gehört eine erniedrigte Herzfrequenz und vor allem auch Müdigkeit, Leistungsabfall, Antriebsarmut und ein verzögertes Denken und Agieren. Die Sprache ist langsam und undeutlich, Patienten können sich auch heiser anhören. Ein charakteristisches Anzeichen der Schilddrüsenunterfunktion ist häufiges Frieren und Kälteintoleranz. Die Haut von Betroffenen ist eher kühl, blass und trocken. Durch die Flüssigkeitseinlagerung (Ödem, Myxödem) im Gewebe macht die Haut einen teigartigen Eindruck. Die Lider sind dadurch geschwollen (Lidödem), auch die Lippen und die Zunge sind angeschwollen.
Betroffene nehmen an Gewicht zu. Dies hat zum einen auch mit dem Myxödem(der Wassereinlagerung im Gewebe) zu tun, zum anderen aber auch mit dem veränderten Stoffwechsel und der Verdauung. Es besteht oft eine Verstopfung. Fett lagert sich im Körper ein. Die Folge davon kann außerdem eine Arteriosklerose sein. Bei Betroffenen mit Hypothyreose können zudem die Haare brüchig und matt werden, sie können auch vermehrt ausfallen. Einige Patienten entwickeln einen Kropf (Struma), also eine merkliche Verdickung der Schilddrüse. Manchmal kommt es zu Beschwerden an der Muskulatur, einer Myopathie. Lust und Potenz sowie die Fruchtbarkeit können gestört sein, einige betroffene Frauen klagen über Menstruationsprobleme, einige Männer über Erektionsstörungen.
Eine getrübte Stimmung ist ein weiteres Problem von einigen Patienten mit der Schilddrüsenunterfunktion. Dies kann bis hin zu einer Depression führen.
Wird die Schilddrüsenunterfunktion nicht hinreichend therapiert, dann können schwerwiegende Folgen eintreten. Ein Myxödemkoma ist möglich. Dieses ist lebensbedrohlich und Patienten müssen auf der Intensivstation behandelt werden. Aus einer nicht ausreichend behandelten Schilddrüsenunterfunktion kann sich eine Arteriosklerose entwickeln. Sie kann zu schweren bis lebensbedrohlichen Störungen wie einem Herzinfarkt oder einem Schlaganfall führen.
Folgende Symptome zeigen Babys, die mit einer Schilddrüsenunterfunktion geboren werden:
Unbehandelt kann eine Schilddrüsenunterfunktion bei Kindern zu schweren Entwicklungsstörungen führen. Es entsteht das Krankheitsbild des Kretinismus, bei dem das Knochen- und Zahnwachstum nicht regelrecht ist und Betroffene eine geringe Körpergröße aufweisen. Diese Kinder bleiben in ihren geistigen Fähigkeiten zurück und fallen durch Sprachschwierigkeiten auf. Auch können sie schwerhörig sein.
Grundsätzlich können die gleichen Symptome wie bei anderen Erwachsenen auch bei älteren Menschen mit Schilddrüsenunterfunktion auftreten. Sie sind jedoch oft weniger stark ausgeprägt und werden leicht übersehen oder einfach als altersbedingt abgetan. Darüber hinaus kann es bei älteren Menschen mit einer Schilddrüsenunterfunktion auch zu weniger typischen Symptomen kommen, wie z. B. Gewichtsverlust, Verwirrtheit oder verminderter Appetit.
Eine latente Schilddrüsenunterfunktion (latente Hypothyreose) ist vorhanden, wenn die Funktion schon verschlechtert ist, aber im Grunde noch ausreichend ist. Oft kann ein relativ niedriger Wert der Schilddrüsenhormone T3 und T4 und ein relativ hoher Wert des Hormons TSH festgestellt werden, alle Werte befinden sich aber noch im Normbereich. Weil das Schilddrüsengewebe zugrunde gehen kann, muss auch die latente Hypothyreose regelmäßig überprüft werden.
Die Diagnose einer Schilddrüsenunterfunktion wird oft spät gestellt, weil die Symptome einer Schilddrüsenunterfunktion nicht spezifisch dafür sind. Die auftretenden Symptome sind zudem von Patient zu Patient unterschiedlich und auch unterschiedlich stark ausgeprägt
Zunächst wird der Arzt eine Patientenbefragung durchführen (Anamnese) und sich die Symptome beschreiben beschreiben. Die Symptome (insbesondere Kälteintoleranz, Gewichtszunahme ohne erkennbaren Grund, Müdigkeit und Antriebslosigkeit) lassen den Arzt an eine Hypothyreose denken. Bei der körperlichen Untersuchung fallen weitere Besonderheiten z. B. an der Haut auf, eine niedrige Herzfrequenz und ein niedriger Blutdruck können festgestellt werden.
Um die Diagnose zu sichern, erfolgt eine Blutuntersuchung. In einer Blutentnahme werden die Hormonwerte bestimmt, womit sich die Diagnose der Schilddrüsenunterfunktion bereits stellen lässt.
Ist das Schilddrüsenhormon fT4 (freies Thyroxin) zu niedrig und das Hormon TSH zu hoch, spricht das für einen manifeste Schilddrüsenunterfunktion.
Bei einer Schilddrüsenentzündung als typische Ursache (Hashimoto-Thyreoiditis) finden sich zudem fast immer Schilddrüsenantikörper im Blut, so dass sie ebenfalls bestimmt werden.
Ist das Schilddrüsenhormon fT4 (freies Thyroxin) normal und das Hormon TSH (Thyroidea stimulierendes Hormon) zu hoch, spricht das für einen "verborgene" Schilddrüsenunterfunktion. Mit der Zeit kann sich daraus eine manifeste Schilddrüsenunterfunktion entwickeln
Eine sekundäre Hypothyreose durch eine Funktonsstörung der Hirnanhangdrüse (Hyphphysenvorderlappen-Insuffizienz) führt zu einem niedrigen Wert für TSH und einem niedrigen fT4-Spiegel. Eine Funktionsstörung der Hirnanhangsdrüse hat auch Auswirkungen auf andere Hormone wie Gonadotropine oder ACTH, die in diesem Organ produziert werden. Ist der Hypothalamus betroffen, dann ist neben TSH und fT4 (freies Thyroxin) auch TRH (TSH-Releasing-Hormon) zu niedrig, da dieses Hormon in der Hypophyse gebildet wird.
Auch das Blutbild ist bei Hypothyreose verändert: Rote Blutkörperchen (Erythrozyten) und Hämoglobin (Teilchen zur Sauerstoffbindung) finden sich in verminderter Menge. Der Cholesterinspiegel kann hoch sein.
Weitere Informationen liefert eine Ultraschalluntersuchung (Schilddrüsen-Sonographie). Bei der Unterfunktion durch die Hashimoto-Thyreoiditis findet sich beispielsweise ein kaum als solches erkennbares, schlecht abgrenzbares Gewebe im Bereich der Schilddrüse. Eine Szintigraphie der Schilddrüse als weiteres Verfahren lohnt sich in Ausnahmefällen.
Ein verminderter Antrieb und getrübte Stimmung besteht auch bei einer Depression, die nicht durch die Hypothyreose zustande gekommen ist. Ödeme wie beim Myxödem kommen z. B. bei einer Niereninsuffizienz (sehr herabgesetzte Nierenfunktion) vor. Beschwerden an den Muskeln kommen auch bei rheumatischen Erkrankungen vor. Erhöhte Werte für das Hormon TSH ohne Hypothyreose finden sich z. B. bei einer Wucherung in der Hirnanhangdrüse (einem Adenom), das TSH herstellt, oder bei einem fehlenden Ansprechen von Gewebe des Körpers auf die Schilddrüsenhormone.
Die Behandlung einer Schilddrüsenunterfunktion besteht darin, Schilddrüsenhormone zu verabreichen (Substitution der Hormone). In der Regel reicht eine Tablette täglich aus. Sie sollte auf nüchternen Magen etwa eine halbe Stunde vor der Frühstückszeit genommen werden, um optimal wirken zu können. Das Mittel ist L-Thyroxin/Levothyroxin, welches dem körpereigenen Hormon T4 entspricht.
Die Dosis des Mittels ist zuerst gering und wird langsam erhöht. In der Anfangszeit der Therapie müssen immer wieder Blutuntersuchungen vorgenommen werden, um festzustellen, ob die Hormongabe ausreichend ist. Wichtig dazu ist der Blutwert für das TSH, der sich allerdings erst nach sechs bis acht Wochen normalisiert. Im Verlauf reichen bei ansonsten stabilen Werten Blutuntersuchungen im halbjährlichen Abstand aus.
Eine angeborene Hypothyreose muss sofort behandelt werden, um dauerhafte Folgen für das Kind zu verhindern. Schwangere mit Schilddrüsenunterfunktion müssen zudem die Schilddrüsenhormone in einer etwas höheren Dosis als Nichtschwangere einnehmen. Das Kind im Mutterleib ist sonst nicht optimal versorgt.
Falls natürlich die Unterfunktion durch die Behandlung einer Überfunktion entstanden ist, müssen die Medikamente gegen die Überfunktion abgesetzt oder in ihrer Dosis reduziert werden.
Wird das fehlende Schilddrüsenhormon im richtigen Maße konsequent ersetzt, dann ist die Prognose ausgesprochen günstig. Viele Betroffene müssen dauerhaft das Schilddrüsenhormon einnehmen. Die Lebenserwartung Betroffener ist unter der Behandlung normal.
aktualisiert am 19.07.2023