Unter dem Begriff Polyurie versteht man die Ausscheidung einer Harnmenge von über zwei bis drei Liter am Tag. Damit verbunden sind meist auch sehr große Mengen Urin pro Toilettengang und ständiger Harndrang sowie starker Durst. Häufig zeigen die Patienten Zeichen des Flüssigkeitsverlusts wie trockene Haut, Lippen und Augen. Eine erhöhte Urinmenge ist normal, wenn sehr viel getrunken wurde, insbesondere harntreibende Getränke wie Kaffee, schwarzer Tee oder Alkohol.
Die häufigsten Ursachen für eine erhöhte Harnproduktion sind:
Das Anamnese-Gespräch zu Beginn der Untersuchung dient dem Arzt dazu, mehr über die Beschwerden und die Krankheitsgeschichte des Patienten zu erfahren. Dabei stellt er Fragen wie: Seit wann besteht die Polyurie? Tritt sie nur tagsüber auf oder ist sie in der Nacht stärker? Wie viel trinkt der Patient am Tag? Hat der Patient ein starkes Durstgefühl? Leidet der Patient an bestimmten Erkrankungen wie Diabetes, Nierenschwäche oder Bluthochdruck? Hatte der Patient in letzter Zeit einen Unfall, bei dem das Gehirn verletzt wurde? Trinkt der Patient Alkohol, wenn ja, wie viel?
Bei der körperlichen Untersuchung achtet der Arzt vor allem darauf, ob der Patient eher ausgetrocknet erscheint oder ob er Wassereinlagerungen hat. Bei einem starken Flüssigkeitsmangel bleibt eine Hautfalte stehen, wenn man die Haut im Bereich des Handrückens über den Fingerknöcheln nach oben zieht. Ödeme, also Flüssigkeitseinlagerungen, wie sie zum Beispiel bei Herzschwäche entstehen, erkennt man daran, das bei längerem Druck auf den Knöchel oder die Wade eine Delle sichtbar bleibt, nachdem man den Finger wieder weggenommen hat. Typisch sind auch tiefe Abdrücke von Strümpfen oder Schuhen.
In der Regel wird der Patient zur Abklärung der Ursache der vermehrten Harnproduktion gebeten, einige Tage seine Trinkmenge und die Menge seines Urins zu messen und zu notieren. So erhält der Arzt einen Hinweis auf den Zusammenhang zwischen Flüssigkeitszufuhr und -Ausfuhr.
Im Labor können Blut- und Urinproben auf Zuckergehalt, Elektrolyte (Natrium, Kalium und Calcium) und bestimmte Eiweiße (zum Beispiel Kreatinin) getestet werden, woraus sich häufig schon schließen lässt, was die Ursache der Polyurie ist.
Sollte nach diesen Untersuchungen die Ursache der vermehrten Harnproduktion immer noch nicht geklärt sein, können Herz mittels EKG und Röntgen sowie Nieren mittels Ultraschall oder speziellen Röntgenbildern mit Kontrastmitteln untersucht werden. Bei Verdacht auf eine Störung des Wasserhaushalts durch einen Defekt im Gehirn können eine Computertomographie (CT) oder eine Magnetresonanztomographie (MRT) erstellt werden.
Beim Diabetes mellitus ist es zunächst wichtig, die Krankheit zu erkennen und in die Kategorien Typ I oder Typ II einzuordnen. Diabetes ist eine Stoffwechselkrankheit, bei der das Hormon Insulin fehlt oder die Körperzellen nicht auf dieses Hormon reagieren. Dadurch ist besonders nach dem Essen die Konzentration an Zucker im Blut extrem erhöht, wobei die Zellen nicht genug Zucker aufnehmen können. Die Krankheit ist im Normalfall gut zu behandeln, kann jedoch nicht ursächlich geheilt werden. Die Patienten sind darauf angewiesen, ihr Leben lang regelmäßig die entsprechenden Medikamente zu nehmen und sich bewusst und gesund zu ernähren. Nur so können schwere Folgeschäden des Diabetes wie Gefäßkrankheiten verhindert werden.
Diabetes insipidus kann durch die Gabe von den fehlenden Hormonen des Wasserhaushalts behandelt werden. Dadurch kann in der Regel die Polydipsie und Polyurie ausgeglichen werden. Außerdem ist es entscheidend, die richtige Menge an Flüssigkeitszufuhr zu finden, um den Wasserhaushalt auszugleichen. Grundsätzlich sollte nach der Ursache des Diabetes insipidus gesucht und diese therapiert werden. Ist zum Beispiel ein Tumor der Hypophyse die Ursache der Störung im Regelkreis, muss dieser operativ entfernt werden.
Elektrolytstörungen können durch die Gabe des entsprechenden Stoffes, der zu wenig vorhanden ist, ausgeglichen werden. Ist zuviel Calcium vorhanden, muss auch die Ursache dieser Fehlverteilung gefunden werden. So kann hinter einer Hypercalciämie beispielsweise eine Osteoporose oder eine Überfunktion der Nebenschilddrüsen stecken.
Bei Erkrankungen der Nieren richtet sich die Therapie nach der Ursache und dem genauen Stadium der Nierenschwäche.
aktualisiert am 25.07.2019