Die Ernährung ist nur eine Komponente unter vielen Maßnahmen, die bei Rheuma helfen, von Bewegung über Medikamente bis hin zu Operationen. Die richtige Ernährung allein reicht nicht aus, um Rheumaerkrankungen in den Griff zu bekommen, aber sie hilft eindeutig dabei, den Verlauf günstig zu beeinflussen. Betroffene, die auf ihre Ernährung achten, können ihre Lebensqualität erhöhen und Schmerzen reduzieren.
Die Auswirkungen der Nahrung sind besonders für die rheumatoide Arthritis gut erforscht. Rheumatoide Arthritis (Gelenkrheuma) ist eine der häufigsten Formen von Rheuma. Rheuma geht jedoch weit über Gelenkrheuma hinaus, es sind über 400 Rheumaarten beschrieben. Die meisten können mithilfe einer rheumagerechten Ernährung in ihrem Fortschreiten gemildert werden. Oft müssen Patienten bei einer gelungenen Ernährungsanpassung weniger Medikamente einnehmen.
Die bedeutendsten „Sonderfälle“ sind Gicht und Osteoporose. Zwar gelten auch hier die Grundsätze einer gesunden Ernährung, diesen Erkrankungen liegen jedoch spezielle Entstehungsmechanismen zugrunde, die gesonderte Ernährungsweisen erfordern:
Lesen Sie hier weiter: Welche Ernährung wird bei Gicht empfohlen?
Eine vielseitige Auswahl an Speisen und Getränken mit gesunden Eigenschaften bildet die Grundlage für eine Ernährung, die (nicht nur) für Rheumakranke gut ist. Zu diesen allgemeinen Empfehlungen gehören:
Speziell bei Rheumapatienten wirken sich bestimmte Lebensmittel und die enthaltenen Nährstoffe besonders vorteilhaft aus. Die entsprechende Lebensweise wird mitunter auch Rheumadiät genannt.
Omega-3-Fettsäuren weisen viele gesundheitsfördernde Eigenschaften auf. Eine wichtige Omega-3-Fettsäure in Bezug auf Rheuma ist die Eicosapentaensäure (EPA). Sie hemmt die Wirkung von Arachidonsäure. Arachidonsäure ist an der Entstehung von Entzündungsvorgängen bei Rheuma, zum Beispiel in den Gelenken, beteiligt.
Die Omega-3-Fettsäure EPA ist vor allem in Fischen vorhanden. Einen hohen Gehalt haben Seefische (Kaltwasser- und Fettfische) wie Lachs, Forelle, Hering, Makrele oder Thunfisch. Zwei oder drei Portionen oder insgesamt 800 Gramm Fisch sollten es wöchentlich sein. Meeresfrüchte wie Garnelen oder Muscheln weisen ebenfalls einen bedeutenden Anteil an Omega-3-Fettsäuren auf.
Omega-3-Fettsäuren finden sich in hohem Maße auch in Pflanzenölen. Diese enthalten zwar keine EPA (Eicosapentaensäure), sie kann aber vom menschlichen Körper aus den enthaltenen Fetten zumindest zum kleinen Teil produziert werden. Leinöl, Weizenkeimöl, Rapsöl, Sojaöl, Walnussöl sind hier empfehlenswert.
Nüsse und andere Pflanzensamen (wie Chiasamen) sind weitere Lieferanten von Omega-3-Fettsäuren. Sie enthalten auch viele Ballaststoffe, die möglicherweise auf Rheuma günstige Auswirkungen haben.
Gemüse und Obst gehören in reichlicher Menge auf den Speiseplan. Sie liefern Ballaststoffe, Vitamine, Mineralien, Antioxidantien und die sogenannten sekundären Pflanzenstoffe, denen unter anderem eine entzündungshemmende Wirkung zugeschrieben wird. Obst und Gemüse sind zudem im Allgemeinen kalorienarm und enthalten viel Flüssigkeit. Als Richtwert gelten fünf Portionen an Gemüse oder Obst pro Tag. Als Portion werden dabei 150 Gramm angesehen.
Als eine vorteilhafte Kostform ist die mediterrane Ernährung zu nennen. Diese Ernährungsweise aus dem Mittelmeerraum bezieht viel Obst und Gemüse mit ein, ist fettarm und bevorzugt Fisch vor Fleisch. Sie kann bei Menschen mit Rheuma zu einer Schmerzreduzierung führen.
Darüber hinaus gibt es einige Gewürze, die entzündungshemmende Eigenschaften haben. Beispiele sind Kurkuma oder Knoblauch.
Eine ausreichende Versorgung mit Vitaminen und einigen Mineralstoffen ist gerade für Rheumapatienten wichtig. Viele der Substanzen gehören zu den Antioxidantien, die schädigende Sauerstoffradikale abfangen, welche an Rheuma und anderen Erkrankungen beteiligt sind. In den meisten Fällen kann der Bedarf an den Vitaminen und Mineralien ausreichend über die Nahrung gedeckt werden und Nahrungsergänzungsmittel sind nicht notwendig. Eine zu hohe Zufuhr kann sogar schädlich sein, weshalb eine Nahrungsergänzung immer mit dem Arzt besprochen werden muss.
Bei Vitamin C wird vermutet, dass ein erhöhter Bedarf bei Rheumapatienten besteht, was jedoch wissenschaftlich nicht bestätigt ist. Vitamin C ist für den Aufbau von Bindegewebe notwendig und gehört zu den Antioxidantien. Frisches Obst ist eine gute Quelle für die Vitamin-C-Zufuhr.
Vitamin D ist für die Knochenstabilität unentbehrlich, ein Mangel kann zu einer Osteoporose führen. Vitamin D wird nur zum Teil mit der Nahrung aufgenommen (es ist in Fisch oder Eiern enthalten), aber durch Einwirkung von Sonneneinstrahlung auch in der Haut gebildet. Wer nur wenig in der Sonne ist, bei dem ist eine Gabe von Vitamin D über Medikamente angebracht.
Vitamin E zählt zu den Antioxidantien und es wird von einigen Seiten vermutet, dass bei Rheuma eine erhöhte Menge davon gegenüber Gesunden aufgenommen werden muss. Der Bedarf lässt sich leicht über die Nahrungszufuhr erreichen, Pflanzenöle wie Weizenkeimöl oder Sonnenblumenöl enthalten das Vitamin beispielsweise.
Viele Menschen mit Rheuma (zum Beispiel rheumatoide Arthritis) haben einen Mangel an dem Mineralstoff Selen. Selen gehört ebenfalls zu den Antioxidantien und kann unter anderem über Fisch, Hülsenfrüchte oder Getreide aufgenommen werden. Eindeutig belegt werden kann ein positiver Effekt einer vermehrten Zufuhr von Selen bei Rheuma jedoch nicht.
Das für den Knochenaufbau notwendige Mineral ist vor allem in Milch oder Milchprodukten vorhanden. Pflanzliche Nahrungsmittel wie Brokkoli oder Haselnüsse sowie Mineralwässer können ebenfalls der Calciumversorgung dienen.
Der Körper braucht das Spurenelement Zink unter anderem für das Bindegewebswachstum, den Stoffwechsel und das Immunsystem. Von rheumatoider Arthritis betroffene Personen haben zu wenig Zink im Blut. Hier gibt es jedoch ebenfalls keine Beweise für einen eindeutigen Nutzen dafür, mehr Zink aufzunehmen. Diverse Lebensmittel sind reich an Zink, darunter Fleisch oder Nüsse.
Rheumatiker sind häufig auch von einer Blutarmut (Anämie) betroffen. Bevor diese jedoch mit der Gabe von Eisen behandelt wird, muss ärztlich überprüft werden, ob statt einem Eisenmangel eine Eisenverwertungsstörung vorliegt. Bei letzterer kann es zu einer Überladung mit Eisen kommen, wenn zu viel davon aufgenommen wird.
Neben anderen positiven Auswirkungen kann eine ballaststoffreiche Ernährung die Knochen festigen und Krankheiten mit chronischen Entzündungen im Gelenk wie die rheumatoide Arthritis mildern. Dieser Schluss lässt sich aus einer Untersuchung der Universität Erlangen-Nürnberg ziehen. Weitere Studien müssen dies jedoch noch bestätigen. Viele Ballaststoffe sind in Vollkornprodukten, Müsli, Gemüse und Obst oder Hülsenfrüchten und Nüssen enthalten.
Probiotische Lebensmittel könnten ebenfalls einen günstigen Einfluss auf rheumatische Erkrankungen wie die rheumatoide Arthritis haben. Bei diesen Lebensmitteln (Probiotika) handelt es sich um Produkte, die lebende Mikroorganismen wie Milchsäurebakterien enthalten und damit der Gesundheit dienlich sein könnten. Neben probiotischem Joghurt können sie als Nahrungsergänzungsmittel zugeführt werden. Die Wirkung auf Rheuma durch die Probiotika konnte in Studien bislang nicht bestätigt werden. Daher gibt es derzeit keine Empfehlung für diese Produkte bei Patienten mit Rheuma. Weitere Studien könnten hier zu neuen Erkenntnissen führen.
Patienten mit Rheuma sollten nur wenig Fleisch verzehren. Fleisch und Wurst enthalten viel Arachidonsäure, die zur Bildung von entzündungsfördernden Stoffen beiträgt. Fleisch und Wurst sollten höchstens zweimal pro Woche gegessen werden. Eier enthalten ebenfalls Arachidonsäure, zwei Eier pro Woche gelten als vertretbar.
Bei Milch und Milchprodukten ist darauf zu achten, eher fettarme Varianten zu sich zu nehmen. Hier eignen sich insbesondere Joghurt oder magere Käsesorten. Der Verzehr von Butter oder zu fettem Käse ist stark zu begrenzen.
Eine Ernährung mit zu viel Zucker steht im Verdacht, Rheuma zu fördern. Getränke mit einem hohen Gehalt an Zucker wie Limonaden gelten als besonders ungesund für Rheumatiker. Ohnehin begünstigt Zucker verschiedene weitere Erkrankungen wie Diabetes mellitus, Übergewicht und Herz-Kreislauf-Leiden. Patienten wird daher geraten, möglichst wenig Süßigkeiten zu verzehren und auf gezuckerte Drinks zu verzichten.
Kaffee ist generell bei rheumatischen Erkrankungen erlaubt. Bis zu drei Tassen täglich sind im akzeptablen Rahmen. Ob Kaffee bei höheren Mengen die Entwicklung von Erkrankungen wie der rheumatoiden Arthritis fördern kann, dazu gibt es widersprüchliche Studienergebnisse. Allerdings kann Kaffee bei manchen Betroffenen mit Rheuma einen Krankheitsschub auslösen.
Die meisten rheumatischen Erkrankungen erlauben den gelegentlichen Konsum von Alkohol in kleinen Mengen. Die empfohlene Höchstdosis von 30 Gramm Alkohol pro Tag (das entspricht zwei kleinen Flaschen Bier oder zwei Gläsern Wein) sollte nicht übertroffen werden. Bei Gicht und Osteoporose müssen Patienten gänzlich auf Alkohol verzichten.
Tabakrauch schadet der Gesundheit bekanntlich in vielerlei Hinsicht. Raucher haben auch ein erhöhtes Risiko, an rheumatoider Arthritis oder weiteren Formen von Rheuma zu erkranken und der Krankheitsverlauf ist im Durchschnitt schwerwiegender als der von betroffenen Nichtrauchern. Eine Osteoporose wird ebenfalls durch Rauchen gefördert.
Bei einzelnen Patienten können bestimmte Lebensmittel Schübe auslösen. Beispiele sind Fleisch, Getreide, Milch oder Eier. Patienten müssen auf ihren Körper hören und individuell schlecht verträgliche Lebensmittel meiden. Dennoch sollten Rheumatiker nicht grundsätzlich auf Lebensmittel verzichten, nur weil manche anderen Personen sie nicht vertragen. Ist der Speiseplan zu einseitig, besteht die Gefahr von Mangelerscheinungen.
Von manchen Stellen wird eine vegetarische oder eine vegane Ernährungsweise empfohlen, um Rheuma zu vermeiden oder abzuschwächen. Für die Vorzüge einer Ernährung ohne Fleisch beziehungsweise ohne tierische Produkte hinsichtlich Rheumaerkrankungen gibt es jedoch keinen Nachweis. Wohl aber hat eine Kost mit Schwerpunkt auf pflanzlichen Lebensmitteln Vorteile, die durch angemessene Mengen von Fisch und magerer Milch oder Milcherzeugnissen komplettiert wird und wenig oder kein Fleisch beinhaltet. Für Vegetarier oder Veganer können sich in Absprache mit dem Arzt Nahrungsergänzungsmittel (wie Fischöl- oder Algenölkapseln) empfehlen.
Ein kompletter Verzicht auf Nahrung (abgesehen von einer ausreichenden Flüssigkeitszufuhr) kann häufig in diesem Zeitraum die Beschwerden reduzieren. Gefastet wird in der Regel zwischen drei Tagen und einer Woche. Das Fasten kann in Betracht kommen, wenn ein Rheumapatient übergewichtig ist. Nicht alle Menschen können jedoch problemlos fasten, bei einigen ist es sogar gefährlich. Vor der Fastenphase ist es erforderlich, sich das Okay vom Arzt geben zu lassen.
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aktualisiert am 17.12.2019