Schnell ist es passiert - man hat als Elternteil nur einen kleinen Augenblick nicht aufgepasst und das Kind ist gefallen. Oder bei Aktivitäten oder im Straßenverkehr ist das Kind auf den Kopf gestürzt oder hat einen Schlag abbekommen. Egal ob es sich um einen Sturz vom Wickeltisch handelt oder das Kind beim Raufen in der Schule eine Kopfverletzung erlitten hat – sobald eine Bewusstlosigkeit eintritt oder Auffälligkeiten bemerkt werden, sollte ein Krankenhaus aufgesucht werden oder am besten der Notarzt gerufen werden. Bei den meisten Schädel-Hirn-Traumata im Kindesalter handelt es sich um leichte Gehirnerschütterungen. Dennoch sollten Kopfverletzungen immer ernst genommen werden.
Bei Kindern sind Kopfverletzungen im Verhältnis zu anderen Verletzungen besonders häufig. Insbesondere beim Fallen auf den Kopf aus größerer Höhe (mehr als zwei Meter) oder bei hoher Aufprallgeschwindigkeit kann die Kopfverletzung sehr gefährlich für die Kinder werden.
Schädel-Hirn-Traumata (SHT) werden in drei Grade unterteilt, wobei es sich bei der leichtesten Form um eine Gehirnerschütterung handelt. Ein SHT dritten Grades kann hingegen zu schweren Folgeschäden am Nervensystem führen, sodass die Verletzung umgehend behandelt werden muss.
Um eine Verletzung am Kopf richtig einzuordnen, sollten Eltern oder Beteiligte das Kind eingehend beobachten:
Grundsätzlich sollte sofort ein Arzt aufgesucht werden, wenn der Säugling oder das Kind auch nur für einen Moment das Bewusstsein verloren hat. Es ist möglich, dass das Kind erneut das Bewusstsein verliert oder eine Drucksteigerung im Inneren des Hirns stattfindet. Ein Arzt sollte deswegen unbedingt überprüfen, wie schwer das Schädel-Hirn-Trauma ausgeprägt ist.
Weitere Anzeichen, die für das sofortige Aufsuchen eines Arztes oder einer Klinik sprechen, sind:
Schläft ein betroffenes Kind nach dem Sturz oder Schlag auf den Kopf einschlafen, dann sollten die Eltern es einmal pro Stunde aufwecken – auch in der Nacht. Dies gilt für die ersten sechs Stunden nach dem Ereignis. Die möglichen Anzeichen für schwerwiegende Folgen sollten dann überprüft werden. Nur so lassen sich die Symptome eines mittelschweren oder schweren Schädel-Hirn-Traumas rechtzeitig erkennen, sodass man direkt reagieren kann. Darüber hinaus sollte das Kind die ersten 24 Stunden regelmäßig kontrolliert werden.
Selbst wenn es sich bei den meisten Kopfverletzungen bei Kindern um eher harmlose Leiden handelt, kann sich hinter den Symptomen auch eine Hirnblutung oder eine gefährliche Steigerung des Hirndrucks verbergen. Zur Abschätzung der Schwere eines Schädel-Hirn-Traumas dient die sogenannte Glasgow-Coma-Scale (GCS), welche verschiedene Symptome und Anzeichen heranzieht. Um eine Hirnblutung auszuschließen, wird der Arzt bildgebende Verfahren wie Computertomographie (CT) und MRT nutzen. Für eine Röntgenuntersuchung wird er sich meist nicht entscheiden, weil dadurch lediglich die Knochen dargestellt werden. Auch eine Ultraschall-Untersuchung würde keine ausreichenden Ergebnisse liefern.
Eine Hirnblutung ist extrem gefährlich und kann für Kinder tödlich enden. Es gibt mehrere Arten von Blutungen, die das Gehirn betreffen können. Bei den Blutungen kann es aufgrund des geringeren vorhandenen Raums innerhalb des Schädels von Kindern besonders schnell zu einer Drucksteigerung kommen.
Besonders risikoreich ist die epidurale Blutung, die den Bereich zwischen Schädelknochen und harter Hirnhaut betrifft. Bewusstlosigkeit und ein stechender Schmerz im Kopf sind typisch für eine Epiduralblutung. Schwere Verletzungen des Gehirns bestehen oft zusätzlich. Sollte das Kind unter dieser Blutung leiden, muss es sofort operiert werden und der Schädel eröffnet werden, um den Druck im Inneren der Schädelhöhle zu entlasten. Die Heilungschancen stehen gut, wenn die Blutung rechtzeitig erkannt und behandelt wird.
Häufiger tritt gerade bei Kindern eine akute subdurale Blutung auf, eine Blutung zwischen zwei Schichten der Hirnhäute. Diese hat ähnliche Anzeichen wie die epidurale Blutung. Bei der Subduralblutung kommt es innerhalb kurzer Zeit zur Bewusstlosigkeit und zu ungleich großen Pupillen. Eine Operation mit Eröffnung des Schädels ist ebenfalls notwendig.
Eine Subarachnoidalblutung ist eine Blutung unter den Hirnhäuten, welche zu schweren Kopf- und Nackenschmerzen, zur Bewusstlosigkeit und häufig zu Erbrechen führt. Auch hier ist oft eine OP erforderlich.
Das Kind kann ebenso an einer Blutung leiden, die die Hirnsubstanz betrifft (intrazerebrale Blutung). Hier treten ähnliche Symptome wie bei den anderen Blutungsformen auf wie Bewusstlosigkeit oder Lähmungserscheinungen. Bei dieser Blutung ist ebenfalls eine Operation erforderlich.
Flüssigkeit oder Blut, welches aus Nase oder Ohr austritt, kann für einen Schädelbasisbruch sprechen. Sollten Eltern dieses Symptom bemerken, muss umgehend der Notarzt alarmiert werden. Dieser wird das Kind fachgerecht in das nächste Krankenhaus einliefern und die Symptome richtig einordnen. Sollte das Kind tatsächlich an einem Schädelbasisbruch leiden, wird dieser in den Fällen operiert, wenn die Knochen stark verschoben sind. Auch bei einer Schädigung der Hirnhaut ist eine Operation notwendig. Ansonsten verheilen kleinere Brüche gerade bei kleinen Kindern sehr gut und schnell, weil sich der gesamte Organismus noch im Wachstum befindet. Dennoch kann es sein, dass das Kind zur Beobachtung für ein bis drei Tage in der Klinik bleiben muss. Abhängig ist ein stationärer Aufenthalt vom Alter des Patienten sowie von der Ausprägung der Verletzung.
Kleinere Kinder leiden nach einer Kopfverletzung häufiger an einem Bruch des Schädeldaches. Bei kleineren Kindern und Babys kann es bei einem Schädelbruch vorkommen, dass Hirngewebe oder Flüssigkeit in den Bruchspalt eindringt. Die Verletzung kann dadurch nicht zusammenwachsen. Eine Operation ist unumgänglich.
Das chronische Subduralhämatom ist eine andere Folge, für die ein schweres Schädel-Hirn-Trauma ursächlich ist. Zwar zeigen sich chronische Subduralhämatome vor allem bei älteren Menschen, doch auch im Säuglings- oder Kleinkindalter kann das Leiden auftreten. Die Symptome entwickeln sich im Laufe der Zeit, sodass die Kinder womöglich erst ein halbes Jahr deutliche Anzeichen wie Reizbarkeit, Erbrechen oder Wachstumsstörungen aufweisen. Noch etwas später können Lähmungserscheinungen, Krämpfe oder eine Erweiterung der Pupillen folgen. Dieses chronische Hämatom lässt sich mittels CT aufzeigen und muss in vielen Fällen operiert werden.
Sobald eine äußere Gewalteinwirkung auf den Schädel stattfindet, kann es vorkommen, dass das Rückenmark oder die Wirbelsäule unter der Verletzung leiden. So kann es beispielsweise sein, dass die Halswirbelsäule Veränderungen aufweist, die ärztlich behandelt werden müssen.
Egal ob es sich nur um eine kleine Gehirnerschütterung handelt oder ob die Kinder unter einem mittelschweren SHT leiden – wer in jungen Jahren eine Verletzung am Kopf erleidet, ist erst einmal verunsichert und verängstigt. Die Kinder brauchen die Zuneigung der Eltern, weil die ärztlichen Untersuchungen sowie der stationäre Aufenthalt völlig fremd und neu für sie sind. Sind die Kinder bereits alt genug, kann man versuchen, ihnen die Verletzung zu erklären. Dabei sollten Eltern aber aufpassen, den Kleinen nicht zusätzlich Angst zu machen. Wichtig ist, den Kindern zu vermitteln, dass die Schmerzen ein Ende haben und eine Besserung des Leidens eintritt.
Nach den Unfällen sollte man den Kindern außerdem ausreichend Ruhe gönnen. Selbst wenn nur eine leichte Gehirnerschütterung diagnostiziert worden ist, ist Toben und wildes Spielen mit anderen Kindern tabu. Zudem sollten sich die Kinder nicht zu stark konzentrieren, sodass Lesen oder das Ansehen heller Bildschirme ebenfalls vermieden werden sollten. Im Idealfall ruhen sich die Kinder für einige Zeit im Bett aus. Je nachdem, wie stark das SHT ausgeprägt ist, werden die meisten Kinder innerhalb weniger Tage bis Wochen wieder fit sein.
Langfristige Auswirkungen sind allerdings nicht auszuschließen. So können beispielsweise auch die Symptome einer Gehirnerschütterung über Monate bestehen bleiben, was als postkommotionelles Syndrom bezeichnet wird. Daher ist bei einer Gehirnerschütterung die frühzeitige Behandlung und Einhalten der Ruhe wichtig. Epilepsie kann ebenfalls die Folge eines Schädel-Hirn-Traumas im Kindesalter sein.
aktualisiert am 15.12.2023