Bei der primär biliären Cholangitis (PBC) handelt es sich um eine chronische Autoimmunerkrankung (Erkrankung, bei der Zellen des Immunsystems den eigenen Körper angreifen). Sie betrifft die Leber. In der Leber finden sich viele Gallengänge, durch die die Galle (eine zähe Flüssigkeit, die in der Leber gebildet wird) fließt. Hauptfunktion der Galle ist die Unterstützung der Verdauung und die Ausscheidung von Abbauprodukten (Bilirubin, Cholesterin, aber auch Arzneistoffen). Vorratsspeicher der Galle ist die Gallenblase. Gallenwege verbinden die Gallenkanäle der Leber mit der Gallenblase und letztendlich mit dem Dünndarm, in den sie münden.
Zu Beginn der Erkrankung werden Zellen der Gallengänge innerhalb der Leber angegriffen, im weiteren Verlauf wird das gesamte Lebergewebe zerstört. Daher wurde die Erkrankung früher auch primär biliäre Zirrhose genannt.
Zu etwa 90 Prozent sind Frauen von einer primär biliären Cholangitis betroffen. Zu Beginn der Erkrankung kommt es zu unspezifischen Symptomen wie Müdigkeit, Erschöpfung, Oberbauchbeschwerden und Juckreiz. Im weiteren Verlauf stehen die Beschwerden einer Lebererkrankung im Vordergrund wie Gelbsucht oder Hautveränderungen.
Die Erkrankung ist nicht heilbar. Wenn sie früh entdeckt wird, helfen Medikamente, das Fortschreiten der Erkrankung aufzuhalten. Nur in schweren Fällen nimmt die Entzündung einen so schwerwiegenden Verlauf, dass eine Lebertransplantation notwendig ist.
Bei einer primär biliären Cholangitis werden zunächst die Gallengänge und später die Leber durch das eigene Immunsystem angegriffen. Dadurch kommt es zu Entzündungsprozessen. Die Gallengänge verengen sich, der Gallenfluss ist behindert und die Galle staut sich in der Leber. Die enthaltenen giftigen Substanzen führen zu weiteren Schäden besonders der Leberzellen. Es kommt zur Leberentzündung (Hepatitis) und Narbenbildung (Leberfibrose). Unbehandelt führt dies zu einem Umbau des Lebergewebes in Bindegewebe bis zum Endstadium der Erkrankung, der Leberzirrhose.
Wodurch die Immunreaktion bei der primär biliären Cholangitis ausgelöst wird, ist unklar. Verschiedene Ursachen wie Hormone, Gene, Umweltfaktoren oder Viren scheinen eine Rolle zu spielen.
Die Beschwerden einer primär biliären Cholangitis entwickeln sich meist schleichend. Sie können durch den Gallestau verursacht werden (damit verbunden sind Störungen der Fettverdauung und Vitaminaufnahme) oder als Zeichen einer Leberschädigung auffallen.
Zu Beginn kommt es zu unspezifischen Symptomen wie:
Häufig kommt es erst nach Monaten bis Jahren durch eine zunehmende Leberschädigung zu folgenden Symptomen, die auf eine Lebererkrankung hinweisen:
Bei etwa der Hälfte der Erkrankten verläuft die primär biliäre Cholangitis jedoch ohne Symptome.
Bei unklaren Oberbauchbeschwerden, Erschöpfungserscheinungen oder Hinweisen auf eine Lebererkrankung (beispielsweise gelbe Haut und Schleimhäute) sollte immer ärztlicher Rat eingeholt werden. Wenn die primär biliäre Cholangitits in der Familie bereits aufgetreten ist, sollte bei anhaltendem, starken Juckreiz (als Frühzeichen der Erkrankung) ein Arzt aufgesucht werden.
Wenn sich Betroffene mit den typischen Symptomen einer Lebererkrankung oder mit unspezifischen Beschwerden wie Müdigkeit oder anhaltendem starkem Juckreiz beim Arzt vorstellen, wird er bereits eine Verdachtsdiagnose stellen.
In der klinischen Untersuchung kann der Arzt gegebenenfalls eine harte, vergrößerte Leber ertasten. Die weiße Haut der Augen, die Schleimhäute oder die Haut können gelb verfärbt sein (Gelbsucht, Ikterus).
Da sich die Symptome einer primär biliären Cholangitis jedoch oft erst in einem fortgeschrittenen Stadium zeigen, wird die Erkrankung häufig zufällig in einer Routineblutuntersuchung entdeckt.
Durch die Stauung der Gallenflüssigkeit sind die Konzentrationen von bestimmten Stoffen im Blut (Bilirubin, Gamma-GT, alkalische Phosphatase) erhöht. Diese Leberwerte (sogenannte Cholestaseparameter) deuten auf einen Gallestau hin.
Spezielle Tests untersuchen das Blut auf Antikörper, die sich gegen körpereigene Zellen richten (Autoantikörper): AMA-M2-Antikörper, PBC-spezifische Antikörper.
Um andere Ursachen einer Leberschädigung auszuschließen und um das Ausmaß des Leberschadens zu erkennen, wird eine Ultraschalluntersuchung durchgeführt.
Bei unklarer Diagnose werden Gewebeproben aus der Leber entnommen (Leberbiopsie) und unter dem Mikroskop untersucht.
Anhand der Befunde wird die primär biliäre Cholangitis in vier Stadien eingeteilt:
Die primär biliäre Cholangitis kann nicht geheilt werden. Die Behandlung soll das Fortschreiten der Erkrankung aufhalten und Symptome lindern.
Mittel der Wahl zur Behandlung der Erkrankung ist die Ursodeoxycholsäure. Dies ist eine Gallensäure, die den Transport der Gallensäuren von der Leber in den Dünndarm unterstützt. Wenn sie in einem frühen Stadium eingenommen wird, verhindert sie das Fortschreiten der primär biliären Cholangitis erfolgreich. Bereits verändertes Lebergewebe bildet sich teilweise zurück. Das Mittel muss lebenslang eingenommen werden. Nebenwirkungen bei der Einnahme von Ursodesoxycholsäure sind häufig auf andere Inhaltsstoffe zurückzuführen. In diesem Fall verordnet der Arzt zunächst ein Präparat von einem anderen Hersteller.
Das Mittel Obeticholsäure wird bei unzureichender Wirkung von Ursodeoxycholsäure nach einer Einnahme von sechs bis zwölf Monaten zusätzlich verordnet. Wenn Ursodeoxycholsäure nicht vertragen wird, kann Obeticholsäure auch alleine eingesetzt werden. Eine häufige Nebenwirkung von Obeticholsäure ist Juckreiz.
In Studien konnten mit Bezafibrat (ein Medikament, das bisher zur Senkung von Blutfetten eingesetzt wird) ebenfalls Erfolge bei unzureichender Wirkung von Ursodesoxycholsäure erzielt werden. Das Medikament hemmt die Bildung von Gallensäuren.
Zur Linderung der Beschwerden werden zusätzlich folgende Medikamente eingesetzt:
Bei fortgeschrittener Erkrankung (wenn die Leber zu stark geschädigt ist und es zu starken Beschwerden kommt) ist die einzige Behandlungsmöglichkeit eine Lebertransplantation. Die kranke Leber wird in einer Operation durch eine gesunde Spenderleber ersetzt.
Der Verlauf der Erkrankung ist sehr unterschiedlich. Die primär biliäre Cholangitis ist nicht heilbar, fortschreitend und führt unbehandelt zu bleibenden Leberschäden. Allerdings verläuft die Erkrankung schleichend, so dass viele Patienten jahrelang symptomfrei sind. Gute Aussichten bestehen, wenn die primäre biliäre Cholangitis früh erkannt wird. Dann helfen Medikamente, das Fortschreiten zu verlangsamen oder zu verhindern.
Außerdem sollten Betroffene auf eine gesunde Lebensweise mit ausreichend Bewegung und ausgewogener Ernährung achten. Auf Alkohol und Zigaretten sollte verzichtet werden.
Betroffene müssen sich zu regelmäßigen Kontrollen ihrem Arzt vorstellen. Der sogenannte PBC-Score hilft bei der Prognoseeinschätzung. Dafür sind Blutuntersuchungen der Werte Bilirubin und alkalische Phosphatase sowie der Blutgerinnung nötig.
Für Patienten gilt nach einer Lebertransplantation eine gute Langzeitüberlebensprognose. Allerdings entwickeln etwa 25 Prozent der Betroffenen eine primär biliäre Cholangitis im Transplantat.
Deutsche Leberhilfe e.V. – Primär biliäre Cholangitis (PBC): https://www.leberhilfe.org/lebererkrankungen/primaer-biliaere-cholangitis-pbc/ (online, letzter Abruf: 25.02.2020)
Healthline, Stephanie Watson – Primary Biliary Cirrhosis: https://www.healthline.com/health/primary-biliary-cirrhosis (online, letzter Abruf: 25.02.2020)
Medscape, Nadine Eckert – Primär biliäre Cholangitis: Bezafibrat beweist sich als wirksame Zweitlinien-Option: https://deutsch.medscape.com/artikelansicht/4907097 (online, letzter Abruf: 25.02.2020)
MAYO CLINIC – The Updated Natural History Model for Primary Biliary Cirrhosis: https://www.mayoclinic.org/medical-professionals/transplant-medicine/calculators/the-updated-natural-history-model-for-primary-biliary-cirrhosis/itt-20434724 (online, letzter Abruf: 25.02.2020)
aktualisiert am 25.02.2020