Prof. Moosig: „Rheuma“ ist keine Krankheit, sondern ein Überbegriff, der die Gesamtheit der rheumatischen Erkrankungen, von denen es einige Hundert verschiedene gibt, zusammenfasst. Die Rheumatoide Arthritis ist demnach nicht mit „Rheuma“ gleichzusetzten, sondern ist eine spezifische und zugleich die häufigste rheumatische Erkrankung. Sie wird zum Teil auch als chronische Polyarthritis oder klassisches Gelenkrheuma bezeichnet. Etwa 0,5 bis 1,5 % der Bevölkerung sind betroffen. Charakteristisch sind dabei symmetrische Gelenkentzündungen an vielen Gelenken, meist unter Beteiligung der Hand- und Fingergelenke, die unbehandelt zu Zerstörungen führt.
Prof. Moosig: Wie bei den meisten Autoimmunerkrankungen ist die genaue Ursache der RA nicht bekannt. Wir wissen, dass genetische Faktoren eine Rolle spielen, ohne dass die RA eine Erbkrankheit im engeren Sinne wäre. Zusätzlich tragen Umweltfaktoren, wahrscheinlich u.a. Virusinfektionen, zur Entstehung der RA bei. Ein erwiesener starker Risikofaktor ist Rauchen.
Prof. Moosig: Die Diagnose sollte durch einen Facharzt gestellt werden. Hinweise sind Schwellungen und Schmerzen, ggf. auch Rötung von Gelenken. Zumeist sind bei der RA die Hand- und Fingergelenke betroffen. Eine morgendliche Betonung der Beschwerden, auch im Sinne einer Steifigkeit, ist charakteristisch. Bei diesen Symptomen sollte demnach eine entsprechende Diagnostik veranlasst werden.
Hinweise sind Schwellungen und Schmerzen, ggf. auch Rötung von Gelenken.
Prof. Moosig: Die RA ist im Unterschied zur Arthrose ein im Wesentlichen entzündlicher Vorgang. Bei der Arthrose steht hingegen die Degeneration des Knorpels der Gelenke mit Begleitreaktionen des Knochens im Vordergrund. Demnach wird die Arthrose häufig, allerdings nicht ganz zutreffend, auch als „Verschleiß“ bezeichnet. Die Beschwerden der Arthrose treten dabei selten in Ruhe, sondern vielmehr bei Belastungen der Gelenke auf, während die RA häufig auch mit einem Ruheschmerz einhergeht. Auch das Verteilungsmuster der betroffenen Gelenke unterscheidet sich: bei Arthrose im Bereich der Hand sind oftmals die letzten Fingergelenke und oft das Daumengrundgelenk betroffen. Die RA befällt zumeist die Fingergrundgelenke. In einzelnen Fällen kann aber die Unterscheidung schwierig sein.
Prof. Moosig: Eine erste Anlaufstelle sollte der Hausarzt sein. Je nach Erfahrung kann dieser häufig schon die ersten diagnostischen Schritte in die Wege leiten und ggf. entscheiden, welcher Facharzt (z.B. Orthopäde oder internistischer Rheumatologe) sinnvoller einzuschalten wäre.
Prof. Moosig: Bei typischer Symptomatik kann der Facharzt die Diagnose häufig schon aufgrund des klinischen Befundes in Verbindung mit Labor und Bildgebung, wie z.B. Utraschall oder auch Röntgen stellten. Bei Grenzfällen sind ggf. aber auch weitere diagnostische Mittel, etwa MRT erforderlich.
Prof. Moosig: Da man davon ausgeht, dass die RA durch eine Fehlsteuerung des Immunsystems zustande kommt, bei dem das Immunsystem sich gegen die eigenen Gelenkstrukturen richtet, werden Medikamente eingesetzt, die das Immunsystem bremsen, also sogenannte Immunsuppressiva. Bekannte Beispiele sind die Glukokortikoide, die oft kurz als Kortison bezeichnet werden. Diese helfen in der Regel schnell, sind aber mit Nebenwirkungen behaftet. Daher werden sie meist nur kurz eingesetzt und dann von anderen Medikamenten, den sogenannten DMARDs abgelöst. Hierbei handelt es sich im Substanzen, die den Krankheitsverlauf günstig beeinflussen können. DMARD bedeutet „disease modifing anti-rheumatic drugs“. Es gibt unterschiedliche Klassen von DMARDs, die ja nach Verlauf, Krankheitsschwere und Begleitumständen individuelle mit dem Patienten ausgewählt werden.
Prof. Moosig: Eine nicht behandelte RA führt zu Schmerzen und Funktionseinschränkungen. Bei längerem Verlauf kann es zudem zu Gelenkzerstörungen kommen. Darüber hinaus ist eine unkontrollierte Entzündung im Körper auch mit einem höheren Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen (Schlaganfall, Herzinfarkt) und Krebserkrankungen verbunden.
Eine nicht behandelte RA führt zu Schmerzen und Funktionseinschränkungen.
Prof. Moosig: Mit den modernen Therapiemöglichkeiten ist in den meisten Fällen eine sehr gute Kontrolle der Erkrankung zu erreichen, sodass die Patienten kaum noch Symptome haben. Allerdings ist dafür fast immer eine dauerhafte Medikamenteneinnahme erforderlich. Insofern ist die RA bisher nicht heilbar.
Prof. Moosig: Bei guter medikamentöser Einstellung sind häufig, abgesehen von der notwendigen Medikamenteneinnahme, keine Einschränkungen zu erwarten. Durch die Medikamente kommt es gelegentlich zu Nebenwirkungen.
Prof. Moosig: Die RA ist keine „Lifestyle“ Erkrankung, wird also nicht durch „falsche Ernährung“ oder ähnliches ausgelöst. Eine Ausnahme bildet das Rauchen, dass ein anerkannter Risikofaktor für einen schlechten Verlauf ist. RA-Patienten sollten daher das Rauchen einstellen. Darüber hinaus gelten die gleichen Empfehlungen bezüglich gesunder Ernährungsweise und körperlicher Aktivität, wie für die übrige Bevölkerung auch. Übergewicht sollte vermieden oder abgebaut werden.
RA-Patienten sollten daher das Rauchen einstellen.
Prof. Moosig: Die größten Veränderungen hat es auf dem Gebiet der Pharmakotherapie gegeben. Heute stehen sehr viel mehr gezielt in das Krankheitsgeschehen eingreifende Medikamente zur Verfügung als dies etwa vor 20 Jahren der Fall war. Damit ist auch die Chance, für jeden Patienten eine verträgliche und funktionierende Therapie zu finden, deutlich gestiegen.
Prof. Moosig: Die Forschung zielt weiterhin darauf ab, die eigentlichen Ursachen der Krankheitsentstehung noch besser zu verstehen und hier evtl. auch noch gezieltere Therapien oder sogar präventive Strategien entwickeln zu können. Aktuelle Studien untersuchen zudem, inwieweit besonders frühe Interventionen die Krankheit ganz stoppen oder herauszögern können. Bei den bereits erfolgreich therapierten Patienten ist eine andere spannende Fragestellung, ob, wie und wann man Medikamente reduzieren oder ganz absetzen kann.
Danke für das Interview!
Letzte Aktualisierung am 19.02.2024.