Bei einem Riss einer der Sehnen des Bizepsmuskels (Bizepssehnenruptur) ist eine Behandlung erforderlich. Der Bizeps weist drei verschiedene Sehnen auf, die alle reißen können. Am häufigsten kann dies bei der langen Bizepssehne der Schulter geschehen. Sie ist zu 95 Prozent der Fälle betroffen. In der Regel ist nach dem Riss die Kraftausübung vermindert. In bestimmten Fällen ist bei dem Sehnenriss eine Operation angezeigt, um die Kraft im Arm wiederherzustellen. Manchmal ist aber auch eine konservative Behandlung (nichtchirurgische Therapie) genügend.
Der Bizeps ist ein Muskel am vorderen Bereich des Oberarms. Der Muskel ist unter anderem für die Hebung des Arms und die Beugung des Unterarms zuständig. Der Bizeps besitzt zwei Sehnen an der Schulter und eine Sehne im Bereich der Ellenbeuge, die mit den Knochen des Unterarms verbunden ist. Muskel und Sehnen müssen einen großen Teil der Kraft im Arm aushalten. Daher können sie stark beansprucht werden. Am häufigsten ist die lange Bizepssehne der Schulter gerissen, aber auch die körperferne Bizepssehne und die kurze Bizepssehne der Schulter können durchtrennt werden.
Ein Bizepssehnenriss tritt häufig im Alter zwischen 40 und 60 Jahren auf. Meistens liegt eine Vorgeschichte mit Schulterproblemen vor. Ein Bizepssehnenriss kann aber auch jüngere Menschen betreffen. Ursache ist eine mechanische Überbelastung oder ein Trauma (Verletzung). Ein Bizepssehnenriss kann beispielsweise bei einigen heftigen Bewegungen beim Sport (Gewichtheben) oder beim Fangen eines Objektes mit hohem Gewicht auftreten. Auch ein Sturz auf einen ausgestreckten Arm kann zu einem Riss der Bizepssehne führen. Bei Sportlern oder Schwerarbeiter reißt oft auch die distale Bizepssehne, also die Sehne, die den Bizeps mit dem Ellbogen vereint. Eine vorangegangene Abnutzung der Sehne kann einen Riss fördern. Oftmals bestand aber keine Vorschädigung.
Bei einem Bizepssehnenriss kommt es zu Schmerzen, diese sind allerdings meist weniger stark. Bei einem Riss der langen Sehne am Schultergelenk ist eine Vorwölbung oberhalb der Ellenbeuge, die durch den herabgerutschten Muskel entsteht, sichtbar. Bei einem Riss der körperfernen Sehne des Bizeps ist ein ähnlicher Muskelwulst am oberen Bereich des Oberarms zu sehen. Allen Bizepssehnenrissen ist gemeinsam, dass eine Kraftminderung des Arms, insbesondere bei der Beugung des Unterarms, auftritt. Begleitend können Erscheinungen wie Schwellung und Bluterguss vorkommen.
Gelegentlich ist nicht nur der Bizeps beziehungsweise dessen Sehne von einer Verletzung betroffen. Sie kann auch weitere Muskeln, Sehnen, Bänder, Knochen, Gelenke mit einbeziehen, wenn eine entsprechende Belastung eingewirkt hat.
Nach einer Befragung des Patienten (Anamnese) erfolgt die körperliche Untersuchung insbesondere des betroffenen Arms. Oftmals ist dadurch bereits die Diagnose zu stellen. Eine Ultraschalluntersuchung wird durchgeführt, durch die eine Vorwölbung des Muskels gut dargestellt werden kann. Weiterhin kann ein Röntgen durchgeführt werden, um eine eventuelle Knochenbeteiligung sehen zu können. In Zweifelsfällen kann eine Kernspinuntersuchung (Magnetresonanztomographie, MRT) aufschlussreich sein.
Anhand der Symptome und der Untersuchungsergebnisse ist meist eine eindeutige Diagnose des jeweiligen Risses (Bizepssehnenruptur) möglich. Ausgeschlossen werden muss eine Beteiligung weiterer Strukturen, z. B. der so genannten Rotatorenmanschette (eine Muskelgruppe im Schulterbereich) und von Knochenanteilen (Frakturen).
Um eine Ausheilung der Sehne in einer annähernd regelrechten Lage zu ermöglichen, kommen verschiedene Behandlungsmethoden zum Einsatz. Bei einem nur gering auseinanderklaffenden Riss oder bei höherem Lebensalter des Patienten kann bisweilen eine nichtoperative Therapie durchgeführt werden. Selbst wenn die Sehne nicht wieder zusammenheilt, sind im Prinzip alle Bewegungen des Arms möglich, weil andere Muskeln und die weiteren Sehnen die Funktion übernehmen. Allerdings muss mit einer Kraftminderung gerechnet werden. Bei jungen, aktiven Menschen empfiehlt sich oft eher eine Operation.
Bei einem Riss einer der Bizepssehnen, die am Schulterblatt entspringen, wird zur konservativen Therapie der Arm für mehrere Wochen geschont. Krankengymnastik ist notwendig, um die Beweglichkeit und Kraft zu erhalten und zu fördern.
Ist die körperferne Bizepssehne gerissen, so kann es in wenigen Fällen genügen, den Arm mit einer Beugung des Ellenbogens für mehrere Wochen ruhig zu stellen.
Bei vielen Bizepssehnenrissen ist eine operative Behandlung notwendig, insbesondere wenn die Bizepssehne des Ellenbogengelenks betroffen ist. Zur Operation der Bizepssehne erfolgt eine oft eine Vollnarkose. Bisweilen kann auch eine regionale Betäubung durch die Armplexusanästhesie vorgenommen werden, bei der eine Betäubung am Nervengeflecht des Arms erfolgt.
Bei einer Ruptur (Riss) einer körpernahen Bizepssehne legt der Operateur an der Vorderseite der Schulter einen Schnitt an, über den die Sehne freipräpariert wird. Nun kann sie je nach dem Ort der Verletzung entweder mit der anderen körpernahen Sehne vernäht werden, oder das am Muskel hängende Ende wird im oberen Bereich des Oberarmknochens über eine Knochenbohrung fixiert. Manchmal kann das Sehnenende auch am Schulterblatt befestigt werden, was jedoch meist nicht in Frage kommt, weil die Restsehne nicht lang genug ist.
Selten kann es zusätzlich erforderlich sein, den Rest der Sehne, der noch am Schulterblatt hängt, über eine Gelenkspiegelung (Arthroskopie) aus dem Körper zu holen.
Bei einer Ruptur der körperfernen Bizepssehne wird die Haut in der Ellenbeuge eingeschnitten und die gerissene Sehne freigelegt. Da in diesem Bereich viele Nerven, Sehnen und Gefäße verlaufen, ist ein vorsichtiges Vorgehen durch den Operateur notwendig. Der am Muskel hängende Sehnenanteil wird an der Speiche (Unterarmknochen) fixiert. Dies geschieht über eine Bohrung oder über spezielle Haken aus Metall.
Im Anschluss an die jeweiligen Maßnahmen wird oftmals ein Drainageschlauch in das Gewebe eingeführt, um Wundflüssigkeit aufzunehmen. Die Drainage kann nach einigen Tagen herausgezogen werden.
Komplikationen und unerwartete Befunde können es in seltenen Fällen notwendig machen, das Operationsverfahren abzuändern oder zu erweitern.
Durch eine Operation des Bizepssehnenrisses können Strukturen in der Nähe verletzt werden. Es kann zu Blutungen, Nachblutungen und Blutergüssen kommen. Bei einer Nervenverletzung kann es zu Sensibilitätsstörungen und Lähmungserscheinungen kommen. Es kann zu Infektionen, Wundheilungsstörungen und überschießender Narbenbildung kommen.
Sowohl durch die nichtoperative Therapie als auch durch die Operation beziehungsweise Nachbehandlung können verschiedene weitere Probleme verursacht werden. Durch den Druck im Verband können Schäden an Nerven und Gefäßen entstehen. Knochen und Muskeln können durch die Bewegungseinschränkung schwächer werden. Auch ist es nicht ausgeschlossen, dass es zum so genannten Sudeck-Syndrom kommt, bei dem der Knochen stark abgebaut wird und sich eine schmerzhafte Entzündung ergibt. Eine Verminderung der Beweglichkeit kann beispielsweise durch Weichteilverkalkungen verursacht werden. Allergische Reaktionen jeglichen Schweregrades können auftreten.
Hinweis: Dieser Abschnitt kann nur einen kurzen Abriss über die gängigsten Risiken, Nebenwirkungen und Komplikationen geben und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Das Gespräch mit dem Arzt kann hierdurch nicht ersetzt werden.
Die Bizepssehnen am Schultergelenk lassen sich normalerweise durch eine Operation gut behandeln, es bleibt aber in der Regel eine leichte Krafteinschränkung des Arms vorhanden. Ohne Operation zeigen sich oft etwas größere Einbußen der Kraftausübung. Doch die normale Bewegung des Arms lässt sich meistens wieder ausüben. Das Alltagsleben ist im Normalfall später nicht beeinträchtigt.
Die Sehne des Bizeps am Ellenbogengelenk kann in den meisten Fällen wieder so befestigt werden, dass später keine Funktionseinschränkung mehr bestehen bleibt.
Ein Operationserfolg kann dennoch nicht in allen Fällen von Bizepsrissen garantiert werden.
Möglicherweise müssen Medikamente, die die Blutgerinnung hemmen, beispielsweise Marcumar® oder Aspirin®, vor einer Operation abgesetzt werden. Dies geschieht immer in Absprache mit dem Arzt.
Falls eine Operation unter ambulanten Bedingungen erfolgt, so sollte der Patient für 24 Stunden kein Auto mehr selbst fahren und keine Maschinen bedienen. Daher sollte er sich abholen lassen. Ebenfalls sollten bedeutsame Entscheidungen vertagt werden.
Ergeben sich stärkere Schmerzen, so können durch den Arzt Schmerzmedikamente gegeben werden.
Nach der Operation an einer körpernahen Sehne ist eine Ruhigstellung für einige Tage, nach einem Eingriff an der körperfernen Sehne des Bizeps eine Ruhigstellung von mehreren Wochen notwendig. Die Gelenke, die nicht an der Verletzung beteiligt sind, sollen viel bewegt werden. Speziell angepasste Krankengymnastik ist sinnvoll. Sport und andere Aktivitäten mit Belastungseinwirkung auf den Arm sollten erst dann ausgeübt werden, wenn der Arzt keine besondere Gefährdung mehr darin sieht.
Regelmäßige Kontrolluntersuchungen sollten gewissenhaft eingehalten werden.
Bei Besonderheiten, die auf Komplikationen hindeuten könnten, sollte der Arzt kontaktiert werden, um eine eventuell notwendige Behandlung durchführen zu können.
aktualisiert am 28.10.2019