Die rheumatische Endokarditis ist eine Entzündung der Herzinnenhaut. Sie ist eine typische Begleiterscheinung des rheumatischen Fiebers, die schwerwiegende Folgen haben kann. Insbesondere an den Herzklappen entwickeln sich Veränderungen.
Die rheumatische Endokarditis stellt das letzte schwerwiegende Glied in einer Kette von Erkrankungen dar, die mit einer Entzündung der oberen Atemwege ihren Anfang nimmt. Bakterien der Gattung Streptococcus können verschiedene Infekte hervorrufen, die meist mit hohem Fieber verbunden sind. Streptokokken-Infektionen betreffen häufig den Hals-, Nasen- oder Rachenraum. Sie äußern sich in Form einer Angina oder eines Scharlachs, aber auch eine Mittelohrentzündung ist neben weiteren Infektionen möglich.
Der Körper reagiert auf die massenhafte Vermehrung der Bakterien mit einer Abwehrreaktion. Er bildet Antikörper, die sich an der Oberfläche der Bakterien anhaften. Auf diese Weise markiert, stellen die Streptokokken ein leichtes Ziel für das menschliche Immunsystem dar. Der Körper bekämpft die Bakterien so lange, bis sie ganz oder zumindest größtenteils abgestorben sind und die Krankheitssymptome wieder abklingen.
Aber auch danach wird die Antikörper-Produktion aufrecht erhalten. Nach einer beschwerdefreien Zeit, die normalerweise zwischen ein und vier Wochen andauert, kann es zu einer Folgeerkrankung kommen, die sich auf verschiedene Bereiche des Körpers erstrecken kann. Die Oberflächenstruktur der Bakterien ähnelt körpereigenem Zellgewebe in den Gelenken, den Nerven, dem Gehirn, der Haut und dem Herzen. Ist das Immunsystem nicht in der Lage, das menschliche Zellgewebe von den Bakterien sicher zu unterscheiden, kann es seine Abwehrreaktion gegen die Zellen des eigenen Körpers richten (Autoimmunreaktion). Es kommt im Rahmen dieser Kreuzreaktion zu einem rheumatischen Fieber, das von einer Entzündung des Herzens begleitet werden kann.
Damit läuft die Entstehung der rheumatischen Endokarditis folgendermaßen ab:
Die meisten Symptome des rheumatischen Fiebers klingen bei entsprechender Behandlung nach etwa zwei bis drei Monaten vollständig wieder ab. Ist allerdings das Herz betroffen, kann es zu langwierigen, teils lebensbedrohlichen Folgeerkrankungen kommen.
Wenn sich die Autoimmunreaktion des Körpers gegen das Gewebe des eigenen Herzens richtet, können die Herzklappen ernsthaft geschädigt werden. Es kann zur Verdickung und Deformation der Klappen kommen. Durch eine aufgeraute Oberfläche kann es zudem zur Anhaftung von Bestandteilen des Blutes kommen. Die Blutbestandteile können vom Bindegewebe der Herzklappe dauerhaft gebunden werden und die Verdickung noch verstärken. Auch eine Versteifung der Herzklappen ist möglich. Ihre volle Funktionsfähigkeit ist dann nicht mehr gegeben und ein Herzklappenfehler die Folge. Darüber hinaus kann sich die Entzündung auf den Herzmuskel und den Herzbeutel ausdehnen.
Die rheumatische Endokarditis ist eine typische Folgeerkrankung einer Streptokokken-Infektion. Aus diesem Grund werden im Rahmen der Diagnose Anzeichen der Infektion mit den auslösenden Bakterien gesucht. Mithilfe einer Blutuntersuchung können Hinweise auf eine Entzündung wie die Beschleunigung der Blutkörperchen-Senkungsgeschwindigkeit, eine erhöhte Konzentration eines bestimmten Proteins und eine erhöhte Anzahl an weißen Blutkörperchen nachgewiesen werden. Ein weiterer indirekter Nachweis geschieht anhand von im Blut vorhandenen Antikörpern, die während der Bekämpfung des rheumatischen Fiebers vom Körper gebildet werden. Der direkte Nachweis der Bakterien mittels Abstrich von der Rachenschleimhaut ist ebenfalls möglich. Aufgrund des langen Zeitintervalls zwischen der ursächlichen Entzündung und dem Auftreten der rheumatischen Endokarditis schließt ein negativer Befund des Abstrichs das rheumatische Fieber nicht aus. Zudem finden sich bei etwa zehn Prozent aller gesunden Menschen ebenfalls Streptokokken-Bakterien im Rachenraum.
Deuten diese Laboruntersuchungen auf ein rheumatisches Fieber hin, muss das Herz genauer unter die Lupe genommen werden. Abnorme Herzgeräusche sind typisch für die rheumatische Endokarditis. Ist der Herzmuskel beteiligt, kann es zu einer Herzschwäche kommen, die ebenfalls charakteristische Geräusche verursacht. Diese kann der Arzt über das Stethoskop hören. Die Herzschwäche (Herzinsuffizienz) führt zudem zu einer herabgesetzten Belastbarkeit, Atemnot und Ermüdungszuständen. Weitere Symptome der Endokarditis können Schmerzen in der Herzgegend oder Herzrhythmusstörungen sein. Erkannt werden kann ein Herzklappenfehler oder eine Schädigung des Herzmuskels im Rahmen einer Ultraschalluntersuchung.
Die Therapie des rheumatischen Fiebers ist in den meisten Fällen erfolgreich nach zwei bis drei Monaten abgeschlossen. In der akuten Phase eines rheumatischen Fiebers mit Herzentzündung wird auf dreierlei Art therapiert:
Mit der Behandlung der akuten Symptome ist die Therapie aber noch nicht zu Ende. Um ein Wiederkehren der gefährlichen rheumatischen Endokarditis und eine weitere Schädigung der Herzklappen zu vermeiden, wird vorsorglich über einen längeren Zeitraum hinweg Penicillin verabreicht. Die Behandlung wird über mehrere Jahre oder sogar Jahrzehnte fortgeführt. In schweren Fällen wird lebenslang behandelt. Das Penicillin wird zumeist nicht in Tablettenform, sondern als monatliche Spritze mit Depotwirkung (langsame Abgabe des Wirkstoffs aus einem Depot im Muskel) verabreicht.
Haben sich schwere Veränderungen an den Herzklappen entwickelt, kommt zudem eine Operation zum Herzklappenersatz in Betracht.
aktualisiert am 02.03.2021