Rheuma ist ein Überbegriff, unter dem die Erkrankungen des sogenannten rheumatischen Formenkreises zusammengefasst werden. Es gibt ungefähr 400 verschiedene rheumatische Erkrankungen, diese lassen sich nur schwer verallgemeinern, denn es gibt teils riesige Unterschiede, oft aber auch Parallelen. Unter diesen Erkrankungen finden sich einige sehr schwerwiegende Störungen, die sogar die Lebenserwartung deutlich herabsetzen können. In jedem Fall können bei Rheuma Schmerzen entstehen, die als reißend, ziehend oder - wie die ursprüngliche Bedeutung des Wortes Rheuma im Griechischen besagt - als "fließend" beschrieben werden können.
Zu den häufigsten Erkrankungen gehört die Rheumatoide Arthritis. Wenn von Rheuma gesprochen wird, dann ist meisten diese Erkrankung gemeint.
Im Allgemeinen handelt es sich bei rheumatischen Erkrankungen um Störungen, die das Bindegewebe betreffen. Viele Rheumaerkrankungen finden sich daher an den Anteilen des Bewegungssystems und Stützsystems des Menschen. Knochen und Gelenke können ebenso betroffen sein wie Bänder, Sehnen oder Muskeln. Doch auch ganz andere Organe sind oftmals in das Krankheitsgeschehen mit einbezogen. In der Regel handelt es sich um eine Art Entzündung. Nicht zum Rheuma gehören hingegen Verletzungsfolgen oder Tumorerkrankungen. Rheuma in seinen unterschiedlichen Formen kann Menschen in allen Altersklassen betreffen, auch bei Kindern können teils bedrohliche zugehörige Erkrankungen auftreten.
Der Spezialist beziehungsweise Arzt für rheumatische Erkrankungen ist der Rheumatologe. Die Rheumatologie gehört im Wesentlichen zur Inneren Medizin, aber es gibt auch in der Orthopädie, Chirurgie und der Kinderheilkunde (Pädiatrie) Rheumatologen.
Die vielen rheumatischen Erkrankungen haben dementsprechend vielfältige Ursachen. Nach den Ursachen lassen sich die Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises aber in einige Gruppen einteilen.
Viele der Rheumaerkrankungen sind Autoimmunerkrankungen, das sind Störungen, die aufgrund einer Reaktion des Immunsystems auf körpereigenes Gewebe entstehen. Beispiele sind die rheumatoide Arthritis (chronische Polyarthritis, die vielleicht bekannteste Form von Rheuma), Morbus Bechterew (Spondylitis ankylosans, Gelenkversteifung vorrangig der Wirbelsäule) und der Lupus erythematodes ("Wolfskrankheit", Schmetterlingsflechte). Bei diesen autoimmunbedingten Erkrankungen kommt es zu Entzündungen, die unter anderem das Bewegungssystem betreffen können.
Degenerative Erkrankungen, die zum Rheuma zählen, entstehen durch Verschleiß an beanspruchten Strukturen des Körpers. Zu dieser Gruppe gehören Arthrose (Gelenkverschleiß) oder einige Erkrankungen der Wirbelsäule. Die verschleißbedingten Erkrankungen treten vornehmlich im fortgeschrittenen Alter auf oder aber bei Patienten, die häufig enormen körperlichen Belastungen ausgesetzt sind.
Diverse Stoffwechselerkrankungen (metabolische Störungen) führen zu Symptomen, die als rheumatisch beschrieben werden können. Ein bekanntes Beispiel ist die Gicht, die aufgrund eines zu hohen Harnsäuregehalts des Blutes entsteht.
Andere Erkrankungen beruhen auf Störungen in der Muskulatur oder im Bindegewebe (manchmal Weichteilrheumatismus oder Weichteilrheuma genannt) oder im Knochen. Zu erwähnen sind die Fibromyalgie (eine Erkrankung, deren Ursache aber weitgehend unbekannt ist, mit Muskelschmerzen und weiteren Folgen), die Osteoporose (Knochenschwund) und oft reizbedingte Beschwerden wie Sehnenscheidenentzündung und Tennisellenbogen.
Außerdem können Infektionskrankheiten zu rheumatischen Beschwerden führen, beispielsweise die Lyme-Borreliose (eine durch Zecken übertragene Infektion mit Bakterien, den Borrelien).
Jedoch können sich die Symptome mehrerer Erkrankungen auch überlappen. Daher lassen sich einzelne Erkrankungen nicht immer einfach voneinander unterscheiden und die Ursachen teils nicht leicht ausmachen.
Da es sich bei Rheuma um Hunderte unterschiedlicher möglicher Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises handelt, gibt es nicht die typischen Symptome. Die Erkrankungen können sich recht ähnlich sein und manchmal gar schwer voneinander zu unterscheiden sein, sie können aber auch komplett unterschiedliche Symptome und Auswirkungen haben.
Wenn es ein Symptom gibt, das bei besonders vielen Rheuma-Patienten auftritt, dann sind es Schmerzen. Aber auch die Schmerzen können sehr unterschiedlich in ihrer Intensität (Stärke) und Qualität (genauen Empfindung) sein. Typischerweise führen Erkrankungen autoimmunen Ursprungs (Immunreaktion gegen körpereigenes Gewebe) zu Schmerzen, die bei körperlicher Ruhe auftreten. Patienten verspüren also besonders nachts und frühmorgens die Schmerzen, z. B. im Gelenk. Nachdem die Patienten aufgestanden sind, werden die Schmerzen in vielen Fällen nach einiger Zeit geringer. Hingegen treten bei Verschleißerkrankungen (degenerativen Erkrankungen) die Schmerzen vor allem während einer körperlichen Beanspruchung ein und werden gelindert, wenn der Patient den betroffenen Körperteil schont.
Die meisten rheumatischen Erkrankungen bewirken Symptome und Schäden am Bewegungsapparat, also an Gelenken, Sehnen und Bändern, Muskeln und Knochen. Aber viele Krankheiten führen auch zu Beschwerden und Folgen an ganz unterschiedlichen weiteren Organen. Einige Beispiele umfassen das Herz und den Herzbeutel, die Lunge, die Pleura (eine Doppelhaut um die Lunge herum), die Blutgefäße, den Darm, die Nieren, das Nervensystem inklusive Gehirn oder die Augen. Generell sind Auswirkungen an allen Körperteilen möglich. Sind viele Organe betroffen, dann wird dies als eine systemische Erkrankung bezeichnet. Dies kann z. B. bei den sogenannten Kollagenosen am Bindegewebe ablaufen. Der Rheumabefall wichtiger Organe wie Herz, Nieren, Lunge oder Leber kann zu Zuständen des Patienten führen, die das Leben bedrohen. Sie erfordern eine rasche Behandlung, was auch bedeutet, dass die Erkrankungen vom Arzt zeitnah diagnostiziert werden müssen.
Im Folgenden werden einige wichtige rheumatische Erkrankungen in ihren möglichen Untergruppen aufgeführt.
Fragliche Erkrankungen mit rheumatischen Beschwerden sollten alsbald vom Arzt untersucht werden. Nur so ist eine rechtzeitige Diagnose und somit eine gezielte Therapie möglich. Normalerweise erfolgt zuerst eine ausführliche Befragung durch den Arzt (Anamnese). Die Symptome und die Krankheitsgeschichte des Patienten werden ermittelt sowie Aspekte wie Vorerkrankungen beim Patienten oder bei Familienangehörigen. Dann beurteilt der Arzt den körperlichen Zustand des Patienten.
Die Laboruntersuchung bringt sehr wichtige Erkenntnisse über den Ursprung und die Art der Erkrankung. Blutproben werden auf diverse rheumatologische und immunologische Faktoren untersucht, beispielsweise die bei mehreren Erkrankungen wichtige Eiweißzusammensetzung HLA-B27. Mit der Blutanalyse können die möglichen Ursachen oft gut eingegrenzt werden.
Ebenfalls wichtig sind bildgebende Verfahren. Damit können Veränderungen an Gelenken, der Wirbelsäule, Knochen und Weichteilen beurteilt werden. Als Methoden können sich, je nach Beschwerden und Befund, Ultraschall, Röntgen, Computertomographie (CT), Kernspintomographie (Magnetresonanztomographie, MRT) oder Szintigraphie (eine nuklearmedizinische Untersuchung) eignen.
Manchmal wird ein Gelenk mittels Arthroskopie (Gelenkspiegelung) untersucht oder es wird Gelenkflüssigkeit zur Untersuchung gewonnen (Gelenkpunktion). Viele weitere spezielle Verfahren können zur weiterführenden Diagnostik erforderlich oder sinnvoll sein.
Von besonders großer Wichtigkeit ist es, einzelne rheumatische Erkrankungen voneinander zu unterscheiden (Differenzialdiagnose), da sie sich auf den ersten Blick sehr ähneln können. Dazu werden jeweils bestimmte Untersuchungen durchgeführt.
Die Therapie in der Rheumatologie unterscheidet sich erheblich zwischen den einzelnen Erkrankungen. Die Therapie umfasst viele Medikamente, aber auch weitere Behandlungsverfahren sowie in manchen Fällen Operationen. Die Behandlung muss jedoch individuell für den einzelnen Patienten gestaltet werden, denn sogar bei der gleichen Erkrankung können Betroffene auf gleiche Therapien unterschiedlich gut ansprechen. Dabei muss auch der Krankheitsverlauf in die Überlegungen des Arztes mit einbezogen werden.
Die Behandlung von Rheumapatienten muss oft interdisziplinär erfolgen. Das heißt, neben dem Rheumatologen aus der Inneren Medizin müssen gegebenenfalls auch andere Fachärzte mit einbezogen werden. Je nach Erkrankung können dies rheumatologische Orthopäden, Chirurgen, Ärzte aus der Neurologie (Fachgebiet für Nervenstörungen), Dermatologie (Fachgebiet für Hauterkrankungen), Augenheilkunde (Ophthalmologie) oder Ärzte aus Teilbereichen der Inneren Medizin wie Pneumologie (Lungenheilkunde), Angiologie (Gefäßmedizin), Kardiologie (Herzheilkunde) oder Gastroenterologie (Magen-Darm-Heilkunde) sein. Eine enge Kooperation muss auch zwischen Krankenhausärzten, Hausarzt, Krankengymnasten und anderem medizinischen Personal erfolgen.
Medikamente lassen sich zum einen in Basistherapeutika und zum anderen in Mittel gegen Schmerz und Entzündung unterteilen. Basistherapeutika oder DMARD (Disease Modifying Anti-Rheumatic Drugs = krankheitsverändernde anti-rheumatische Medikamente) sind imstande, den Ablauf des Krankheitsgeschehens aufzuhalten. Zu den Basistherapeutika gehört etwa das Methotrexat. Oft wirken Basistherapeutika erst nach längerer Zeit (Wochen, Monate) und werden auch als Dauertherapie eingesetzt. Über die Basismedikamente hinaus sind auch Mittel wie Cortison oder die nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR, schmerz- und entzündungshemmende Mittel), zu welchen Diclofenac oder Ibuprofen gehören, von großer Bedeutung. Ebenfalls können andere Schmerzmittel eingesetzt werden. Zunehmend wichtig sind auch Medikamente aus der Gruppe der Biologicals, die eine übermäßige Immunantwort hemmen können. Noch weitere Medikamente können je nach der genauen Erkrankung sinnvoll sein.
Krankengymnastik beziehungsweise Physiotherapie ist bei vielen rheumatischen Erkrankungen ein elementarer Teil der Behandlung. Ergotherapie (Übungen von Bewegungsabläufen) kann ebenfalls dazu gehören. Weitere Möglichkeiten aus der physikalischen Therapie sind Verfahren wie z. B. eine Kälteanwendung, die die Schmerzen reduziert und die Besserung des geweblichen Zustandes fördert. Maßnahmen der Schmerztherapie, die über die Gabe von Medikamenten hinausgeht, sind oftmals sinnvoll.
Einige Patienten mit Rheuma werden mit Hilfsmitteln aus der Orthopädietechnik versehen wie z. B. Orthesen. Orthesen sind äußerlich angepasste Stützstrukturen, die z. B. der Schonung von Gelenken dienen.
Bei bestimmten Erkrankungen eignet sich eine Gelenkpunktion (Anstich des Gelenks mit einer Kanüle), um Flüssigkeit aus dem Gelenk herauszuziehen. Gegebenenfalls erfolgt dann eine intra-artikuläre Therapie, also eine Therapie innerhalb des Gelenks, wozu Mittel wie Cortison oder Hyaluronsäure über die Kanüle in das Gelenk eingespritzt werden. Cortison hemmt die entzündliche Reaktion und Hyaluronsäure wirkt als Bindegewebe-Aufbaumaterial beziehungsweise als Schmierstoff im Gelenk.
Operationen kommen vor allem bei sehr fortgeschrittenen Schäden beispielsweise der Gelenke in Frage. Zu erwähnen sind insbesondere der Gelenkersatz mit Einpflanzung einer Gelenkprothese (Endoprothese) oder die Entfernung geschädigter Gelenkinnenhaut (Synovektomie).
Über die medizinische Therapie hinaus helfen vielen Patienten Maßnahmen wie Betreuung, Patientenschulung oder Selbsthilfegruppen. Es kann sinnvoll sein, die Lebensführung anzupassen und besser auf die Ernährung achten, um einen günstigen Krankheitsverlauf zu unterstützen. Verfahren aus der Alternativmedizin können ebenfalls angewendet werden. Insbesondere die Pflanzenheilkunde (Phytotherapie) mit Mitteln wie Brennnessel, Teufelskralle, Weihrauch oder Arnika wird häufig bei rheumatischen Erkrankungen durchgeführt. Bei den alternativen Therapieformen ist aber anzumerken, dass es aus wissenschaftlicher Sicht in der Regel keinen eindeutigen Beweis für ihre Wirksamkeit gibt.
Erkrankungen, die zum Rheuma gezählt werden, lassen sich meist nicht komplett heilen. Allerdings ist es mit den heutzutage zur Verfügung stehenden Therapien möglich, eine Besserung der Beschwerden zu bewirken und den Krankheitsverlauf aufzuhalten oder zu verzögern. Allgemein lässt sich sagen, dass die Prognose umso besser ist, je eher die Erkrankung festgestellt wird. Dann kann bereits im frühen Stadium eine Therapie erfolgen und oft wird damit verhindert, dass sich Dauerschäden ergeben.
Die Prognose ist allerdings von Krankheit zu Krankheit unterschiedlich. Einige Störungen sind weitgehend harmlos, sie haben kaum Folgen und die Beschwerden lassen sich gut in den Griff bekommen. Andere Erkrankungen sind sehr gravierend und können, meist über eine Beteiligung innerer Organe oder des Nervensystems, zu lebensbedrohlichen Zuständen führen und die Lebenserwartung herabsetzen. Durch die aktuelle Diagnostik und Therapie können mögliche Komplikationen oft verhindert werden oder die Folgen eingedämmt werden. Die moderne Forschung hat bereits große Fortschritte gemacht und es ist abzusehen, dass auch in Zukunft immer weitere Möglichkeiten hinzukommen, um Schäden und Beschwerden beim Rheuma zu reduzieren.
aktualisiert am 18.03.2020