Eine Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) gehört bei Erwachsenen zu den häufigen Erkrankungen. Aber auch Säuglinge, Kinder und Jugendliche können davon betroffen sein.
Schilddrüsenerkrankungen können angeboren sein oder sich im Laufe des Lebens entwickeln. Eine Schilddrüsenüberfunktion kann bereits beim Fötus im Mutterleib entstehen. Im Ultraschall zeigt sich das in
Ursache ist meist Morbus Basedow bei der Mutter. Bei dieser Autoimmunerkrankung (Erkrankung mit fehlgeleitetem Immunsystem) werden Antikörper gegen die eigene Schilddrüse produziert. Diese Antikörper können durch die Plazenta (Mutterkuchen) zum Fötus gelangen. Unbehandelt kann dies zu einer Frühgeburt und auch zum Tod des Babys führen.
Bei Babys äußert sich eine Hyperthyreose in
Häufig sind Säuglinge mit einer hyperaktiven Schilddrüse „Schreibabys“. Wird bei einem Säugling eine Schilddrüsenüberfunktion nicht therapiert, kann dies zu schweren, bleibenden Schäden führen. Unter entsprechender medikamentöser Behandlung erholen sich Säuglinge meist innerhalb von sechs Monaten wieder und brauchen dann auch keine Medikamente mehr.
Beim sogenannten Neugeborenen-Screening wird der wenige Tage alte Säugling auf mögliche Erkrankungen hin untersucht. Mithilfe eines Bluttropfens, der aus der Ferse entnommen wird, wird bei dieser freiwilligen medizinischen Untersuchung auch der TSH-Wert ermittelt. TSH ist ein Hormon aus der Hirnanhangdrüse mit direktem Einfluss auf die Schilddrüse. Ein veränderter Wert kann auf eine mögliche Schilddrüsenerkrankung hinweisen. Ein Baby mit einer Schilddrüsenüberfunktion kann völlig gesund wirken. Bleibt die Erkrankung aber unbehandelt, kann sie schwere Entwicklungsschäden nach sich ziehen.
Bei Kindern und Jugendlichen werden die Schilddrüsenwerte im Rahmen der J1-Untersuchung zwischen dem 12. und dem 14. Lebensjahr ermittelt.
In mehr als 90 Prozent der Fälle ist Morbus Basedow die Ursache, wenn bei Kindern eine Schilddrüsenüberfunktion diagnostiziert wird. In den anderen Fällen sind die Auslöser Wucherungen an der Schilddrüse oder eine Entzündung der Schilddrüse (Thyreoiditis). Auch bestimmte Medikamente können bei Kindern eine Hyperthyreose verursachen. Eine vorübergehende Schilddrüsenüberfunktion kann gelegentlich durch Viren oder Bakterien ausgelöst werden.
Eine Schilddrüsenüberfunktion kann auch im Anfangsstadium der autoimmunen Schilddrüsenerkrankung Hashimoto-Thyreoiditis vorkommen. Diese wird meist erst bei älteren Kindern oder Jugendlichen diagnostiziert.
Die Schilddrüse produziert die Hormone T4 (L-Thyroxin) und T3 (Triiodthyronin), die in die Blutbahn ausschüttet werden. Diese Schilddrüsenhormone sind wichtig für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. Werden zu viele Hormone ausgeschüttet, beschleunigt das den Stoffwechsel und viele Körperfunktionen laufen auf Hochtouren. Eine Schilddrüsenüberfunktion zeigt sich in folgenden Symptomen:
Ein sehr seltener Notfall ist eine thyreotoxische Krise. Die Schilddrüse ist dann so aktiv, dass sie alle Körperfunktionen extrem ankurbelt: Blutdruck und Herzfrequenz steigen so stark an, dass es zu Herzinsuffizienz (nicht mehr ausreichender Pumpleistung) und Bewusstseinsstörungen kommen kann, die zum Koma oder zum Tod führen.
Kinder mit Schilddrüsenüberfunktion fallen durch ihr Temperament auf, sodass fälschlicherweise auch ADHS diagnostiziert werden kann. Sie haben einen starken Bewegungsdrang, streiten sich oft mit anderen Kindern, haben Trotz- und Wutanfälle, wollen nicht ins Bett gehen und benötigen viel Aufmerksamkeit.
Bei Jugendlichen können die Symptome der Schilddrüsenüberfunktion leicht mit Pubertätsproblemen verwechselt werden. Die betroffenen Heranwachsenden neigen zu Stimmungsschwankungen und Aggressivität, können sich schlecht konzentrieren und schlafen schlecht. Sie sind hyperaktiv und leiden häufiger als andere Jugendliche unter Wachstumsschmerzen. Häufig sind sie schlank bis untergewichtig, was leicht als eine Essstörung fehlinterpretiert werden kann.
Wenn Eltern die oben genannten Symptome bei ihrem Kind beobachten, sollten sie zunächst den Kinderarzt aufsuchen. Nach einer Blutentnahme zeigen die Laborergebnisse, ob es sich um eine Schilddrüsenüberfunktion handelt. Ist der TSH-Wert zu niedrig und sind T3 und T4 leicht oder stark erhöht, liegt eine Schilddrüsenüberfunktion vor. Bei einer Autoimmunerkrankung wie Morbus Basedow oder Hashimoto-Thyreoiditis sind Antikörper gegen Schilddrüsengewebe nachweisbar.
Besteht der Verdacht auf eine Schilddrüsenerkrankung, ist dies ein Fall für den Facharzt. Im Ultraschall lässt sich eine Veränderung der Schilddrüse erkennen. Bei älteren Kindern kann auch eine Szintigrafie durchgeführt werden, eine spezielle Untersuchung mit Substanzen, die Strahlen abgeben.
Die Behandlung einer Hyperthyreose erfolgt bei Kindern auf ähnliche Weise wie bei Erwachsenen. Sie erhalten als Medikamente sogenannte Thyreostatika und gegebenenfalls Beta-Blocker. Thyreostatika hemmen die Produktion von Schilddrüsenhormonen. Beta-Blocker werden nur benötigt, wenn Blutdruck und Herzfrequenz zu hoch sind. Wenn die Schilddrüsenblocker wirken, können auch die Beta-Blocker abgesetzt werden. Unter der Therapie von Thyreostatika können die Symptome abklingen, sodass die Medikamente schließlich abgesetzt werden können. In manchen Fällen kommt es allerdings zu einem Rezidiv, das heißt, dass die Erkrankung zurückkehrt und die medikamentöse Behandlung wieder aufgenommen werden muss.
Kinder mit Morbus Basedow müssen meist dauerhaft oder zumindest über einen längeren Zeitraum mit Thyreostatika behandelt werden. In seltenen Fällen wirken die verabreichten Medikamente nicht in ausreichendem Maß oder sie verursachen schwerwiegende Nebenwirkungen. Dann kann auch bei einem Kind ein operativer Eingriff helfen. Bei Kindern wird eine Schilddrüsen-Operation allerdings nur selten durchgeführt.
Forum Schilddrüse – Schilddrüse bei Kindern: Schilddrüsenunterfunktion, Schilddrüsenüberfunktion: https://www.forum-schilddruese.de/schilddruese-allgemein/schilddruese-bei-kindern (online, letzter Abruf: 26.11.2020)
Kinderzentrum am Johannisplatz – Schilddrüsenstörungen: https://www.kinderzentrum-am-johannisplatz.de/kinderzentrum/ratgeber/schilddruesenstoerungen/ (online, letzter Abruf: 26.11.2020)
MSD Manual, Andrew Calabria – Schilddrüsenüberfunktion bei Kleinkindern und Kindern: https://www.msdmanuals.com/de-de/heim/gesundheitsprobleme-von-kindern/hormonelle-st%C3%B6rungen-bei-kindern/schilddr%C3%BCsen%C3%BCberfunktion-bei-kleinkindern-und-kindern (online, letzter Abruf: 26.11.2020)
Pharmazeutische Zeitung, Claudia Borchard-Tuch – Schilddrüse kann schon Kinder plagen: https://www.pharmazeutische-zeitung.de/ausgabe-092010/unter-ueber-und-fehlfunktion-schilddruese-kann-schon-kinder-plagen/ (online, letzter Abruf: 26.11.2020)
aktualisiert am 26.11.2020