Anhand welcher Tests kann man ein Piriformis-Syndrom erkennen?
Lesezeit: 4 Min.
Beim Piriformis-Syndrom handelt es sich um ein Schmerzsyndrom, das vom Musculus piriformis ausgelöst wird. Dieser Hüftmuskel, der tief im Gesäß liegt, kann Druck auf den Ischias-Nerv ausüben. Dadurch kann es zu Schmerzen im Gesäß, im hinteren Oberschenkel, aber auch über den Unterschenkel bis in den Fuß kommen. Ebenfalls sind Missempfindungen wie Taubheit oder Kribbeln möglich. Insgesamt ähneln die Symptome stark denen eines Bandscheibenvorfalls. Es gibt keine klassischen Tests, mit denen man ein Piriformis-Syndrom eindeutig diagnostizieren kann. Einige Tests können jedoch Hinweise auf das Syndrom liefern. Die Diagnose erfolgt letztendlich über den Ausschluss anderer möglicher Erkrankungen.
Dieser birnenförmige Muskel liegt in der Tiefe unter dem großen Gesäßmuskel (Musculus gluteus maximus). Er zieht vom Kreuzbein zu einem Knochenvorsprung am oberen Ende des Oberschenkelknochens (Trochanter major). Seine Funktionen im Hüftgelenk sind abhängig von der Stellung der Hüfte. Er hilft mit bei:
der Streckung der Hüfte (Extension)
beim Abspreizen des Oberschenkels in der Hüfte (Abduktion)
bei der Außenrotation in der Hüfte (bis zu einer Beugung des Gelenkes von 90 Grad)
bei der Innenrotation in der Hüfte (ab einer Beugung des Gelenkes über 90 Grad)
Der Ischias-Nerv verläuft in unmittelbarer Nähe zum Piriformis-Muskel. Deshalb kann er bei einer Verspannung oder Verdickung des Muskels unter Druck geraten und die oben beschriebenen Symptome auslösen.
Welche Tests gibt es für das Piriformis-Syndrom?
Im Hinblick auf die Diagnose des Syndroms gibt es Tests, die den Ischias-Nerv provozieren und solche, die eher auf den Piriformis-Muskel abzielen:
Bei einem Nerventest wird der Nerv in der Regel auf Zug gebracht, um Symptome auszulösen.
Muskeln können sowohl bei Dehnung als auch bei Anspannung provoziert werden.
Mögliche Tests sind:
Lasègue-Test
Freiberg-Test
FAIR-Test
Pace-Test
Beatty-Test
Lasègue-Test
Beim Lasègue-Test wird insbesondere die Mobilität, Gleitfähigkeit und Empfindlichkeit des Ischias-Nerven getestet:
Der Patient liegt in Rückenlage auf der Behandlungsbank.
Das betroffene Bein wird vom Untersucher in gestreckter Position langsam Richtung Zimmerdecke angehoben.
Ein gesunder und mobiler Nerv lässt dieses Manöver bis mindestens 90 Grad Hüftbeugung ohne Beschwerden des Nerven zu.
Treten vorher, zum Beispiel bis 45 Grad oder bis 70 Grad Beugung, die klassischen Symptome wie Schmerzen oder Sensibilitätsstörungen im Gesäß und im hinteren Oberschenkel auf, ist dies ein Zeichen für eine Beteiligung des Nerven. Ob die Ursache im Piriformis-Muskel oder im Bereich der Wirbelsäule liegt, steht hiermit aber noch nicht fest.
Freiberg-Test
Bei diesem Test wird der Musculus piriformis gedehnt. Es gibt verschiedene Ausführungen:
Der Patient liegt in Rückenlage auf der Behandlungsbank. 1. Möglichkeit: Das betroffene Bein wird in gestreckter Position vom Untersucher mit Nachdruck in eine Innenrotation der Hüfte bewegt. 2. Möglichkeit: Das betroffene Bein hängt mit dem Unterschenkel über den Rand der Behandlungsbank hinaus und ist im Kniegelenk gebeugt. Der Behandler löst nun über eine Bewegung des Unterschenkels nach außen eine Innenrotation im Hüftgelenk aus. Bei Knieproblemen ist hier Vorsicht geboten.
Werden durch das Manöver die Symptome des Patienten ausgelöst, gilt der Test als positiv. Ein positiver Test ist in diesem Fall ein Zeichen für eine Beteiligung des Piriformis-Muskels.
FAIR-Test
Der FAIR-Test führt ebenfalls zu einer Dehnung des Musculus piriformis. FAIR steht für Flexion, Adduktion und Innen-Rotation auf der betroffenen Seite:
Der Patient liegt auf der nicht betroffenen Seite.
Das betroffene Bein wird vom Behandler ungefähr 60 Grad in der Hüfte gebeugt (Flexion) und mit dem Knie auf der Liege abgelegt (Adduktion). Über den Unterschenkel kann nun zusätzlich eine Innenrotation in der Hüfte ausgelöst werden.
Wenn Schmerzen tief im Gesäß ausgelöst werden, auch Ausstrahlungen oder Sensibilitätsstörungen Richtung hinterer Oberschenkel, gilt dieser Test als positiv.
Pace-Test
Bei Pace-Test wird der Piriformis-Muskel angespannt:
Der Patient sitzt aufrecht auf der Behandlungsbank.
Die Hüft- und Kniegelenke sind ungefähr 90 Grad gebeugt.
Der Untersucher drückt die Kniegelenke nach innen zusammen. Der Patient hält mit Muskelkraft dagegen (Abduktion).
Der Test gilt als positiv, wenn der Patient beim Anspannen der Muskulatur einen Schmerz tief im Gesäß spürt, eventuell mit Ausstrahlung oder Sensibilitätsstörung in den hinteren Oberschenkel.
Beatty-Test
Auch bei diesem Test wird der Muskel angespannt:
Der Patient liegt auf der nicht betroffenen Seite.
Beide Beine sind in Hüft- und Kniegelenk ungefähr 90 Grad gebeugt.
Der Patient hebt das obere Kniegelenk ein Stück weit vom anderen Knie ab. Der Untersucher versucht, das Knie wieder nach unten zu drücken, während der Patient mit Muskelkraft dagegen hält.
Der Test ist positiv, wenn ein tiefsitzender Schmerz im Gesäß ausgelöst wird. Eine Ausstrahlung oder Sensibilitätsstörungen im Bereich des hinteren Oberschenkels sind ebenfalls möglich.
Neben diesen Testmanövern liefert auch die Palpation (das Ertasten) des Muskelbauches des Piriformis-Muskels tief im Gesäß Hinweise. Eine ausgeprägte Druckschmerzhaftigkeit, möglicherweise kombiniert mit Schmerzausstrahlungen, Taubheit oder Kribbeln, deuten ebenfalls auf ein Piriformis-Syndrom hin.
Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?
Wichtig ist, dass andere Erkrankungen wie Bandscheibenvorfälle oder auch Tumore im kleinen Becken ausgeschlossen werden. Steht die Diagnose Piriformis-Syndrom fest, stehen verschiedene Behandlungsoptionen zur Verfügung. Hierzu zählen:
schmerzlindernde und entzündungshemmende Medikamente
in manchen Fällen helfen auch Spritzen (gegebenenfalls mit Cortison) direkt in die betroffen Region im Gesäß
Wärmeanwendungen zur Lockerung der Muskelspannung
Physiotherapie, auch zur Anleitung von Eigendehnungen und anderen Eigenübungen
eine Behandlung mit Injektion von Botulinumtoxin mit daraus folgender Lähmung des Piriformis-Muskels für etwa drei Monate konnte bei chronischen Beschwerden auch schon zum Erfolg führen
Eine operative Therapie kommt normalerweise nicht zur Anwendung.
Fazit
Die Diagnose eines Piriformis-Syndroms ist nicht leicht und erfolgt über den Ausschluss anderer möglicher Erkrankungen. Verschiedene Tests im Rahmen der körperlichen Untersuchung können dabei den Verdacht stärken oder vermindern. Ist die Diagnose gestellt, gibt es zahlreiche Möglichkeiten der Behandlung. Ein entscheidender Teil des Therapieerfolges ist das konsequente Eigentraining des Patienten. Ein Piriformis-Syndrom kann eine langwierige Symptomatik sein. Die Heilung kann mehrere Monate dauern.