Distale (handgelenksnahe) Brüche der Speiche (Radius) gehören zu den am häufigsten vorkommenden Brüchen bei Kindern und Jugendlichen sowie bei älteren Menschen, besonders zwischen 60 und 70 Jahren. Die Behandlung einer Radiusfraktur kann sowohl konservativ (ohne Operation) als auch operativ erfolgen. Zu den häufigsten Radiusfrakturen gehört die Colles-Fraktur. Ursache ist ein Sturz auf die gestreckte Handfläche. Die Körperlast kann von Speiche nicht mehr getragen werden und so kommt es zum Bruch des Knochens.
In den meisten Fällen ist ein Sturz auf die Hand Ursache für eine distale Radiusfraktur. Wenn wir stürzen, versuchen wir reflexartig, uns mit den Händen abzufangen. Dies erfolgt in der Regel auf die ausgestreckte Hand beziehungsweise die Handfläche (sogenannte Colles-Fraktur). Aber auch ein Sturz auf den Handrücken kann zu einer distalen Radiusfraktur führen (sogenannte Smith-Fraktur).
Da bei älteren Menschen die Knochenstruktur oft nicht mehr so dicht ist (beispielsweise bei Osteoporose), kann hier die Krafteinwirkung durch einen gewöhnlichen Sturz schon ausreichen, um eine Radiusfraktur zu verursachen. Bei Kindern und Jugendlichen oder bei jüngeren Erwachsenen ist normalerweise eine höhere Krafteinwirkung nötig, um zu einer Fraktur zu führen. Auslöser sind hier oft Stürze beim Sport (zum Beispiel Inlineskaten, Skateboard- oder Snowboardfahren).
Man unterscheidet einerseits die Colles-Fraktur (auch Extensionsfraktur genannt) von der Smith-Fraktur (auch Flexionsfraktur genannt):
Weiterhin wird zwischen Frakturen mit und ohne Gelenkbeteiligung unterschieden. Bei einer Fraktur mit Gelenkbeteiligung verläuft ein Teil der Bruchlinie durch die Gelenkfläche, die mit den Handwurzelknochen in Verbindung steht. Frakturen mit Gelenkbeteiligung sind komplexer als solche ohne. Eine gute Wiederherstellung der Gelenkfläche ist entscheidend für die spätere Funktionsfähigkeit des Handgelenkes.
Zusätzlich zur distalen Radiusfraktur können folgende Verletzungen auftreten:
Zur Diagnostik einer distalen Radiusfraktur gehören klassischerweise drei Punkte:
In der Anamnese wird nach dem genauen Unfallhergang gefragt. Hieraus können Rückschlüsse auf die Art der Verletzung gezogen werden. Außerdem wird nach Vorerkrankungen wie Osteoporose gefragt und danach, ob es in diesem Bereich schon früher einmal Verletzungen gab.
Die körperliche Untersuchung gibt ebenfalls Hinweise auf die Art der Verletzung. Druckschmerzen, Veränderungen der Durchblutung oder des Gefühls in Hand und Fingern, eingeschränkte Beweglichkeit sowie Fehlstellungen können erste Anzeichen für eine Fraktur sein.
Das Röntgenbild zeigt den genauen Verlauf der Frakturlinie und gibt Aufschluss über eine mögliche Gelenkbeteiligung oder weitere Knochenbrüche. Wenn der Verdacht auf Begleitverletzungen besteht, wird in der Regel zusätzlich ein MRT (Magnetresonanztomografie) gemacht. Ein CT (Computertomografie) kann weitere Informationen über den Bruchverlauf liefern.
Brüche der Speiche in der Nähe des Handgelenks können je nach Ausmaß und Begleitumständen ohne Operation (konservativ) oder mit Operation behandelt werden.
Brüche, die nur leicht verschoben sind, keine Gelenkbeteiligung aufweisen und sich gut wieder in die korrekte Position bringen lassen, werden ohne Operation behandelt. Hierzu wird für vier bis sechs Wochen ein Gips angelegt. Regelmäßige Röntgenkontrollen sind wichtig, um frühzeitig zu erkennen, ob das Frakturstück sich verschiebt.
Zur Operation gibt es zwei Verfahren:
Bei der Spickdraht-Osteosynthese werden durch kleine Hautschnitte sogenannte Spickdrähte in die Knochen eingebracht. Sie halten die Knochenteile in der richtigen Position, bis diese wieder miteinander verwachsen sind. Zusätzlich wird ein Gips angelegt, der ein Verrutschen der Frakturstücke verhindern soll. Dieser Gips muss für mindestens sechs Wochen getragen werden. Ist der Bruch verheilt, werden die Spickdrähte wieder entfernt. Dieses Verfahren eignet sich nur für Brüche ohne Gelenkbeteiligung und mit leichter Verschiebung.
Bei der Versorgung mit Platten wird der Bruch entweder von der Armunterseite aus (volare Platte) oder von der Armoberseite aus (dorsale Platte) stabilisiert. Diese Operationstechniken werden bei Frakturen mit Gelenkbeteiligung oder größeren Verschiebungen angewendet. Auch bei vorhandenen Begleitverletzungen kann eine solche Operation notwendig werden. Regelmäßige Röntgenkontrollen werden durchgeführt, um den Heilungsverlauf zu kontrollieren. Der Vorteil der OP mit Platteneinsetzung ist, dass unter Beachtung bestimmter Vorgaben ein erstes Bewegen und Üben der Hand- und Fingerfunktion schnell wieder möglich ist. Außerdem können die Platten in der Regel im Körper verbleiben und müssen nicht wieder entfernt werden.
Folgende Komplikationen können nach einer distalen Radiusfraktur auftreten:
Unabhängig von der Art der Versorgung ist das Ziel jeder Therapie, Schmerzfreiheit und eine bestmögliche Beweglichkeit und Funktionalität wiederherzustellen. Hierfür ist auch eine physiotherapeutische, manchmal auch ergotherapeutische (auf Handlungsfähigkeit im Alltag ausgerichtete), Nachbehandlung von entscheidender Bedeutung. Je nach Art der Versorgung dauert es unterschiedlich lange, bis mit dieser anschließenden Therapie begonnen werden darf. Der behandelnde Arzt ist hier der richtige Ansprechpartner.
Distale Radiusfrakturen betreffen die Speiche im handgelenksnahen Bereich und kommen in bestimmten Altersgruppen relativ häufig vor. In Abhängigkeit von der Art der Verletzung, vom Alter und Allgemeinzustand des Patienten und vorhandenen Erkrankungen wird entschieden, ob konservativ oder operativ therapiert wird. Ziel ist immer die bestmögliche Wiederherstellung der Beweglichkeit und Funktionalität sowie Schmerzfreiheit.
Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie, Ina Aschenbrenner; Prof. Dr. Peter Biberthaler – Distale Radiusfraktur (= Handgelenksnaher Speichenbruch): https://www.dgu-online.de/patienten/haeufige-diagnosen/senioren/distale-radiusfraktur.html (online, letzter Abruf: 03.08.2021)
LMU Klinikum – Handgelenksbruch - Distale Radiusfraktur: http://www.klinikum.uni-muenchen.de/Klinik-fuer-Allgemeine-Unfall-und-Wiederherstellungschirurgie/de/fach/notaufnahme/krankheitsbilder/distaleRadiusfraktur/index.html (online, letzter Abruf: 03.08.2021)
aktualisiert am 08.09.2022