Der Ausdruck Ruheschmerz beschreibt Schmerzen, die auch ohne eine körperliche Belastung vorhanden sind. Diese Schmerzen können zum Beispiel bei entzündlichen Erkrankungen der Gelenke (wie Gelenkrheuma) auftreten. Doch nicht nur an Gelenken, sondern auch an anderen Körperteilen können sie vorkommen. Vonseiten der Gefäßmedizin ist Ruheschmerz ein typisches Symptom einer arteriellen Verschlusskrankheit im Bein. Schmerzen in der Brust bei Ruhe können wiederum ein Hinweis auf einen Herzinfarkt sein.
Der Ruheschmerz unterscheidet sich vom Bewegungsschmerz oder Belastungsschmerz. Die Unterscheidung zwischen diesen Erscheinungsformen hilft dabei, verschiedene Erkrankungen voneinander abzugrenzen. Typisch für einen Ruheschmerz sind Beschwerden, die belastungsunabhängig sind, besonders nachts bemerkt werden und oft ständig beziehungsweise dauerhaft bestehen.
Schmerzen in Ruhe können an allen möglichen Körperteilen auftreten. Es handelt sich damit um einen allgemeinen Begriff, der weiter eingegrenzt werden kann.
Ruheschmerzen im Gelenk geben einen Hinweis auf eine entzündliche Erkrankung (Arthritis). Ist hingegen das Gelenk nur von Abbau und Verschleiß betroffen (Arthrose), dann kommt es üblicherweise erst bei Belastung zu Schmerzen, die danach wieder zurückgehen. Ruheschmerz gilt daher als Merkmal, das Gelenkentzündungen von anderen Ursachen von Gelenkschmerz unterscheidet.
Die Gelenkentzündung (Arthritis) entsteht häufig durch eine rheumatische Erkrankung. Eine andere Ursache ist eine bakterielle Infektion des Gelenks, entweder wenn die Erreger über eine Verletzung oder die Umgebung eindringen oder über das Blut eingeschwemmt werden. Durch den Bakterienbefall machen sich am betroffenen Gelenk dann meist akut Symptome wie Rötung, Überwärmung, Schwellung, Bewegungssteife und Schmerzen (auch in Ruhe) bemerkbar. Fieber oder allgemeine Krankheitssymptome kommen häufig vor.
Üblicherweise wird der Begriff Ruheschmerz am Gelenk aber auf Rheuma bezogen. Die Arthritis bei rheumatischen Erkrankungen führt ebenso zu Schwellungen, erwärmtem Gelenkbereich, Bewegungseinschränkung und Ruheschmerzen. Die rheumatische Gelenkentzündung äußert sich charakteristischerweise durch einen Schmerz und Steifigkeit nach längerer Unbeweglichkeit, etwa am Morgen nach der Nachtruhe. Diese Morgensteifigkeit dauert häufig eine Stunde oder länger an. Eine Schmerzhaftigkeit nach der Ruhepause am Anfang der Aktivitäten wird als Anlaufschmerz bezeichnet. Dieser kommt, ebenso wie Steifheit am Morgen, aber auch bei Arthrose (Gelenkverschleiß) vor.
Zu den rheumatischen Erkrankungen, die zu Gelenkentzündungen führen, gehören:
Zwischen den einzelnen Erkrankungen weichen die Symptome voneinander ab. So findet sich bei der rheumatoiden Arthritis häufig ein symmetrischer Befall von Gelenken beider Seiten und oftmals sind Gelenke der Hände und Finger entzündet. Eine Psoriasis-Arthritis etwa führt häufig nur einseitig zu entzündeten Gelenken. Von rheumabedingten Gelenkentzündungen sind, im Gegensatz zu bakteriellen Entzündungen, häufig mehrere Gelenke betroffen. Dies wird als Polyarthritis bezeichnet (die Entzündung nur eines Gelenks nennt sich Monarthritis). Rheumatische Krankheiten können zudem auch andere Organe betreffen oder allgemeine Beschwerden wie leichtes Fieber oder Abgeschlagenheit zur Folge haben.
Eine Arthrose (Gelenkverschleiß) äußert sich hingegen durch Schmerzen, die bei Bewegung und Beanspruchung eintreten. Allerdings kann sich ein Gelenk mit einer Arthrose auch entzünden, was als aktivierte Arthrose bezeichnet wird. Dann kommt es zu Ruheschmerzen wie bei anderen Formen von Gelenkentzündungen. Ein weiteres Symptom bei Arthrose ist die Einschränkung der Bewegung im betroffenen Gelenk.
Ablagerungen durch Arteriosklerose in den Herzkranzgefäßen führen dort zu Verengungen. Der Blutfluss wird beeinträchtigt und die Herzmuskulatur wird unzureichend mit Sauerstoff versorgt. Diese Erkrankung, die koronare Herzkrankheit (KHK) äußert sich durch Symptome wie Schmerzen in der Brust, die in weitere Körperbereiche wie Arm, Schulter, Hals, Rücken oder den oberen Teil des Bauches ziehen können, sowie ein Verengungsgefühl im Brustkorb. Kurzatmigkeit, kalter Schweiß oder Übelkeit sind weitere mögliche Anzeichen. Diese Beschwerden einer KHK werden meist durch Belastungen wie körperliche Bewegung oder Stress ausgelöst. Wenn die Belastung nicht mehr vorhanden ist, gehen sie meist rasch zurück. Dennoch können die Symptome auch bei Ruhe vorkommen.
Derartige Beschwerden und Schmerzen in Ruhe weisen auf eine schwere, gefährliche Erkrankung hin. Die KHK kann einen Herzinfarkt verursachen – eine Gefäßverstopfung, die zu fehlender Versorgung eines Herzbereiches mit Sauerstoff führt. Der Herzinfarkt zeigt ähnliche Symptome, wie sie auch bei einer KHK auftreten. Typisch für den Infarkt sind ausstrahlende Schmerzen im Brustkorb (oft in Form von Ruheschmerz in der Brust), ein Engegefühl, Atemlosigkeit, Übelkeit, Kaltschweißigkeit und oft ausgeprägte Angst. Manche Betroffene, insbesondere Frauen, haben jedoch weniger Schmerzen als vielmehr andere Symptome wie Brustenge oder Übelkeit.
Beim Verdacht auf einen Herzinfarkt muss umgehend ein Notruf abgesetzt werden, damit so rasch wie möglich eine medizinische Behandlung erfolgen kann.
Ruheschmerzen im Bein weisen auf eine arterielle Verschlusskrankheit (pAVK) hin. Sie entsteht auf dem Boden einer Arteriosklerose, bei der sich die Arterien im Bereich von Bein und Becken durch Ablagerungen verengen. Die Durchblutung der Beine wird beeinträchtigt. Seltener tritt eine arterielle Verschlusskrankheit an den Armen auf. Bei einer pAVK an den Beinen wird auch von der Schaufensterkrankheit gesprochen, da Betroffene aufgrund von Schmerzen beim Gehen immer wieder stehenbleiben müssen – oft vor Schaufenstern. Im fortgeschrittenen Stadium (Stadium III) treten die Schmerzen nicht nur nach einer bestimmten Wegstrecke auf, sondern bereits in Ruhe.
Diese Ruheschmerzen in den Beinen sind somit ein Warnsignal einer schweren arteriellen Verschlusskrankheit. Sie äußert sich auch durch weitere Symptome, zu denen kühle, blasse und trockene Haut der Beine und Füße, Haarverlust an den Beinen, stark verhornte Haut unter dem Fuß oder eine verschlechterte Wundheilung gehören. Bei einer pAVK besteht die Gefahr eines Arterienverschlusses oder einer so stark verminderten Durchblutung, dass Teile des Fußes oder Beins absterben oder sogar amputiert werden müssen.
Zu den Behandlungsmöglichkeiten der arteriellen Verschlusskrankheit gehören körperliche Bewegung, Medikamente, Katheterbehandlungen oder Operationen an betroffenen Gefäßen. In einem Stadium, bei dem es zu ausgeprägten Ruheschmerzen kommt, sind meist Operationen oder eine Aufdehnung der Arterie über einen Katheter mit anschließender Einsetzung eines sogenannten Stents erforderlich, der das Gefäß von innen offen hält.
Achillodynie beschreibt Schmerzen an der Achillessehne, die durch eine länger anhaltende, belastungsbedingte Schädigung entstehen. Meist leiden sportlich aktive Menschen daran. Zu den Schmerzen kommt es dann während Belastung, Dehnung oder Druck auf die Achillessehne. Sind die Sehnenschäden stark fortgeschritten, dann kann es zu Schmerzen bereits in Ruhe kommen. Die Therapie besteht in einer Entlastung der Sehne, physiotherapeutischen Übungen, Dehnung, gegebenenfalls Bandagen und Schuheinlagen sowie einer Schmerzbehandlung. In einzelnen Fällen kann eine Operation an der Achillessehne sinnvoll sein.
Das Karpaltunnelsyndrom ist eine Erkrankung aufgrund der Verengung eines Gewebetunnels am Handgelenk, durch die ein Nerv (Nervus medianus) zieht. Die Nerveneinklemmung ruft Kribbeln und Taubheitsgefühl („Einschlafen“ der Finger) und Schmerzen an der Hand hervor. Die Beschwerden zeigen sich anfangs nach Belastungen, später oft auch in Ruhe. Typischerweise tut die Hand nachts und morgens weh beziehungsweise „schläft ein“. Eine Operation zur Erweiterung des Handgelenkstunnels führt meist zur Besserung.
Eine Polyneuropathie beschreibt Nervenschäden in vielen Bereichen des Körpers. Die Nervenschädigung kann zum Beispiel durch Diabetes mellitus entstehen. Brennen, Schmerzen und Taubheitsgefühl oder weitere Missempfindungen gehören zu den Beschwerden einer Polyneuropathie. Häufig zeigen sich die Symptome zuerst an den Füßen und Beinen und werden vor allem in Ruhephasen wie nachts im Bett wahrgenommen. Durch Bewegung bessern sie sich oft. Eine Gefahr besteht darin, dass kleine Verletzungen am Fuß nicht verspürt werden und sich Entzündungen und schwere Schäden unbemerkt entwickeln können (wie beim diabetischen Fußsyndrom). Bei einer Polyneuropathie müssen zum einen die Schmerzen behandelt werden, zum anderen die Ursachen (etwa durch gute Einstellung der Blutzuckerwerte).
Neben den beschriebenen Erkrankungen kann eine Vielzahl weiterer Ursachen zu Schmerzen führen, die bei Ruhe verspürt werden. Die Gründe können von überlasteten Muskeln und Sehnen über allgemeine Störungen bis hin zu speziellen Erkrankungen des jeweiligen Körperteils reichen.
Wenn Ruheschmerzen länger bestehen bleiben, stark oder belastend sind oder auf schwere Erkrankungen hinweisen, sollten sie ärztlich beurteilt werden. Kommen weitere Symptome oder Folgen hinzu wie ein Schlafmangel durch nächtliche Ruheschmerzen, Verletzungen, Gelenkprobleme, psychische Auswirkungen durch die Schmerzen oder Missempfindungen in den Armen und Beinen, erfordert dies eine baldige Abklärung. In einigen Fällen wie etwa beim Verdacht auf einen Herzinfarkt mit Brustschmerzen in Ruhe, Brustenge, starker Ängstlichkeit und Atemnot kann es erforderlich sein, einen Notarzt zu rufen.
Der Arzt lässt sich die Schmerzen, deren zeitliches Auftreten sowie die weiteren möglichen Symptome genau beschreiben und fragt nach möglichen Ursachen (Anamnese). Ausgehend von dem Gespräch und dem körperlichen Untersuchungsbefund veranlasst er weitere diagnostische Methoden. Dies können je nach dem Ort, an dem die Ruheschmerzen lokalisiert sind, zum Beispiel Röntgen, Ultraschall und andere bildgebende Verfahren, eine Blutuntersuchung, ein EKG oder neurologische Tests sein.
Wichtig für Betroffene ist es, auf die Warnsignale des Körpers zu hören und die Schmerzen sowie deren Ursache richtig behandeln zu lassen. Was sich ansonsten gegen die Ruheschmerzen tun lässt, richtet sich nach der jeweiligen Erkrankung. Im Allgemeinen hat körperliche Bewegung in einem gesunden Ausmaß einen vorbeugenden Effekt gegenüber schmerzhaften Erkrankungen. Jedoch sollten sich Betroffene keineswegs überlasten. Außerdem trägt eine ausgewogene Ernährung zur Reduzierung und Vorbeugung der Schmerzen bei.
medizin kompakt – Symptome (Leitbilder) - Ruheschmerz: https://www.medizin-kompakt.de/ruheschmerz (online, letzter Abruf: 01.07.2021)
apotheken.de, Dr. rer. nat. Katharina Munk; Dr. med. Arne Schäffler – Was sind rheumatische Erkrankungen: https://www.apotheken.de/krankheiten/hintergrundwissen/4531-was-sind-rheumatische-erkrankungen (online, letzter Abruf: 01.07.2021)
Amboss – Hyperurikämie und Gicht: https://www.amboss.com/de/wissen/Hyperurik%C3%A4mie_und_Gicht (online, letzter Abruf: 01.07.2021)
AWMF online – Patientenleitlinie zur Nationalen VersorgungsLeitlinie Chronische KHK: https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/nvl-004 (online, letzter Abruf: 01.07.2021)
Deutsche Herzstiftung – Symptome der koronaren Herzkrankheit (KHK): https://www.herzstiftung.de/infos-zu-herzerkrankungen/koronare-herzkrankheit/symptome (online, letzter Abruf: 01.07.2021)
Mayo Clinic – Claudication: https://www.mayoclinic.org/diseases-conditions/claudication/symptoms-causes/syc-20370952 (online, letzter Abruf: 01.07.2021)
Deutsche Gesellschaft für Angiologie -
Gesellschaft für Gefäßmedizin e.V. (DGA) – Wenn die Gefäße eng werden: PAVK: https://www.dga-gefaessmedizin.de/patienten/arterielle-erkrankungen/pavk.html (online, letzter Abruf: 01.07.2021)
ÄrzteZeitung, Dr. Thomas Meißner – Skelett- & Weichteilkrankheiten - Achillodynie - da ist Sportpause angesagt: https://www.aerztezeitung.de/Medizin/Achillodynie-da-ist-Sportpause-angesagt-285760.html (online, letzter Abruf: 01.07.2021)
Neurologen und Psychiater im Netz – Nervenschmerzen in beiden Füßen deuten auf Polyneuropathie hin: https://www.neurologen-und-psychiater-im-netz.org/neurologie/ratgeber-archiv/meldungen/article/nervenschmerzen-in-beiden-fuessen-deuten-auf-polyneuropathie-hin/ (online, letzter Abruf: 01.07.2021)
aktualisiert am 01.07.2021