Wie oder ob eine Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) behandelt wird, hängt davon ab, wie stark sie ausgeprägt ist. Medikamente sind ein wichtiger Bestandteil der Therapie.
Eine Hyperthyreose wird anhand der Werte der Schilddrüsenhormone T3 und T4 sowie des Regulierungshormons TSH im Blut diagnostiziert. Der Schilddrüse kann außerdem mit den bildgebenden Verfahren der Sonografie oder der Szintigrafie begutachtet werden.
Bei einer Schilddrüsenüberfunktion liegen die T3- und T4-Werte über dem Normwert. Leicht erhöhte Werte können sich normalisieren, indem man die Jodaufnahme senkt. Jod ist vor allem in Algen, Meeresfrüchten und Seefischen enthalten. Diese sollte man meiden. Milchprodukte und Gemüsesorten wie Brokkoli, Spinat und Grünkohl enthalten ebenfalls Jod, allerdings in wesentlich geringerer Dosis. Da Milchprodukte und grünes Gemüse Bestandteil einer ausgewogenen Ernährung sind, sollte man darauf nicht verzichten. Auch ist Jod dem Speisesalz zugesetzt.
Wer unter erhöhten Schilddrüsenwerten leidet, sollte außerdem prüfen, ob er Medikamente einnimmt, die Jod enthalten. Bei bestimmten radiologischen Untersuchungen kommen Kontrastmittel zum Einsatz, die Jod enthalten. Bei einer Schilddrüsenüberfunktion dürfen diese nicht angewendet werden.
Bei nur leicht erhöhten Werten kann zusätzlich zur einer jodreduzierten Ernährung eine naturheilkundliche Behandlung unterstützend wirken.
In der Pflanzenheilkunde wird Wolfstrappkraut (Lycopus virginicus und Lycopus europaeus) zur Senkung der Schilddrüsenwerte empfohlen. Wolfstrapphaltige Präparate sind als Tee oder in Tablettenform rezeptfrei erhältlich. Sie sollten nur in Absprache mit dem Arzt eingenommen werden. Bei zu hoher Dosierung kann es zu einer Vergrößerung der Schilddrüse kommen. In der Schwangerschaft oder Stillzeit sollte auf diese Präparate verzichtet werden.
Die Schilddrüsenwerte müssen in regelmäßigen Abständen überprüft werden. Steigen der T3- und der T4-Wert, ist eine medikamentöse Behandlung mit sogenannten Schilddrüsenblockern (Thyreostatika) notwendig. Sie trägt außerdem dazu bei, die Begleiterscheinungen der Hyperthyreose zu lindern und damit die Lebensqualität zu verbessern.
Eine Schilddrüsenerkrankung sollte von einem Facharzt für Innere Medizin oder einem Endokrinologen (Spezialisten für hormonelle Erkrankungen) behandelt werden. Thyreostatika nennen Fachleute die Medikamente, die zur Senkung der Schilddrüsenhormone eingesetzt werden. Die wichtigsten Thyreostatika sind Thionamide und Perchlorate, die auf unterschiedliche Weise auf die Schilddrüse einwirken. Die Tabletten wirken rein symptomatisch, die Ursache der Hyperthyreose wird damit nicht behandelt.
Thionamide hemmen die Neuproduktion (Synthese) der Schilddrüsenhormone. Für die Behandlung einer Schilddrüsenüberfunktion sind Thionamide die erste Wahl. Am häufigsten kommen die Wirkstoffe Thiamazol oder Carbimazol zum Einsatz. In der Schwangerschaft oder dann, wenn die erstgenannten Wirkstoffe nicht die gewünschte Wirkung zeigen oder nicht vertragen werden, kann Propylthiouracil verabreicht werden.
Bei rund einem Fünftel aller Patienten kommt es bei der Einnahme von Thionamiden zu Nebenwirkungen wie Übelkeit, Hautrötungen, Geschmacksverlust oder Magen-Darm-Beschwerden. Die Zahl der weißen Blutkörperchen kann sinken (Leukopenie). Meist jedoch ist die Senkung in einem tolerablen Bereich, sodass das Medikament nicht abgesetzt werden muss. Vor allem Propylthiouracil kann zu einer Leberschädigung führen, weshalb auch die Leberwerte regelmäßig kontrolliert werden müssen. In seltenen Fällen kann es zu starken Gliederschmerzen oder ausgeprägten Hautekzemen (Ausschlägen) kommen, die zum Absetzen des Medikaments zwingen.
Perchlorate behindern die Aufnahme von Jod in die Zellen der Schilddrüse. Natriumperchlorat wird meist gezielt und kurzfristig eingesetzt, da eine genaue Dosierung schwierig ist und eine Überdosierung unangenehme Nebenwirkungen mit sich bringt. Es kommt prophylaktisch zum Einsatz, zum Beispiel, wenn sich eine medizinische Untersuchung mit jodhaltigen Kontrastmitteln nicht vermeiden lässt. Perchlorate sind insgesamt schlechter verträglich als Thionamide. Sie können Allergien auslösen und greifen die Magenschleimhaut an, sodass sie nicht über einen längeren Zeitraum eingenommen werden sollten.
Beta-Blocker sind Medikamente, die auf das Herz-Kreislauf-System einwirken. Sie haben keine Auswirkung auf die Produktion der Schilddrüsenhormone. Sie können aber verabreicht werden, um Symptome der Hyperthyreose wie Herzrasen oder Herzrhythmusstörungen zu lindern und eine Überlastung des Herzens zu vermeiden.
Die Senkung des Hormonspiegels dauert einige Wochen. Die bereits vorhandenen Schilddrüsenhormone werden von den Medikamenten nicht beeinflusst, sondern sie werden auf natürlichem Wege abgebaut sowie auch ausgeschieden. Ob die Therapie wirksam ist, zeigt sich also erst, wenn die vorhandenen Hormone weitgehend abgebaut sind und die Neuproduktion gehemmt wird. Auch wenn sich der Allgemeinzustand nur langsam verbessert, müssen die Tabletten regelmäßig eingenommen werden. Nur so kann sich ein Therapieerfolg einstellen.
Gerade zu Beginn der medikamentösen Therapie müssen die Schilddrüsenwerte engmaschig, am besten einmal wöchentlich, kontrolliert werden. So lässt sich herausfinden, ob das Medikament wirkt und ob die Dosis die richtige ist.
Sollten sich im Rahmen einer medikamentösen Schilddrüsenbehandlung Halsschmerzen, Fieber, Schüttelfrost und Aphthen im Mundraum einstellen, sollte man zeitnah den Arzt aufsuchen. Diese können auf eine durch Medikamente verursachte Agranulozytose hindeuten. Dabei werden bestimmte Zellen (Granulozyten), die sich im Blut befinden, zerstört. Das kann zu einer verminderten Immunabwehr führen und im schlimmsten Fall tödlich enden. Diese allergische Reaktion auf die Schilddrüsenmedikamente tritt sehr selten auf.
Mithilfe von Tabletten lassen sich die Schilddrüsenhormone gut in den Griff bekommen. Die Behandlung dauert mindestens ein halbes Jahr, manchmal bis zu anderthalb Jahre. Wenn sich die Werte stabilisiert haben, wird das Medikament langsam ausgeschlichen, das heißt, die Dosis wird langsam auf Null reduziert.
In 70 Prozent der Fälle ist die Erkrankung Morbus Basedow die Ursache für die Hyperthyreose. Dann dauert die Behandlung mindestens ein Jahr. In der Hälfte der Fälle ist der Therapieerfolg von Dauer und die Behandlung damit abgeschlossen. Bei den anderen 50 Prozent, bei denen es zu einem erneuten Auftreten (Rezidiv) kommt, ist eine Operation das Mittel der Wahl.
Bei einer Schilddrüsenautonomie, die in rund 30 Prozent der Fälle hinter der Schilddrüsenüberfunktion steckt, findet keine dauerhafte Heilung statt. Thyreostatika sollten aufgrund ihrer Nebenwirkungen nach Möglichkeit nicht dauerhaft eingenommen werden. Daher dient die medikamentöse Therapie bei einer Schilddrüsenautonomie als Vorbereitung auf eine Operation oder eine Radiojodtherapie.
Bringt die medikamentöse Behandlung nicht den gewünschten Erfolg oder sind die Nebenwirkungen zu hoch, kann eine Radiojodtherapie oder eine Schilddrüsenoperation in Betracht gezogen werden. Vorher müssen die Schilddrüsenhormone medikamentös normalisiert werden.
Bei der Radiojodtherapie spritzt der Arzt gering radioaktives Jod in die Vene des Betroffenen. Dieses reichert sich in der Schilddrüse an und zerstört das Gewebe mit seiner radioaktiven Strahlung.
Alternativ zur Radiojodtherapie kann die Schilddrüse unter Vollnarkose teilweise oder vollständig – das kommt selten vor – entfernt werden. Bei vielen Patienten entwickelt sich im Anschluss eine Schilddrüsenunterfunktion, weil das verbleibende Schilddrüsengewebe nicht mehr genug Hormone produzieren kann. In diesem Fall ist eine dauerhafte Einnahme von Schilddrüsenhormonen (Levothyroxin) erforderlich. Diese sind jedoch besser verträglich und nebenwirkungsärmer als Thyreostatika.
Amboss - Fachwisse für Mediziner – Thyreostatika: https://www.amboss.com/de/wissen/Thyreostatika (online, letzter Abruf: 19.11.2020)
apotheken.de, Kristine Raether-Buscham; Dr. med. Arne Schäffler – Schilddrüsenüberfunktion: https://www.apotheken.de/krankheiten/4392-schilddruesenueberfunktion (online, letzter Abruf: 19.11.2020)
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Internisten im Netz, Prof. Dr. med. Otto-Albrecht Müller – Schilddrüsenüberfunktion: Therapie: https://www.internisten-im-netz.de/krankheiten/schilddruesenueberfunktion/therapie.html (online, letzter Abruf: 19.11.2020)
Netdoktor.de, Simon Korn; Martina Feichter – Schilddrüsenüberfunktion: https://www.netdoktor.de/krankheiten/schilddruesenueberfunktion/ (online, letzter Abruf: 19.11.2020)
Test.de (Stiftung Warentest) – Medikamente im Test - Schilddrüsenüberfunktion: https://www.test.de/medikamente/krankheit/schilddruesenueberfunktion-k230/ (online, letzter Abruf: 19.11.2020)
aktualisiert am 19.11.2020