Erythema infectiosum (synonym: Ringelröteln), verursacht durch das humane Parvovirus B19 (B19), ist durch ein Exanthem (Hautausschlag), grippale Symptomatik, Polyarthralgien (Gelenkschmerzen) bzw. Polyarthritis und/oder Lymphadenopathie (Lymphknotenschwellungen) charakterisiert.
Die Morphologie des Exanthems (Hautausschlag) reicht von typisch girlandenförmig oder retikulär bis zu eher rubelliformer oder morbilliformer Konfiguration. Der Gelenkbefall ist symmetrisch und betrifft insbesondere die kleinen Gelenke.
Besondere Bedeutung hat dieses Virus in der Schwangerschaft, da es in Folge einer diaplazentaren Übertragung zum Hydrops fetalis (generalisierte Flüssigkeitsansammlung beim ungeborenen Kind) mit resultierendem intrauterinen Fruchttod kommen kann. Nach der Infektion der Schwangeren kommt es in 5 bis 10 Prozent der Fälle zu fetalen Komplikationen, die unterschiedlich schwer ausgeprägt sein können. Die Latenzzeit zwischen der mütterlichen Infektion und dem Auftreten der fetalen Komplikationen kann bis zu 18 Wochen betragen. In den meisten Fällen kommt es jedoch bereits innerhalb der ersten 4 Wochen nach den mütterlichen Infektion zu den Auffälligkeiten des Fötus.
Die B19-Infektion kann in jedem Gestationsalter (Gestation = Schwangerschaft) zu fetalen Komplikationen führen. Besonders gefährdet sind Feten zwischem der 20. und 28. Schwangerschaftswoche.
Als Folge der virusbedingten Zytolyse der fetalen Erythroblasten resultiert eine unterschiedlich ausgeprägte Anämie. Dies wiederum bedingt einen generalisierten Hydrops mit Aszites (Bauchwassersucht) , Perikarditis (Herzbeutelentzündung), Pleuritis und Hautödem, die sich durch Ultraschalluntersuchung darstellen lassen.
Nach Schätzungen kommt es in Deutschland jährlich zu 300 bis 500 Fällen von B19 verursachten Aborten (Schwangerschaftsabbrüchen).
Bei der Behandlung des B19-assoziierten Hydrops fetalis hat sich die intrauterine Transfusion als Behandlungskonzept durchgesetzt. Spätschäden nach einer in utero erfolgten B19-Infektion bzw. nach durchgeführter intrauteriner Transfusion sind bis dato nicht bekannt. Bei Patienten, die aufgrund einer anderen Erkrankung eine verkürzte Erythrozytenüberlebenszeit (zum Beispiel Sichelzellanämie, Thalassämie, Sphärozytose) haben oder an knochenmarksproliferativen Prozessen leiden, kann B19 eine aplastische Krise (Erliegen der Blutbidlung) verursachen. Ursache hierfür ist eine lytische (auflösende) Infektion in den erythroiden Vorläuferzellen, die Zielzellen dieses Virus sind.
Weitere Manifestationen der akuten B19-Infektion sind eine vaskuläre Purpura (kleinfleckige Blutungen), das "Glove-and Socks"-Syndrom, Myokarditis (Herzmuskelentzündung), Enzephalitis, Meningitis (Hirnhautentzündung) und Hepatitis (Leberentzündung).
Die B19-Infektion ist weltweit verbreitet und zeigt eine altersabhängige Zunahme der Prävalenz (Krankheitshäufigkeit). Reinfektionen sind selten. Chronische B19-Infektionen werden bei Patienten mit hereditären (genetisch bedingten) oder erworbenen Immunmangelerkrankungen beobachtet.
Am häufigsten wird B19 durch die Tröpfcheninfektion übertragen. Infektionen durch Blutprodukte sind möglich. Die Inkubationszeit (Zeit zwischen Infektion und Ausbruch der Krankheit) beträgt 7 bis 12 Tage.
Die Sicherung der Diagnose einer akuten B19-Infektion bzw. einer früher durchgemachten Infektion erfolgt serologisch durch den Nachweis von B19spezifischen Antikörpern der IgM- und IgG-Klasse. Die Abklärung einer chronischen B19-Infektion ist nur durch den Nachweis von genomischer B19DNA mittels der Nukleinsäureamplifikationstests möglich.
Das Erythema infectiosum (Ringelröteln) benötigt in der Regel keine Therapie. In manchen Fällen kann eine Fiebersenkung notwendig sein. Bei Juckreiz empfiehlt sich die topische Anwendung von Zinklotio. Eine B19-assoziierte aplastischen Krise bedarf in vielen Fällen, in Abhängigkeit des klinischen Zustandes, der Transfusionen von Erythrozyten-Konzentraten. Bei chronischer B19-Infektion wurde wiederholt über einen guten klinischen Erfolg nach Verabreichung von intravenösem Immunglobulin berichtet.
Letzte Aktualisierung am 02.12.2022.