Eine optimal eingestellte Schilddrüse ist die beste Voraussetzung für eine unbeschwerte Schwangerschaft und die Geburt eines gesunden Kindes. Daher ist es für Patientinnen mit einer Schilddrüsenüberfunktion wichtig, vor und während der Schwangerschaft einige Punkte zu beachten. Mitunter kann eine Schilddrüsenüberfunktion auch während der Schwangerschaft eintreten.
Über die Plazenta wird der Fötus in den ersten Monaten der Schwangerschaft mit den Schilddrüsenhormonen der Mutter versorgt. Deshalb ist es besonders zu Beginn der Schwangerschaft wichtig, dass die Schilddrüse der Mutter gut funktioniert. Voraussetzung dafür sind eine ausreichende Jodzufuhr und eine optimale Einstellung des Schilddrüsenstoffwechsels. Im zweiten Schwangerschaftsdrittel ist das Kind bereits selbst in der Lage, Schilddrüsenhormone zu produzieren.
Alle Frauen mit Kinderwunsch sollten ihre Schilddrüsenwerte vor einer geplanten Schwangerschaft überprüfen lassen. Entscheidend sind die Werte TSH, T3 und T4. Diese sollten im Normbereich liegen.
Liegt eine Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) vor, sollte die Schwangerschaft mit zeitlichem Vorlauf geplant sein. Die häufigsten Ursachen für eine Schilddrüsenüberfunktion sind Morbus Basedow oder eine funktionelle Schilddrüsenautonomie. Bei einer Schilddrüsenautonomie ist von einer lebenslangen Schilddrüsenüberfunktion auszugehen. In diesem Fall ist vor der Schwangerschaft eine Schilddrüsenoperation in Erwägung zu ziehen.
Bei Morbus Basedow besteht eine gute Chance, dass die Schilddrüsenüberfunktion mit Medikamenten dauerhaft zu bessern ist. Dann sollte die medikamentöse Behandlung nach Möglichkeit abgeschlossen sein, bevor die Schwangerschaft eintritt.
Eine Schilddrüsenüberfunktion kann die Empfängnis erschweren. Bei der Erkrankung der Mutter verhindert die überaktive Schilddrüse häufig eine Einnistung der befruchteten Eizelle in die Gebärmutterschleimhaut. Liegt eine Hyperthyreose beim Mann vor, vermindert sich die Spermienanzahl. Schwanger werden mit einer Schilddrüsenüberfunktion, egal ob bei Frau oder Mann, kann daher einige Geduld erfordern.
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Nicht immer lässt sich eine Schilddrüsenüberfunktion vor einer Schwangerschaft ausschalten. Die Patientin muss dann auch während der Schwangerschaft und der Stillzeit Thyreostatika erhalten. Diese Medikamente sorgen dafür, dass die Schilddrüsenwerte im Normbereich bleiben. Keines dieser Mittel ist jedoch frei von Risiken. Am besten ist es, wenn die Schilddrüse vor einer Schwangerschaft bereits mit möglichst niedriger Dosierung gut eingestellt ist. Hormonelle Schwankungen sollten vermieden werden. Für Schwangere gilt der Wirkstoff Propylthiouracil als am besten geeignet. Möglicherweise wird der Arzt die Patientin auf diesen Wirkstoff umstellen. Da die Wirksamkeit von Schilddrüsenmedikamenten sich erst mit einigen Wochen Verzögerung zeigt, muss mit der Therapieanpassung mehrere Monate vor der Schwangerschaft begonnen werden. Morbus Basedow verbessert sich im dritten Trimester meist, sodass die Medikamente dann manchmal verringert oder sogar abgesetzt werden können.
Keinesfalls darf die Patientin die Medikamente eigenhändig absetzen. Eine nicht behandelte Schilddrüsenüberfunktion ist für das Baby um ein Vielfaches gefährlicher als eine medikamentös regulierte Schilddrüse.
Durch die erhöhten Stoffwechselvorgänge steigt in der Schwangerschaft der Jodbedarf. Ein Jodmangel der Mutter kann sich negativ auf die kindliche Entwicklung auswirken und sollte unbedingt vermieden werden.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt in der Schwangerschaft eine tägliche Jodzufuhr von 230 Mikrogramm und in der Stillzeit von 260 Mikrogramm. Eine jodreiche Ernährung mit Seefisch, Milch und Milchprodukten und jodiertem Speisesalz ist angeraten. Da sich die empfohlene Menge Jod häufig nicht allein über die Nahrung aufnehmen lässt, sollten Schwangere und Stillende zusätzlich Jodtabletten einnehmen. Dies gilt meist auch für Frauen, die an Morbus Basedow leiden. Im Einzelfall sollte die Jodeinnahme mit dem Arzt besprochen werden. Bei einer akuten Schilddrüsenüberfunktion muss sorgfältig geprüft werden, inwieweit eine zusätzliche Jodzufuhr sinnvoll ist.
Wird eine Hyperthyreose in der Schwangerschaft nicht erkannt oder nicht behandelt, können beim Säugling bleibende Schäden entstehen: Das Baby kann in seiner körperlichen und geistigen Entwicklung verzögert sein, es kann untergewichtig oder mit Missbildungen zur Welt kommen. Die Folgen können ein Leben lang anhalten. Auch Fehlgeburten, Frühgeburten oder Totgeburten sind häufig die Folge einer unbehandelten Schilddrüsenüberfunktion. Zudem besteht bei einer unbehandelten Hyperthyreose ein erhöhtes Risiko einer Präeklampsie.
Eine leichte Vergrößerung der Schilddrüse während einer Schwangerschaft ist normal und kommt auch bei schilddrüsengesunden Frauen vor. Sollte sich die Schilddrüse stark vergrößern, ist ein Arztbesuch notwendig.
Manchmal kommt es bei Schwangeren zu einer kurzzeitigen Überfunktion. Diese wird durch das Schwangerschaftshormon Choriongonadotropin (hCG) verursacht. Dieses Hormon ist dem TSH, das in der Hirnanhangdrüse gebildet wird und die Hormonproduktion der Schilddrüse steuert, sehr ähnlich. Choriongonadotropin kann deshalb auch die Schilddrüse stimulieren und zu einer Überfunktion führen. Die Entgleisung ist nur vorübergehend und verschwindet nach der 20. Schwangerschaftswoche wieder.
Bei Schilddrüsenpatientinnen sind engmaschige Kontrollen während der gesamten Schwangerschaft notwendig.
Eine gesunde Schilddrüse fährt nach der Entbindung die Hormonproduktion von selbst herunter. Hat bereits vor der Schwangerschaft eine Schilddrüsenüberfunktion bestanden, muss die Medikamentendosis nach der Geburt möglicherweise neu angepasst werden.
Rund fünf Prozent aller Frauen erkranken im ersten Jahr nach der Niederkunft an einer Schilddrüsenentzündung. Diese sogenannte Post-Partum-Thyreoiditis geht meist mit einer Schilddrüsenüberfunktion einher. Sie kann sich aber auch in einer Schilddrüsenunterfunktion zeigen. Auslöser sind vermutlich die allgemeinen hormonellen Veränderungen in der Schwangerschaft und der Stillzeit. Vor allem Frauen, die vorher schon Probleme mit der Schilddrüse hatten, sind betroffen. In den meisten Fällen bildet sich die Schilddrüsenfehlfunktion auch ohne Behandlung zurück. Selten kann daraus Morbus Basedow entstehen.
Mütter mit einer Schilddrüsenüberfunktion können manchmal Schwierigkeiten haben, ausreichend Milch zum Stillen zu produzieren. Auch in der Stillzeit müssen – möglichst niedrig dosiert – Thyreostatika eingenommen werden.
Internisten im Netz, Prof. Dr. med. Otto-Albrecht Müller – Schwanger mit Schilddrüsenüberfunktion: https://www.internisten-im-netz.de/krankheiten/schilddruesenueberfunktion/schwanger-mit-schilddruesenueberfunktion.html (online, letzter Abruf: 22.12.2020)
Kinderwunschzentrum Nürnberg – Die Schilddrüse als gynäkologisches Schlüsselorgan: https://www.ivf-nuernberg.de/hormon-forum/die-schilddruese-als-gynaekologisches-schluesselorgan (online, letzter Abruf: 22.12.2020)
MSD Manual, Lara A. Friel – Schilddrüsenerkrankungen in der Schwangerschaft: https://www.msdmanuals.com/de-de/profi/gynäkologie-und-geburtshilfe/schwangerschaftskomplikationen-durch-erkrankung/schilddrüsenerkrankungen-in-der-schwangerschaft (online, letzter Abruf: 22.12.2020)
Forum Schilddrüse – Schilddrüsenüberfunktion in Schwangerschaft und Stillzeit: https://www.forum-schilddruese.de/service/schilddruese-news/schilddruese-news-2021/04-schilddruesenueberfunktion-schwangerschaft-stillzeit (online, letzter Abruf: 22.12.2020)
Schilddrüsenzentrum Köln, Prof. Dr. med. Hans Udo Zieren – Schilddrüse und Schwangerschaft: https://www.schilddruesenzentrum-koeln.de/wissenswertes/weitere-themen/schilddruese-und-schwangerschaft (online, letzter Abruf: 22.12.2020)
aktualisiert am 22.12.2020