Bei einer Schilddrüsenoperation wird entweder die Schilddrüse komplett entfernt (Thyreoidektomie) oder es werden Anteile herausgeschnitten (Resektion). Die Operation der Schilddrüse eignet sich zur Behandlung von Krebs (Schilddrüsenkarzinom) und zur Entfernung von Schilddrüsenknoten. Ein weiterer Anlass ist eine Schilddrüsenvergrößerung (Kropf, Struma), die auf umgebende Organe drückt. Auch bei Erkrankungen wie einer Schilddrüsenüberfunktion oder einem Morbus Basedow kommt die Schilddrüsen-OP in Betracht. Falls eine vollständige Entfernung der Schilddrüse vorgenommen wird, müssen die Schilddrüsenhormone danach dauerhaft als Medikament eingenommen werden.
Eine Operation der Schilddrüse kann bei unterschiedlichen Erkrankungen in Frage kommen:
Wichtig ist bereits das Arzt-Patienten-Gespräch (Anamnese), in dem Fragen zu Symptomen und Vorerkrankungen gestellt werden. Häufig ist ein Kropf bereits als Verdickung am Hals zu sehen. Es erfolgt eine Abtastuntersuchung und die Bestimmung des Halsumfangs. Durch Ultraschall wird die Schilddrüse beurteilt und das Ausmaß der Vergrößerung oder der Veränderungen gemessen. Eine spezielle Untersuchungsmethode ist die Schilddrüsen-Szintigraphie, bei der gering radioaktive Substanzen gespritzt werden, die sich an bestimmten Anteilen der Schilddrüse anlagern und dann wie beim Röntgen dargestellt werden können. Eine Computertomographie (CT) oder eine Kernspintomographie (MRT) können zur genauen Operationsplanung ebenfalls sinnvoll sein. Des Weiteren werden Schilddrüsenwerte, Kalzium und andere Laborwerte in der Blutuntersuchung bestimmt. Um mögliche bösartige Veränderungen nachweisen zu können, wird oft eine Punktion (Feinnadel-Gewebeentnahme, Biopsie der Schilddrüse) vorgenommen und die Probe mikroskopisch begutachtet. Eine Kehlkopfspiegelung (Laryngoskopie) vor der Schilddrüsenoperation kann ebenfalls notwendig sein. Hierbei kann die Funktion der Stimmbänder geprüft werden.
Vor der Operation in Narkose muss die allgemeine Gesundheit des Betroffenen untersucht werden. Dazu sind Verfahren wie die Blutdruckmessung, ein EKG oder eine Röntgenuntersuchung des Brustraums (Röntgen-Thorax) notwendig.
Sowohl durch den Operateur als auch durch den Anästhesisten (Narkosearzt) wird der Patient aufgeklärt über Risiken, Auswirkungen und Vorteile der OP. Oft müssen die Blutgerinnung hemmende Arzneimittel weggelassen werden. Dies geschieht in Rücksprache mit dem Arzt.
Der Eingriff wird bis auf wenige Ausnahmen stationär (mit Krankenhausaufenthalt) durchgeführt. Der Patient begibt sich entweder am Tag vorher oder am Operationstag morgens in die Klinik. Vor der Operation ist es notwendig, nüchtern zu bleiben: Nach dem Abendessen darf nichts mehr gegessen oder getrunken werden. Kleine Schlucke Wasser sind erlaubt, Medikamente dürfen somit eingenommen werden. Auf Rauchen muss verzichtet werden.
Die Schilddrüsenoperation erfolgt in Vollnarkose. Der Zugang erfolgt über einen Schnitt, der in der Regel im unteren Halsbereich von rechts nach links verläuft. Dieser sogenannte Kocher-Kragenschnitt wird so angelegt, dass die spätere Narbe möglichst wenig auffällt. Der Schnitt verläuft entlang von vorhandenen kleinen Hautfalten. Inzwischen lassen sich einige Schilddrüsenoperationen über kleine Einschnitte (minimal-invasiv) durchführen. Das ist jedoch nicht machbar, wenn größere Veränderungen oder ausgedehnte Anteile der Schilddrüse entfernt werden müssen.
In der Schilddrüsenchirurgie unterscheidet man zwischen der vollständigen Entfernung des Organs (Thyreoidektomie) und einer Entfernung von Teilbereichen (Schilddrüsen-Resektion). Je nach Befund können ein oder beide Lappen der Schilddrüse komplett oder teilweise herausgenommen werden. Dies lässt sich nicht immer genau vorher planen. Knoten lassen sich auch einzeln entfernen (Enukleation) oder mit einem Abstand im gesunden Gewebe heraustrennen (Exzision). Wie viel entfernt wird, entscheidet sich nach der Erkrankung und den Ergebnissen der vorhergehenden Untersuchungen.
Besteht der Verdacht, dass Schilddrüsenkrebs vorliegt, kann vorher nicht genau abgeschätzt werden, in welchem Umfang operiert werden muss. In diesem Fall ist es möglich, dass die Ärztin oder der Arzt während der Operation auch Lymphknoten entfernt, die in unmittelbarer Nähe der Schilddrüse liegen. Noch während der Operation erfolgt eine mikroskopische Untersuchung des entfernten Schilddrüsengewebes und der Lymphknoten. Ob weiteres Gewebe entfernt werden muss, entscheidet der Arzt abhängig vom Befund.
Die Nebenschilddrüsen, wenige Millimeter große Organe in der Nachbarschaft zur Schilddrüse, werden im Körper gelassen, wenn der Operateur sie findet. Ansonsten können sie von der bereits entfernten Schilddrüse getrennt und wieder in den Körper gesetzt werden. Die Funktion der Nebenschilddrüsen bleibt dabei erhalten. Das ist jedoch nicht immer gewährleistet.
Die OP-Wunde wird meist mit einer Naht versehen, die sich selbst auflöst. Oftmals werden Drainageschläuche eingelegt, die Wundflüssigkeit aufnehmen. Die Drainagen werden nach einigen Tagen wieder entfernt. Die Wunde wird mit einem Verband oder einem Pflaster versorgt.
Bei nicht bösartigen Ursachen einer Schilddrüsenvergrößerung (Struma) wird alles knotig umgebaute Gewebe entfernt. Der Grund ist, dass auch geringfügige Reste weiterhin wachsen können und zu einem neuen Kropf führen können. Außerdem besteht die Möglichkeit, dass bösartige Anteile enthalten sind, die bisher nicht festgestellt wurden. Die Knotenbildung kann sich auf ein geringes Ausmaß in einem der Lappen beschränken, größere Bereiche oder die gesamte Drüse betreffen. Daher kann die Operation als vollständige Schilddrüsenentfernung (Thyreoidektomie), als Entfernung eines Schilddrüsenlappens (Hemithyreoidektomie) oder als Entfernung einzelner Knoten (Exzision, Enukleation) durchgeführt werden. In speziellen Fällen müssen einzelne Knoten durch eine Entfernung des ganzen Lappens operiert werden. Wird eine Struma zum wiederholten Mal operiert (Rezidiv-OP), erfolgt die Entfernung von Gewebe nur auf einer Seite.
Bei einer Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) kann eine Totaloperation oder eine Entfernung der Schilddrüse mit Belassung eines kleinen Restes sinnvoll sein (subtotale Schilddrüsenresektion). Dieser Rest von wenigen Millimetern Durchmesser produziert weiterhin Hormone.
Beim Morbus Basedow wird auch normal erscheinendes Gewebe herausoperiert, da sonst weiterhin eine Überfunktion bestehen kann. Das bedeutet: Wenn eine Operation des Morbus Basedow durchgeführt wird, ist eine totale Entfernung der Schilddrüse erforderlich.
Bei Hashimoto wird selten operiert. Die Schilddrüse wird dann entfernt (Thyreoidektomie).
Liegt ein bösartiger Tumor vor, so muss meist die gesamte Schilddrüse herausgenommen werden. Zusätzlich zur Thyreoidektomie werden oft Lymphknoten und andere Strukturen im Halsbereich entfernt (Neck dissection). Manchmal reicht bei Schilddrüsenkrebs im frühen Stadium oder bei bestimmten Tumorvarianten auch die Entfernung eines Lappens oder eines kleineren Anteils der Schilddrüse.
Wie lange die Schilddrüsen-OP dauert, ist unterschiedlich, da Umfang und Aufwand der Eingriffe stark variieren. Eine einfache Operation mit wenig Zeitbedarf kann nach einer halben Stunde abgeschlossen sein. Ein komplizierter Eingriff, etwa zur Teilentfernung bestimmter Abschnitte der Schilddrüse, dauert einige Stunden.
Bei vielen Schilddrüsenoperationen wird Neuromonitoring eingesetzt. Das ist ein Verfahren, um zu kontrollieren, ob Nerven richtig funktionieren. Der Stimmbandnerv (Nervus laryngeus recurrens) ist bei den Operationen besonders gefährdet. Das Neuromonitoring während der OP trägt dazu bei, eine Stimmbandlähmung (Recurrensparese) zu vermeiden. Beim Neuromonitoring wird der Nerv durch Strom über eine Sonde gezielt erregt. Gleichzeitig wird überprüft, ob sich dadurch die Stimmbänder wie erwartet öffnen. Das lässt sich über den Beatmungsschlauch mittels zweier Elektroden kontrollieren, die seitlich daran angebracht sind. Ergebnisse aus Studien wie einer Untersuchung aus Spanien sprechen für einen Nutzen des Neuromonitoring.
Bei Schilddrüsengewebe im Brustbereich, das herausgenommen werden muss, muss gegebenenfalls das Brustbein durchtrennt werden (Sternotomie).
Das entnommene Gewebe wird durch ein Labor feingeweblich untersucht (Histologie). Sollte sich dabei zeigen, dass entgegen vorheriger Erwartung ein bösartiger Befund vorliegt, muss eine zweite Operation angesetzt werden. Dies sollte in der folgenden Woche geschehen.
Wenn die Kehlkopfnerven bei der Operation verletzt wurden, können Heiserkeit, Probleme beim lauten Sprechen, Stimmverlust oder eine Veränderung der Stimmlage auftreten. Sie können einige Tage oder Wochen anhalten, sind aber selten dauerhaft. Ebenso können Beschwerden beim Schlucken, Atemprobleme sowie Nackenschmerzen auftreten, die sich in der Regel auch nach wenigen Tagen bessern. Verletzungen von umliegenden anatomischen Strukturen und Organen sind möglich, dazu gehören auch Schädigungen der Speiseröhre oder der Luftröhre.
Bei Nervendurchtrennung kann es zu Taubheitsgefühl, Lähmungen und zu einer Stimmbandlähmung (Recurrensparese) kommen. Diese kann bei einseitiger Schädigung zu Atem- und Schluckproblemen, bei sehr seltener beidseitiger Schädigung zu Atemwegsverengung oder -verschluss führen. In diesem Fall ist oft ein Luftröhrenschnitt (Tracheotomie) erforderlich. Methoden wie Mikrochirurgie und Neuromonitoring können das Risiko einer Stimmbandlähmung vermindern.
Bei ausgedehnten Operationen wie einer Totalentfernung gelingt es nicht immer, die Nebenschilddrüsen (Epithelkörperchen) zu erhalten. Dann kommt es zu einer Nebenschilddrüsen-Unterfunktion (Hypoparathyreoidismus). Da das Hormon der Nebenschilddrüsen (Parathormon) fehlt, kann ein Kalziummangel im Blut mit eventuellen Krämpfen entstehen.
Blutungen und Nachblutungen können auftreten. Infektionen, Wundheilungsstörungen und überschießende Narbenbildung können entstehen, daraus resultieren Funktionseinschränkungen und ästhetische Auswirkungen. Allergien auf verwendete Substanzen können nicht ausgeschlossen werden.
Eine gutartige Struma kann je nach Ursache oft durch die Operation gut therapiert werden. Hormone müssen daraufhin meist medikamentös gegeben werden, damit sich der Schilddrüsenrest nicht wieder vergrößert. Teilweise können die Erkrankungen auch ohne OP durch Arzneimittel (zum Beispiel das Schilddrüsenhormon Thyroxin oder schilddrüsenhemmende Substanzen) therapiert werden. Auch eine spezielle Bestrahlung (Radiojodtherapie) kann angezeigt sein.
Bei bösartigen Tumoren hängt die Prognose vom Typ ab sowie von der Ausdehnung und dem eventuellen Vorhandensein von Tochtergeschwülsten (Metastasen).
Meist bleiben Operierte nach dem Eingriff noch für zwei bis drei Tage stationär in der Klinik. Falls der Patient am OP-Tag nach Hause gehen darf, sollte er sich abholen lassen und darf für 24 Stunden kein Auto fahren.
Nach der Operation wird durch einen HNO-Arzt untersucht, ob die Stimmbänder richtig funktionieren. Damit lassen sich Nerven- oder Stimmbandschäden ausschließen.
Nach einer Woche werden die Fäden gezogen, falls nicht Nahtmaterial verwendet wurde, das sich von selbst auflöst. Die Wundheilung ist dann normalerweise weit fortgeschritten. In diesem Zeitraum schützen Pflaster die Wunde. Duschen ist nur vorsichtig und mit aufgebrachtem Pflaster möglich. Baden ist für bis zu zwei Wochen nicht erlaubt. Die Narbe sollte für drei Monate nicht der direkten Sonne ausgesetzt werden.
Üblicherweise bestehen eine Woche nach Krankenhausentlassung keine Einschränkungen mehr für alltägliche Tätigkeiten. Sport darf meist nach zwei Wochen wieder gemacht werden. Die Krankschreibung nach der Schilddrüsenoperation beträgt je nach Eingriff und Heilungsverlauf ein bis zwei Wochen.
Bei Beschwerden, die auf Komplikationen deuten können, beispielsweise bei Fieber, Stimmproblemen oder Atembeschwerden sowie Missempfindungen und Muskelkrämpfen, sollte der Arzt umgehend kontaktiert werden. Dann kann er frühzeitig die notwendigen Maßnahmen ergreifen.
Ist die Schilddrüse komplett entfernt, müssen die Schilddrüsenhormone durch Medikamenteneinnahme dauerhaft ersetzt werden. Das bedeutet, dass die Patientinnen und Patienten das Schilddrüsenhormon Thyroxin, das von der Schilddrüse selbst nicht mehr gebildet werden kann, in Form von Tabletten zu sich nehmen.
Bei unvollständiger (subtotaler) Entfernung kann dies ebenfalls notwendig werden. Ob eine Ersatztherapie mit den Hormonen notwendig ist, wird über eine Blutentnahme nach vier bis sechs Wochen beurteilt. Um eine eventuelle Schädigung der Nebenschilddrüsen auszugleichen, kann es sinnvoll sein, bereits frühzeitig Kalzium- oder Vitamin-D-Präparate einzunehmen.
An die Operation können sich weitere Folgebehandlungen anschließen. Nach der unvollständigen Entfernung einer Struma (Kropf) kann es sinnvoll sein, Jodtabletten einzunehmen. Das kann das erneute Wachstum oder die Entstehung von Knoten verhindern. Wurde Schilddrüsenkrebs entfernt, dann beginnt normalerweise vier bis sechs Wochen später die Radiojodtherapie.
Nach einer Operation der Schilddrüse wegen Erkrankungen wie einem Schilddrüsenkarzinom müssen Nachkontrollen regelmäßig durchgeführt werden. Diese Nachuntersuchungen erfolgen üblicherweise einmal jährlich.
AWMF – S2k-Leitlinie Operative Therapie benigner Schilddrüsenerkrankungen: https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/088-007 (online, letzter Abruf: 05.06.2023)
NCBI, Wien Med Wochenschr., Michael Hermann, Elisabeth Gschwandtner, Max Schneider, Laura Handgriff, Rupert Prommegger – Moderne Schilddrüsenchirurgie – das endokrin-chirurgische Verständnis des Operateurs und seine Verantwortung für Resektionsausmaß und Komplikationsrate: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7653805/ (online, letzter Abruf: 05.06.2023)
Charité, Nada Rayes – Schilddrüsenchirurgie: https://chirurgie.charite.de/fileadmin/user_upload/microsites/m_cc08/chirurgie/chirurgie-virchow/downloads/NRayes_Probevorlesung_Schilddruese_2004-02-02_Text.pdf (online, letzter Abruf: 05.06.2023)
aktualisiert am 11.07.2023