Zu den häufigsten Ursachen eines plötzlichen Blutdruckabfalls gehört die orthostatischen Hypotonie. Darunter versteht man einen Blutdruckabfall beim raschen Aufstehen aus einer sitzenden oder liegenden Position. Ist dieser Blutdruckabfall besonders ausgeprägt, spricht man von einer orthostatischen Dysregulation. Normalerweise reguliert der Körper den Blutdruck lageabhängig, um eine konstante Blut- und Sauerstoffversorgung zu gewährleisten. Bei der orthostatischen Dysregulation reagiert das vegetative Nervensystem jedoch nicht adäquat auf Lageveränderungen: Das Blut bleibt in den Beinen und wird nicht effektiv zum Herzen zurückgepumpt. Schwindel, Schwarzwerden vor den Augen und sogar Bewusstlosigkeit können die Folge sein.
Vor allem Herzrhythmusstörungen und Herzklappenerkrankungen können dazu führen, dass das Gehirn nicht ausreichend mit Blut versorgt wird und es zu einem plötzlichen Blutdruckabfall kommt (Joyner, 2009). Häufig führen Herzerkrankungen, die das das Gehirn nicht ausreichend mit Blut versorgen, zur Ohnmacht (Synkope).
Auf einen starken Blutverlust, der durch verschiedene Ursachen wie schwere Verletzungen oder innere Blutungen (z. B. Magenblutung, spontane Nierenblutung oder Milzruptur oder Aneurysmaruptur), reagiert der Körper mit einer Schutzreaktion. Dabei verengen sich die Blutgefäße in den äußeren Körperregionen, um die Blutzufuhr zu lebenswichtigen Organen wie Gehirn und Herz aufrechtzuerhalten. Diese Reaktion führt zu blasser Haut, Schweißausbrüchen und erhöhter Herzfrequenz. Durch den Verlust von Blut und damit Flüssigkeit im Körper sinkt der Blutdruck. Bei starkem Blutverlust kann der Betroffene ohnmächtig werden. Gründe für solche Blutungen können neben Verletzungen, Geschwüre, Tumore oder Gefäßerkrankungen wie Aneurysmen sein.
Bakterien, die in den Blutkreislauf eindringen und verschiedene Organe schädigen oder zum Versagen bringen können, führen zu einer Blutvergiftung, einer schweren Infektion, die sich im ganzen Körper ausbreitet. Der Körper versucht, die Organe weiterhin mit Sauerstoff zu versorgen, indem er die Blutgefäße erweitert und die Herzfrequenz erhöht. Diese Reaktion führt jedoch dazu, dass weniger Blut zum Herzen zurückfließt und der Blutdruck stark abfällt. Menschen mit Sepsis haben oft eine trockene, warme und gerötete Haut - ein Unterscheidungsmerkmal zu anderen Ursachen des Blutdruckabfalls, bei denen die Haut eher blass ist.
Bei COVID-19-Patienten kann es zu einem plötzlichen Blutdruckabfall kommen, der durch eine Erweiterung der Aortenwurzel, eine Entzündung der Aorta oder den plötzlichen Beginn der Erkrankung verursacht wird (Muñoz Hernàndez, 2020).
Medikamente können als Nebenwirkung ein plötzlichen Blutdruckabfall verursachen. Am häufigsten führt die falsche Dosierung von Blutdrucksenkern (Diuretika, ACE-Hemmer oder Kalziumantagonisten) zu einem plötzlichen Blutdruckabfall (Makó et al., 2018). Weitere Medikamente, die einen plötzlichen Blutdruckabfall auslösen können, sind: Antidepressiva, Augentropfen zur Behandlung des grünen Stars (Glaukom), Medikamente zur Behandlung der gutartigen Prostatavergrößerung, Chemotherapie, Benzodiazepine wie Diazepam (Sato et al., 2016).
Bei hohen Temperaturen werden die Blutgefäße erweitert, um die Wärmeabgabe des Körpers zu erhöhen. Gleichzeitig verliert der Körper Flüssigkeit durch Schwitzen. Wird nicht ausreichend Flüssigkeit aufgenommen, führt dies zu einer Verringerung des Flüssigkeitsvolumens im Körper und damit zu einem Abfall des Blutdrucks. Auch anhaltendes Erbrechen, starker Durchfalloder übermäßiges Wasserlassen (Polyurie) können zu einem Flüssigkeitsverlust führen und ebenfalls den Blutdruck senken.
Durch die hormonelle Umstellung während der Schwangerschaft erweitern sich die Blutgefäße, das Blutvolumen und die Herzfrequenz nehmen zu. Dies kann vor allem in den ersten sechs Monaten der Schwangerschaft zu plötzlichen Blutdruckschwankungen führen. Ähnliche hormonelle Veränderungen finden auch in den Wechseljahren statt, die ebenfalls zu Blutdruckschwankungen führen können.
Einige Erkrankungen des Nervensystems schädigen das autonome Nervensystem. Dies kann zu einem plötzlichen Blutdruckabfall führen. Das autonome Nervensystem reguliert unbewusste Körperfunktionen, darunter auch den Blutdruck. Hier einige Beispiele:
Parkinson kann die autonomen Funktionen beeinträchtigen und zu einer orthostatischen Hypotonie führen, d. h. zu einem plötzlichen Blutdruckabfall, wenn der Patient aufsteht.
Die vasovagale Synkope, eine Art reflexartige Ohnmacht, tritt auf, wenn der Blutdruck plötzlich stark abfällt und der Herzschlag langsamer wird. Typische Auslöser sind langes Stehen, starkes Pressen (z.B. auf der Toilette oder beim Niesen), Schmerzen, Blut sehen, Blutentnahme sowie extreme Angst oder Aufregung. In selteneren Fällen kann auch Druck auf den Hals oder die Halsarterien, z. B. durch enge Kleidung oder schnelles Drehen des Kopfes, eine vasovagale Synkope auslösen, die als Karotissinussyndrom bezeichnet wird. Schwindel, Schwarzsehen, Schweregefühl in den Beinen, Übelkeit und Schweißausbrüche können Warnzeichen sein.
Bei den autonomen Neuropathien handelt es sich um Erkrankungen, die die peripheren Nerven betreffen, die automatisch (ohne bewusste Anstrengung) die Vorgänge im Körper regulieren (autonome Nerven). Diabetes mellitus ist eine häufige Ursache der autonomen Neuropathie.
Bei älteren Menschen kann das Karotissinussyndrom zum plötzlichen Blutdruckabfall oder zur Verlangsamung des Herzschlags (Bradykardie führen). Schon ein geringer Druck auf die Halsschlagader, z. B. durch eine Krawatte, einen Hemdkragen oder Kopfbewegungen, kann zu einem plötzlichen Blutdruckabfall führen (Schoon et al., 2013).
Ein anaphylaktischer Schock ist eine extreme allergische Reaktion, bei der große Mengen Histamin freigesetzt werden. Dadurch erweitern sich die Blutgefäße und die Herzfrequenz steigt, was zu einem starken Blutdruckabfall führen kann. Bei einem allergischen Schock kann es auch zu lebensbedrohlichen Ödemen im Kehlkopfbereich kommen. Betroffene sollten immer ein Notfallset mit Antihistaminika, Kortison und Adrenalin bei sich tragen.
Ein Schock oder starke Schmerzen können zu einer Überreizung des Vagusnervs führen. Dieser Nerv ist unter anderem an der Regulation des Herz-Kreislauf-Systems beteiligt. Wird dieser Nerv überreizt, erweitern sich die Blutgefäße. Die Herzfrequenz sinkt und der Blutdruck fällt stark ab.
Mit zunehmendem Alter verlieren die Blutgefäße an Elastizität und können sich nicht mehr so gut an die unterschiedlichen Flüssigkeitsmengen im Körper anpassen. Dies kann bei älteren Menschen zu plötzlichen Blutdruckabfällen führen, die Schwindel verursachen, zu Ohnmachtsanfällen führen und schwere Stürze auslösen können.
Bei der postprandialen Hypotonie handelt es sich um einen Blutdruckabfall nach dem Essen, der sich durch Schwindel, Unwohlsein und Benommenheit bemerkbar machen kann. Normalerweise wird für die Verdauung mehr Blut in den Magen-Darm-Trakt geleitet. Menschen mit einer postprandialen Hypotonie können diese Umverteilung des Blutes nicht ausreichend kompensieren, was zu einem Sauerstoffmangel im Gehirn führt. Hormonelle Störungen, Störungen des vegetativen Nervensystems oder Schwierigkeiten bei der Magendehnung oder Magenentleerung sind mögliche Ursachen. Besonders anfällig für diese Form der Hypotonie sind ältere Menschen, Typ-2-Diabetiker oder Parkinson-Patienten. In Pflegeheimen sind bis zu einem Viertel der Bewohner betroffen, wobei die Gefahr von Ohnmachtsanfällen und Stürzen durch einen plötzlichen Blutdruckabfall nicht zu unterschätzen ist.
Ein plötzlicher Blutdruckabfall (akute Hypotonie) führt zu einer vorübergehenden Unterversorgung des Gehirns und anderer Organe mit Sauerstoff.
Folgende Symptome können auftreten:
Führt der plötzliche Blutdruckabfall zur Bewusstlosigkeit, ist der Notarzt zu verständigen.
Ein gelegentlich niedriger Blutdruck ist in den meisten Fällen harmlos. Abgeklärt werden sollte ein niedriger Blutdruck, wenn
In vielen Fällen ist eine orthostatische Dysregulation die Ursache für einen plötzlichen Blutdruckabfall. In diesem Fall können folgende Maßnahmen ergriffen werden:
In der Regel reichen diese einfachen Maßnahmen aus, um schon nach wenigen Minuten eine Besserung zu erzielen.
Je nach Ursache sind diese Maßnahmen nicht immer erfolgversprechend.
aktualisiert am 15.12.2023