Demenz ist eine Krankheit, die in erster Linie ältere Menschen betrifft. Mediziner haben im Laufe der Zeit verschiedene Risikofaktoren bestimmt, die für die Entstehung der Krankheit als ursächlich angesehen werden. Ein solcher Risikofaktor, den man immer wieder findet, ist ein Schädel-Hirn-Trauma – besonders wenn man dieses im höheren Alter erleidet. Seit langem wird ein Zusammenhang vermutet und angenommen, dass ein Schädel-Hirn-Trauma eine Demenz verursachen kann. Forscher sind dieser Problematik im Rahmen mehrerer Studien nachgegangen und sehen eine klare Verbindung der beiden Krankheiten.
Bei einem Schädel-Hirn-Trauma (SHT) schlägt das weiche Hirngewebe durch einen Stoß oder Schlag auf den Kopf abrupt gegen die harte Schädelwand. Damit kann ein SHT für Prellungen oder sogar gerissene Nervenzellenfortsätze oder Blutungen sorgen. Der Verdacht, dass dadurch die Entstehung von Demenz begünstigt wird, liegt also nahe. Forscher in Helsinki (Finnland) haben die Daten von über 40.000 SHT-Patienten über einen Zeitraum von 28 Jahren ausgewertet. Die Patienten waren zwischen 18 und 65 Jahren alt. Die Forscher konnten anhand eines speziellen Patientenregisters nachverfolgen, ob SHT-Patienten im Laufe ihres späteren Lebens ein Krankenhaus wegen Demenz, Parkinson oder ALS aufgesucht haben. Das Ergebnis der Wissenschaftler zeichnete sich deutlich ab: Etwa 3,5 Prozent aller Patienten, die einmal unter einem mittleren oder schweren Schädel-Hirn-Trauma gelitten haben, erkrankten später an Demenz. Bei Patienten, die ein leichtes SHT (entspricht einer Gehirnerschütterung) hatten, wurde nur in 1,6 Prozent der Fälle eine Demenz diagnostiziert. Eine Tatsache fiel bei der Studie als besonders bemerkenswert auf: Litten die Patienten im Alter von 41 bis 50 Jahren unter einem SHT, so war das Auftreten einer späteren Demenz signifikant häufiger als bei anderen untersuchten Patientengruppen.
Allerdings mussten die Autoren einige Einschränkungen zur Studie einräumen. So verstarben knapp 30 Prozent aller Patienten, bei denen ein moderates oder schweres SHT diagnostiziert wurde, während des Zeitraums der Studie. Außerdem wurden nur die Patienten berücksichtigt, die ein Krankenhaus aufsuchten. Diejenigen, die sich außerhalb einer Klinik behandeln ließen, wurden nicht berücksichtigt. Zusätzlich müssten in weiteren Studien Faktoren wie genetische Zusammenhänge, der Einfluss des Lebensstils und ein Einhergehen mit anderen Krankheiten berücksichtigt werden, um noch aussagekräftigere Ergebnisse zu erhalten.
Eine besondere Form der Demenz ist die Krankheit Alzheimer, die bei rund 60 Prozent aller Demenz-Patienten besteht. Deswegen haben sich Forscher aus den USA mit dem Zusammenhang von Alzheimer und Schädel-Hirn-Traumata befasst. Sie untersuchten das Hirngewebe bei Mäusen, die zuvor unter einem Schädel-Hirn-Trauma gelitten haben. Die Ergebnisse dieser Analysen zeigten eindeutige Gemeinsamkeiten zu den Veränderungen von Hirngewebe, das von Alzheimer-Patienten untersucht worden war. Sowohl bei den Mäusen als auch bei den Alzheimer-Patienten waren verschiedene Transportproteine in den Gehirnen vermindert, während andere Eiweiße deutlich erhöht waren. Die Forscher sehen die Ergebnisse der Studie als einen Anfang einer Entwicklung von Arzneistoffen, mit denen man die Entstehung von Alzheimer womöglich frühzeitig aufhalten könnte.
Ob tatsächlich ein Zusammenhang zwischen dem Auftreten eines Schädel-Hirn-Traumas und der Entstehung von Demenz besteht oder nicht, ist damit noch nicht eindeutig geklärt. Jedoch sprechen die Forschungsergebnisse klar für einen Zusammenhang. Wichtig ist deshalb, dass man jede Verletzung am Gehirn ausreichend auskurieren sollte. Da sich die Zahl der Nervenzellen mit fortschreitendem Alter verringert, ist absehbar, welche weitreichenden Folgen ein SHT im höheren Alter haben kann. Um das Risiko, später an Demenz zu erkranken, gering zu halten, sollte man daher die Empfehlungen des Arztes nach einem SHT ernst nehmen. Bettruhe und Schonung sind äußerst wichtig. Kommt es zu verschiedenen Folgeerkrankungen, sollten diese umgehend behandelt werden. Zusätzlich sind umfangreiche Reha-Maßnahmen nach einem SHT erforderlich. Ohne fremde Hilfe werden Patienten nach einem mittelstarken oder einem schweren SHT nur schwer in den Alltag zurückfinden können. Und ein aktiver und geistig fordernder Lebensstil gilt schließlich als eine der besten Präventionsmaßnahmen gegen Demenz.
aktualisiert am 11.01.2018