Unter dem Sammelbegriff Rheuma werden über 100 unterschiedliche Krankheitsbilder zusammengefasst, die durch Entzündungen oder Stoffwechselstörungen hervorgerufen werden. Betroffen ist in erster Linie das Bewegungssystem, insbesondere die Gelenke. Die rheumatoide Arthritis oder chronische Polyarthritis ist die häufigste Form der chronischen Gelenksentzündung und tritt vor allem bei älteren Personen in Erscheinung. Die rheumatische Arthritis ist nicht zu verwechseln mit anderen Formen von Rheumaerkrankungen. Beispielsweise ist ein rheumatisches Fieber trotz des ähnlichen Namens eine ganz andere Erkrankung, die als Reaktion auf eine Infektionskrankheit häufiger bei Kindern und Jugendlichen entsteht und neben der Gelenkentzündung oft Folgen an anderen Organen bis hin zu gefährlichen Herzschäden haben kann. Jedoch können selten auch Kinder von der rheumatoiden Arthritis betroffen sein.
Zwischen 0,5 und 1 Prozent der Weltbevölkerung leiden unter dieser Form der Gelenkentzündung. Frauen sind von der rheumatoiden Arthritis doppelt bis dreimal so häufig betroffen wie Männer. In Deutschland wird die Zahl der Erkrankten auf etwa 800.000 geschätzt. An der chronischen Polyarthritis können Menschen jeden Alters erkranken, allerdings tritt in höherem Alter eine Konzentration der Erkrankungen auf. Bei Männern kommt die Krankheit häufig zwischen dem 65. und 75. Lebensjahr vor. Frauen sind besonders häufig im Alter zwischen 55 und 64 betroffen.
Hat die rheumatoide Arthritis ihren Anfang genommen, können mit modernen Untersuchungsmethoden bereits nach wenigen Wochen erste Veränderungen an den Gelenken festgestellt werden. Dabei kommen bildgebende Verfahren wie die Kernspin-Tomographie (MRT) zum Einsatz. Die Krankheit verläuft oft schleichend, kann sich aber auch plötzlich mit Schmerzen in den kleinen Gelenken der Finger oder Zehen bemerkbar machen. Neben den Fingern und Zehen können auch die Gelenke der Hände, Knie, Schultern, Füße und der Hüfte betroffen sein. Lediglich die Endgelenke der Finger und Zehen werden nicht in Mitleidenschaft gezogen.
Diese Gelenke sind gefährdet:
Typisch ist das schubweise Voranschreiten der Krankheit. Ein Schub dauert meist zwischen einigen Wochen und wenigen Monaten. Zwischen den Krankheitsschüben lassen die Beschwerden nach.
Die rheumatoide Arthritis verursacht in erster Linie Beschwerden an den Gelenken. Häufig schwellen die betroffenen Gelenke an und sind überwärmt. Es kann zu regelrechten Deformationen der Gliedmaßen kommen. Auch eine Rotfärbung der Haut kann auftreten. Meist sind die Symptome am Morgen besonders deutlich ausgeprägt. Dann ist von der symptomatischen Morgensteife die Rede. Mit dem Voranschreiten der Krankheit werden immer mehr Gelenke geschädigt.
Weiterhin treten bei einem Teil der Patienten Rheumaknoten auf, derbe auffällige Knoten meist unter der Haut, manchmal auch in Organen wie der Lunge. Zudem können manchmal weitere Schäden und Entzündungen an verschiedenen Organen auftreten, darunter das Herz (Perikarditis, Myokarditis, Klappenveränderungen), die Lunge, das Nervensystem (Polyneuropathie), die Augen, die Leber und die Nieren.
Trotz intensiver Forschungsarbeit in der Vergangenheit liegen die Ursachen für die chronische Polyarthritis nach wie vor weitgehend im Unbekannten. Als wahrscheinlich gilt eine Autoimmunreaktion des Körpers, bei der die Gelenkknorpel vom Immunsystem angegriffen werden. In der Vergangenheit wurden auch psychosomatische Einflüsse (körperliche Symptome im Zusammenhang mit psychischen Prozessen) als Verursacher in Erwägung gezogen.
Ein wissenschaftlicher Ansatz geht davon aus, dass der Ausbruch der Krankheit an bestimmte Viren oder Bakterien gekoppelt ist. Auch ein Zusammenhang zwischen chronischer Polyarthritis und der Erkrankung an Parodontitis wird diskutiert. Ein genetischer Einfluss gilt als nachgewiesen.
Die rheumatoide Arthritis gehört zu den Krankheiten, die bis heute nicht heilbar sind. Allerdings lässt sich ihr Verlauf durch eine möglichst frühzeitige Therapie meist positiv beeinflussen. Im Idealfall sollte spätestens drei Monate nach Krankheitsbeginn mit der Therapie begonnen werden. Grundlage hierfür ist eine sichere Diagnostik, die sich auf drei Säulen stützt.
Im Blut wird neben anderen Tests nach sogenannten Rheumafaktoren oder RF-Antikörpern gesucht. Die Blutsenkungsgeschwindigkeit kann als ein Test auf entzündliche Vorgänge ebenfalls Hinweise auf die Gelenkerkrankung geben. Sogenannte ACPA-Testsysteme liefern weitere Informationen zu charakteristischen Antikörpern, die am Gelenkrheuma beteiligt sind.
Um Schäden am Knochenskelett festzustellen, werden sowohl Röntgen- als auch tomographische Untersuchungen (CT, MRT) eingesetzt. Ein weiteres Verfahren ist die Weichteil- und Knochen-Szintigrafie. Mit ihrer Hilfe wird das Verteilungsmuster der Entzündungsaktivität dargestellt.
Schmerzende und geschwollene Gelenke werden lokalisiert und gezählt. Dabei hat die Selbsteinschätzung des Patienten eine wichtige Bedeutung.
Über verschiedene Diagnosekriterien muss eine Abgrenzung zu anderen rheumatischen Erkrankungen erfolgen (Differenzialdiagnose). Die anderen Erkrankungen können ein ähnliches Bild mit Gelenkentzündungen und weiteren Beschwerden des Körpers aufweisen. Einige der von der rheumatoiden Arthritis zu unterscheidenden Krankheiten sind:
Moderne Ansätze der Rheumatherapie basieren auf der Kombination unterschiedlicher Methoden. Die Behandlung der rheumatoiden Arthritis wird individuell auf die Situation jedes einzelnen Patienten abgestimmt. Die Rheuma-Medikamente werden in vier Gruppen eingeteilt:
Um auch schwere und schwerste Gelenksveränderungen zu behandeln, hat sich die Rheumachirurgie als Zweig der Orthopädie herausgebildet. Eine deutliche Besserung der Beschwerden kann häufig durch die komplette oder teilweise Entfernung der Gelenkkapsel-Schleimhaut erreicht werden. Stark zerstörte Gelenke müssen unter Umständen ganz und ersatzlos entfernt werden. Bei der Gelenksversteifung wird das erkrankte Gelenk entfernt und die beiden aufeinander zulaufenden Knochenstümpfe unbeweglich miteinander verbunden. Der teilweise Ersatz von Gelenken durch körpereigene oder künstliche Materialien ist ebenfalls möglich. Der komplette Ersatz durch ein künstliches Gelenk wird, ebenso wie bei anderen Formen der Arthrose, so lange wie möglich vermieden – die Gelenkprothese kommt erst dann zum Einsatz, wenn alle anderen Therapiemöglichkeiten ausgeschöpft sind.
aktualisiert am 18.03.2020