Unter dem Begriff posttraumatische Belastungsstörung versteht man eine verzögerte Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine außergewöhnliche Bedrohung. Übersteigen Traumata das Verarbeitungsvermögen des Betroffenen, so kann sich eine posttraumatische Belastungsstörung entwickeln. Die Frage, ob ein Ereignis traumatisierend ist, ist zum einen abhängig von der Art und Stärke des Ereignisses/der Situation und von der Person, die der Situation ausgesetzt ist.
Bei der Verarbeitung des Ereignisses spielt die Gesamtverfassung des Betroffenen oft eine entscheidende Rolle. Daneben gibt es auch Ereignisse und Situationen, die bereits aufgrund ihrer Schwere oder Unvereinbarkeit mit menschlichem Leben für alle Menschen „traumatisierende" Wirkung haben.
Umgekehrt gibt es auch Menschen, deren Bewältigungsfähigkeit und Abwehrmechanismen besonders stark ausgeprägt sind und die Empfindlichkeit überdurchschnittlich gering ist. Diese Menschen sind dann im Durchschnitt resistenter als andere.
Solche Belastungsreaktionen treten in der Regel erst Monate bis Jahre nach dem Ereignis auf. Man schätzt, dass etwa 40 bis 60 Prozent aller Menschen irgendwann in ihrem Leben einmal das Opfer eines traumatischen Erlebnisses werden.
Nach ICD-10 werden die Belastungsreaktionen unterteilt in:
Hierzu zählen Belastungen wie schwere Unfälle, Naturkatastrophen, Krieg und Vergewaltigung. Die unmittelbare Reaktion zeigt sich insbesondere durch vorübergehende Benommenheit, Unruhe, Angst, Fluchttendenz und vegetative Symptome wie Herzjagen und Schwitzen. Die Störungen bilden sich oft schon nach Minuten zurück und klingen im Allgemeinen in einigen Stunden oder Tagen ab.
Langanhaltende Reaktionen auf Naturereignisse, sexueller Missbrauch, Krieg und andere Katastrophensituationen. Besonders betroffen sind relativ wenig belastbare und neurotisch strukturierte Menschen. Als Symptome treten insbesondere Angst, emotionale Einengung, Teilnahmslosigkeit, bedrückte Stimmung und Schlafstörung auf. Die angstbesetzte Situation kann lange Zeit in Erinnerung bleiben und in Träumen auftauchen. Nicht selten kommt es in der Folge zu Alkohol- oder Tablettenmissbrauch. Im Extremfall kann die psychische Symptomatik zeitlebens bestehen.
Hierunter versteht man Folgen stärkerer Belastungen. Die Betroffenen können die Situation nicht bewältigen und sich an die neue Situation anpassen. Die Störungen zeigen sich hauptsächlich in Depressivität und Angst, Gefühl der eigenen Unzulänglichkeit, Unsicherheit und eingeschränkte Lebenstüchtigkeit im Alltag. Im Wesentlichen handelt es sich hierbei um eine reaktive Depression, welches nach einschneidenden Veränderungen der Lebensverhältnisse auftritt.
(Persönlichkeitswandel/Verfolgtensyndrom)
Die einfache posttraumatische Belastungsstörung tritt als Reaktion auf ein einmaliges traumatisches Erlebnis auf.
Eine solche belastende Erfahrung kann zu folgenden Symptomen führen:
Demgegenüber sind die möglichen Folgen einer komplexen posttraumatischen Belastungsstörung deutlich reichhaltiger. Traumatische Erfahrungen werden hier meist über einen längeren Zeitraum und häufig in gestörten Familienverhältnissen erlebt, so dass vor allem die Persönlichkeits-Entwicklung beeinträchtigt wurde und die Möglichkeiten zur Selbstbewältigung bei diesen Personen begrenzt ausgebildet sind.
Eine komplexe posttraumatische Belastungsstörung kann sich durch folgende Beschwerden äußern:
Meist treten die Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung unmittelbar nach dem erlebten Trauma auf. Einige Betroffene erleben zunächst eine Art psychischen Schock, in dem alle Gefühle unterdrückt werden.
Erst nach einer gewissen Zeit kommen Ängste, Schlafstörungen oder Depressionen zum Vorschein. Manchmal scheint das Trauma vergessen zu sein, doch die unverarbeitete seelische Verletzung ist gespeichert und kann sich in Form körperlicher Beschwerden bemerkbar machen. Ein unverarbeitetes Trauma kann jederzeit erneut aufbrechen und den Betroffenen erneut in eine tiefe psychische Krise stürzen.
Die Therapie der posttraumatischen Belastungsstörung erfolgt folgendermaßen:
Allgemeine Maßnahmen dienen in erster Linie der Herstellung einer geschützten Therapieumgebung, der Aufklärung über mögliche Symptome und der Vorbereitung einer spezifischen Traumabehandlung.
Maßnahmen, die der Krisenintervention und der gezielten Vorbereitung auf die eigentliche Bearbeitung dienen. Hier werden Techniken eingesetzt, um den Patienten in die Lage zu versetzen, auch innerlich ausreichenden Schutz vor einem Trauma aufzubauen bzw. die Konfrontationen selber zu kontrollieren. Bei Bedarf können auch Medikamente, vor allem SSRI, eingesetzt werden, jedoch keine Medikamente mit Suchtpotential.
In der Regel fällt es den Patienten sehr schwer, über die traumatisierende Situation zu erzählen, da die Schilderungen meist begleitet sind von sehr heftigen, aufkommenden Gefühlen von Angst, Scham, Schuld und Hilflosigkeit. Man sollte besonders vorsichtig therapeutisch Vorgehen, da eine gezielte Exploration des Traumas hier schädlich sein und eine Retraumatisierung begünstigen kann.
Voraussetzung für eine erfolgreiche Therapie bzw. positive Traumaarbeit ist, eine stabile und vertrauensvolle therapeutische Beziehung. Experten streiten sich darüber, ob für eine effektive Therapie der posttraumatischen Belastungsstörung, das Trauma vollumfänglich erinnert werden muss. Zusätzlich können verschiedene Therapieverfahren eingesetzt werden.
Diese sollen im Folgenden nur kurz erwähnt werden:
Verlauf und Dauer der posttraumatischen Belastungsstörung sind individuell sehr unterschiedlich. Die Behandlung kann sich über Jahre erstrecken. Ziel jeglicher Behandlungsform ist der Abbau von Angst, Schlafstörungen, Konzentrationsstörungen etc. und der Bewältigung von Erinnerungen und Bildern.
Letzte Aktualisierung am 15.12.2020.