Aus Sicht der traditionellen chinesischen Medizin besitzt der Mensch von Geburt an die Essenz, die er von seinen Eltern erhalten hat. Die Essenz verbraucht sich nach und nach und kann nicht aufgefüllt werden. Von anderer Qualität sind die drei nachgeburtlichen Ressourcen über die der Mensch verfügt: Qi, Blut (xue) und Körperflüssigkeiten. Im Gegensatz zur Essenz verbrauchen wir täglich Qi, Blut und Körperflüssigkeiten, können diese aber wieder auffüllen.
Die Ressourcen werden in der chinesischen Medizin nach Yin und Yang unterteilt. Yin ist materieller und substanzieller als Yang. Blut und Körperflüssigkeiten sind im Verhältnis zu Qi Yin. Qi ist im Verhältnis zu Blut und den Körperflüssigkeiten Yang. Blut und Körperflüssigkeiten sind sichtbar und im Vergleich zu Qi träge. Sie bewegen sich in den vorgegebenen Bahnen. Qi dagegen ist unsichtbar. Ähnlich wie Wärme oder Elektrizität. Es muss sich nicht an den anatomischen Strukturen halten und kann den Körper sogar verlassen. Qi ist für die Bewegung und Funktionen im Körper wichtig. Ohne das Qi würde unser Blut nicht fließen. Qi ist alles andere als träge. Es ist agil, beweglich und bewegt alle Körperteile und Substanzen.
Oft wird Qi als Energie bezeichnet. Diese Bezeichnung wird der Funktion des Qi nicht gerecht. Qi hat auch eine materielle Ebene und kann vom Körper gespeichert werden. Die traditionelle chinesische Medizin kennt viele Arten von Qi. Es gibt nicht das eine Qi. Zu dem wichtigsten Qi-Arten gehört das Ursprungs-Q (Yuan Qi), das Qi der Luft (Da Qi), das Nahrungs--Qi (Gu Qi), das Nähr-Qi (Ying Qi) und das Abwehr-Qi (Wei Qi). Auch die einzelnen Funktionskreise besitzen Qi wie Milz-Qi oder Lungen-Qi.
Um zu verstehen, was die traditionelle chinesische Medizin mit Qi meint, muss lohnt ein Blick in die Schulmedizin. Qi steht für aktive Prozesse und bestimmte Funktionen im Organismus. So ist das Abwehr-Qi (Wei-Qi) mit den Funktionen des Immunsystems in Verbindung zu bringen. Das Nahrungs-Qi (Gu Qi) stellt die Energie dar, die wir über die Nahrung erhalten. Das Qi der Luft (Da Qi), ist der Sauerstoff, der uns am Leben erhält. Auch wenn diese Vorstellungen nicht 1:1 übertragbar sind, helfen sie zu verstehen, dass die TCM nicht ein Qi kennt, sondern mit Qi viele Funktionen im Körper beschreiben. Genau dieses Qi lässt sich mit der Akupunktur beeinflussen. Das heißt, dass wir mit der Akupunktur unterschiedliche Funktionen unseres Körpers beeinflussen können.
Qi ist für das Yang zuständig, also für Bewegung, Wärme und Aktivität. Erst durch Mitwirkung von Qi wird unser Körper lebendig. Fehlt Qi, dann kühlt er aus und wird bewegungslos.
Wenn in der traditionellen chinesischen Medizin von Qi gesprochen wird, dann ist damit das nachgeburtliche Qi gemeint, also das Qi, das wir durch die Atemluft (Da Qi) und die Ernährung (Gu Qi) aufnehmen und ständig verbrauchen.
Unter dem Ursprungs-Qi (Yuan Qi) versteht die traditionelle chinesische Medizin die vorgeburtliche Energie, die wir durch unsere Eltern erhalten. Für den energetischen Zustand des Menschen ist die Qualität und Menge des Ursprungs-Qi entscheidend. Ein hohes Alter der Eltern, die psychische Verfassung während der Zeugung, vorherrschende Erkrankungen können sich negativ auf Qualität und Menge des Ursprungs-Qi auswirken. Gegenüber dem nachgeburtlichen Qi, das sich aus unserer Nahrung und der Atemluft zusammensetzt, kann das Ursprungs-Qi nach der Geburt nicht mehr aufgefüllt werden. Nach Ansicht der TCM kann es ohne Ursprungs-Qi auch kein Leben geben. Brauchen wir unser Ursprungs-Qi auf, dann endet unser Leben.
Das Nahrungs-Qi stellt die Energie dar, die wir aus der verdauten Nahrung aufnehmen. Qi kann der Nahrung nur entnommen werden, wenn es auch darüber verfügt. Ernährung spielt in der traditionellen chinesischen Medizin eine große Rolle. Auf die richtige Ernährung zu achten und diese den Jahreszeiten anzupassen, ist die Grundlage eines gesunden Menschen.
Die chinesische Medizin geht davon aus, dass denaturierte Nahrung (zum Beispiel Tiefkühlkost) weniger verwertbares Gu Qi enthält. Auch die Art und Weise wie wir unsere Ernährung zubereiten hat einen Einfluss auf die energetische Wirkung der Ernährung. Dabei folgt die TCM ganz einfachen und logischen Prinzipien.
Damit das Nahrungs-Qi gut verwertet werden kann, muss der Funktionskreis der Milz gut funktionieren. Zu viele Sorgen, langes Grübeln und schlechte Ernährung wirken sich negativ auf diesen Funktionskreis aus. Eine Folge davon ist ständige Müdigkeit und das Gefühl der Schwäche und damit einer der häufigsten Erkrankungen in der heutigen Zeit. Die chinesische Medizin spricht von einer Milz-Qi-Schwäche. Eine Milz-Qi-Schwäche kann auch durch unregelmäßiges Essen, spät am Abend essen oder durch negative Emotionen während des Essens ausgelöst werden.
Neben dem Nahrungs-Qi benötigen wir auch das Qi der Atemluft. Dieses wird der Atemluft entzogen. Die Qualität der Luft und die Funktion der Lunge tragen dazu bei, wie viel Qi gewonnen werden kann. Frische Luft und Atemübungen können hilfreich sein, um den Funktionskreis der Lunge zu stärken. Aus diesem Grund haben sich Bewegungs-, Atem-, Konzentrations- und Meditationsübungen als Bestandteil der traditionellen chinesischen Medizin etabliert. Dazu gehören Qi Gong und Tai Chi.
Das Nahrungs-Qi (Gu Qi) verbindet sich mit dem Qi der Atemluft (Da Qi) und bildet das Sammel-Qi (Zong Qi). Mit Hilfe des Ursprungs-Qi (Yuan Qi) entwickelt sich das wahre Qi (Zhen Qi). Aus dem wahren Qi (Zhen Qi) bilden sich das Nähr-Qi (Ying-Qi) und das Abwehr-Qi (Wei-Qi). Das Nähr-Qi zirkuliert durch den Körper, es findet sich in den Meridianen und auch tief in den Organen. Bei der Akupunktur wird vor allem das Nähr-Qi beeinflusst. Das Abwehr-Qi hingegen befindet sich vor allem unter der Körperoberfläche. Es hat die Aufgabe uns vor pathogenen Faktoren zu schützen, reguliert unsere Körpertemperatur und wärmt die Haut.
Letzte Aktualisierung am 23.02.2022.