Im Gefolge der Planungen des II. Golfkrieges wurde wohl als psychologische Maßnahme der Kriegsführung die Öffentlichkeit mit der Möglichkeit bioterroristischer Anschläge konfrontiert. Gesundheits- und Sicherheitsbehörden gefährdeter Länder waren gezwungen, ein Notfallkonzept zu erarbeiten. Bedeutungsvoll war dabei die Frage der willkürlichen Freisetzung eines Erregers, dem Pockenvirus, das seit 1977 nicht mehr aufgetreten ist.
Offiziell gibt es derzeit nur zwei Lagerstätten für Pockenvirusstämme: Centers for Disease Control and Prevention, Atlanta (USA) und Institut Vector, Nowosibirsk (GUS). Im Mai 1980 hatte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Welt für frei von Pocken erklärt.
Beim Pockenvirus, dem Variola-Virus, handelt es sich um einen Vertreter der Poxviridae, Genus Orthopoxvirus. Antigenetisch ist das Virus eng mit dem Affenpockenvirus verwandt. Bei diesem seit Ende der 1970er Jahre eradizierten Erreger, war der Mensch das einzige Reservoir. Ansteckungen konnten nur auf aerogenem Weg von infizierten auf nicht-infizierte Menschen erfolgen.
In Abhängigkeit von physikalischen Faktoren, z.B. Trockenheit, Luftfeuchtigkeit oder Kälte, bleibt der Erreger in der Umwelt über viele Wochen infektiös. Ob Pockenviren im Permafrost, wie z. B. in Yakutien (z. B. in Gräbern), infektiös blieben, wurde immer wieder diskutiert und lässt sich sicher nicht grundsätzlich ausschließen. Auch lässt sich mit den neuen Erkenntnissen der Gentechnik zukünftig nicht ausschließen, dass Pockenvirus aus kriminellen oder weltanschaulichen Gründen hergestellt werden könnte.
Das Beispiel des synthetisch hergestellten Poliovirus verdeutlicht diese Möglichkeit nur um so eindringlicher.
Die Inkubationszeit (Zeit zwischen Infektion und Ausbruch der Krankheit) der Pocken betrug 12 bis 14 Tage. An Pocken Erkrankte waren mit Beginn des Fiebers und für die Dauer des Exanthems (Hautausschlag), etwa 3 Wochen, ansteckend. Mit fortschreitender Dauer der Erkrankung nahm die Infektiosität ab.
Das klinische Bild der Pocken war durch die typischen Effloreszenzen geprägt. Kurz nach dem Fieberbeginn schossen die Hauterscheinungen mit Papeln auf, die in der Folge zu eitergefüllten Blasen und schließlich zu verkrustenden Pusteln wurden. Im Gegensatz zu Windpocken boten die Effloreszenzen ein monomorphes Bild.
Die Mehrzahl der an Pocken erkrankten Menschen überlebten die Erkrankung in der Regel mit einer ausgeprägten Narbenbildung. Als Komplikation galten hämorrhagische Verläufe. Bei Personen mit einer Teilimmunität kam es zu leichteren Verläufen mit einer niedrigeren Letalität (Sterbensrate).
In den 1970er Jahren stand nocht keine spezifische Therapie zur Verfügung. Heute existieren antivirale Substanzen wie Cidofovir und sind wahrscheinlich wirksam. Durch Plasmaspenden von kürzlich geimpften Soldaten der US Armee, steht nun auch wieder Vaccinia-Hyperimmunglobulin zur Verfügung, das zur Behandlung von Erkrankten oder als Postexpositionsprophylaxe eingesetzt werden kann.
Die Diagnostik der Pocken erfolgt durch die diversen virologischen Methoden, wie Elektronenmikroskopie, Nukleinamplifikationstest und Antigentests.
Die Strategie, die zur Ausrottung der Pocken führten, waren weltweite Impfkampagnen mit Vaccinia-Impfstoff sowie Abriegelsimpfungen bei Ausbrüchen. Durch dieses Konzept ließen sich die letzten Infizierten aufspüren und die Infektionsketten somit endgültig brechen.
Allerdings war die Vaccinia-Impfung mit erheblich Nebenwirkungen behaftet und Impfkomplikationen, die teils auch tödlich (letal) verliefen, kamen vor. Als Notfallreserve wurden nochmals 100 Millionen Dosen des Vaccinia-Impfstoffs durch die Bundesregierung in Auftrag gegeben, die jetzt eingelagert wurden. Der Impfstoff entspricht den Anforderungen, die die WHO in den 1970er Jahren an die Wirksamkeit dieses Impfstoffs gestellt hatte.
Nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) §6 ist der Krankheitsverdacht, die Erkrankung sowie der Tod an virusbedingtem hämorrhagischen Fieber, also auch den Pocken, namentlich meldepflichtig. Namentlich ist nach dem IfSG §7 der direkte oder indirekte Nachweis, sofern die Nachweise auf eine akute Infektion hinweisen, zu melden.
Für den theoretischen Fall eines Wiederauftretens bzw. einer Einschleppung von Pocken wurde ein Bund-Länder-Rahmenkonzept erarbeitet, das auf den vier Säulen, Diagnostik, seuchenhygienischen Maßnahmen, Organisation von Schutzimpfungen und der Behandlung, basieren.
Letzte Aktualisierung am 27.06.2016.