Wie wichtig ist die Früherkennung bei der Behandlung von Prostatakrebs und wie kann sie das Überleben der Patienten beeinflussen?
Prof. Hakenberg: Früherkennung hat das Ziel, einen Prostatakrebs frühzeitig, also in einem begrenzten Stadium, festzustellen, weil dann durch Behandlung eine komplette Heilung möglich ist.
Welche Empfehlungen würden Sie Männern in Bezug auf regelmäßige Untersuchungen und Vorsorgemaßnahmen geben? Welche Untersuchungen empfehlen Sie in welchem Alter?
Prof. Hakenberg: Die deutsche S3-Leitlinie zum Prostatakrebs empfiehlt allen Männern ab 45 Jahren Vorsorgeuntersuchungen. Diese sollten auch eine PSA-Bestimmung beinhalten – auch wenn diese nicht von den Krankenkassen bezahlt wird. Aber die Bestimmung des PSA-Wertes gibt darüber Auskunft, wie hoch das individuelle Risiko ist, Prostatakrebs zu haben oder später zu entwickeln und wie häufig weitere Vorsorgeuntersuchungen durchgeführt werden sollten.
Die deutsche S3-Leitlinie zum Prostatakrebs empfiehlt allen Männern ab 45 Jahren Vorsorgeuntersuchungen. Diese sollten auch eine PSA-Bestimmung beinhalten...
Gibt es Risikofaktoren oder bestimmte Personengruppen, die häufiger an Prostatakrebs erkranken?
Prof. Hakenberg: Personen mit erhöhtem Risiko sind Männer, die in der Verwandtschaft Fälle mit Prostatakrebs hatten, also wenn Vater oder Brüder betroffen waren. Diese Personen haben ein dreifach höheres Risiko, selbst an Prostatakrebs zu erkranken.
Welche Rolle spielen genetische Faktoren und die Familiengeschichte bei der Risikobewertung für Prostatakrebs?
Prof. Hakenberg: Es gibt – allerdings sehr selten – das direkt vererbte Prostatakarzinom. Viel häufiger ist aber ein familiäres Risiko ohne direkte Vererbung, aber mit erhöhtem Erkrankungsrisiko, wenn männliche Verwandte Prostatakrebs hatten.
Welche Behandlungs- und Therapiemöglichkeiten gibt es heute?
Prof. Hakenberg: Beim lokal begrenzten Prostatakrebs – also im Frühstadium und auf die Prostata beschränkt – können Operation (komplette Entfernung der Prostata) oder Bestrahlung der ganzen Prostata Heilung bringen.
Wie hat sich die Behandlung des Prostatakarzinoms in den letzten Jahren verändert und welche Auswirkungen haben diese Veränderungen auf den Behandlungserfolg?
Prof. Hakenberg: Sowohl die Operations- wie auch die Bestrahlungsmethoden haben sich kontinuierlich über die Jahre verbessert, sodass die Ergebnisse heute besser sind als vor 30 Jahren. Besonders viel hat sich aber auch in der Behandlung des fortgeschrittenen, metastasierten Prostatakrebses verbessert. Hier steht heute eine Vielzahl von wirksamen, neuen Medikamente zur Verfügung. Damit lässt sich auch in diesem Krankheitsstadium heute eine erhebliche Lebensverlängerung mit guter Lebensqualität erreichen.
Besonders viel hat sich aber auch in der Behandlung des fortgeschrittenen, metastasierten Prostatakrebses verbessert.
Wie hat sich die Überlebensrate von Patienten mit Prostatakrebs in den letzten Jahren verändert und welche Faktoren spielen dabei eine Rolle?
Prof. Hakenberg: Besonders im fortgeschrittenen Stadium lässt sich durch kluge Kombination verschiedener Behandlungen, wie Hormonbehandlungen, Immuntherapie oder Chemotherapie eine Menge erreichen und das Überleben um Jahre verlängern.
Welche neuen Medikamente oder Therapien befinden sich derzeit in der klinischen Erprobung, die das Potenzial haben, die Behandlung des Prostatakarzinoms zu verbessern?
Prof. Hakenberg: Besonders im Bereich der Immuntherapie werden auch beim Prostatakrebs neue Wege beschritten und im Rahmen von Studien erprobt.
Welche Rolle spielen personalisierte oder zielgerichtete Therapien bei der Behandlung von Prostatakrebs?
Prof. Hakenberg: Unter "personalisiert" versteht man eine individuelle, auf den jeweiligen Tumortyp zugeschnittene, maßgeschneiderte Behandlung. Ganz so weit sind wir beim Prostatakrebs noch nicht. Es wird zwar eine individualisierte Behandlung mit genau abgestimmten Kombinationsbehandlungen durchgeführt, aber eine genetische Typisierung des einzelnen Krebses mit darauf abgestimmter Behandlung gibt es beim Prostatakrebs bislang nicht.
Wie wird die Behandlung und Therapie von Prostatakrebs voraussichtlich in 10 Jahren aussehen? Können Sie einen Ausblick geben? Wird es neue Medikamente oder Therapieverfahren geben?
Prof. Hakenberg: Es wird mit Sicherheit weitere neue Medikamente geben, denn fortwährend werden neue Medikamente erprobt und zugelassen. Hier ist das Innovationspotenzial im Moment sehr groß. Möglicherweise werden wir in 10 Jahren auch tatsächlich eine personalisierte Behandlung beim Prostatakrebs haben, mit Typisierung der molekularen Veränderungen des individuellen Krebses und einer dagegen gerichteten, gezielten Therapie. Es deutet viel darauf hin, dass das so sein wird.
Möglicherweise werden wir in 10 Jahren auch tatsächlich eine personalisierte Behandlung beim Prostatakrebs haben...
Eine letzte persönliche Frage: Sie sind Vorsitzender des Arbeitskreises für Urinzytologie und uringebundene Marker. Können Sie unseren Lesern in einfachen Worten erklären, womit sich dieser Arbeitskreis beschäftigt und welche Ziele er verfolgt?
Prof. Hakenberg: Urinzytologie ist die mikroskopische Untersuchung des Urins auf Tumorzellen, die man sehr gut erkennen kann. Allerdings bezieht sich das auf das Blasenkarzinom und ist für den Prostatakrebs nicht geeignet.
Vielen Dank für das Interview!