Fast jedes Kind leidet bis zur Einschulung mindestens einmal unter einem Paukenerguss. Egal ob dieser akut auftritt oder chronisch besteht, stellen sich Eltern die Frage, ob ihr Kind in dieser Zeit baden und schwimmen darf und welche Risiken beim Tauchen drohen könnten. Unsicherheiten zum Umgang mit Wasser entstehen auch, wenn der Arzt dem Kind Paukenröhrchen eingesetzt hat, weil der Paukenerguss nicht abheilt.
Bei einem Paukenerguss füllt sich die Paukenhöhle im Mittelohr mit Sekret. Schwellen beispielsweise die Schleimhäute im Ohr an, ist der Luft- und Druckausgleich zwischen Mittelohr und Rachen erschwert oder unmöglich. Dadurch sammelt sich die Flüssigkeit im Ohr an. Da der Druck nicht angeglichen werden kann, kommt es unter anderem zu Problemen beim Tauchen. Ursache von Paukenergüssen können auch vergrößerte Rachenmandeln sein.
In den meisten Fällen heilt der Paukenerguss von allein aus, wenn die Erkältung abklingt. Abschwellende Sprays oder Tropfen können unterstützend helfen. Genügt das nicht, setzt der Arzt einen Schnitt ins Trommelfell, damit das Sekret ablaufen kann. Wiederholt sich der Erguss, prüft der Arzt, ob der Einsatz von Paukenröhrchen nötig ist. Mit diesen kleinen Röhrchen im Trommelfell ist der Luftaustausch gewährt, ganz besonders bei Kindern, die sich immer wieder erkälten.
Bei einem akuten Paukenerguss ist es besser, auf das Schwimmen zu verzichten. Die akute Phase ist bei den meisten Betroffenen nach zwei Wochen beendet. Ein Besuch beim HNO-Arzt bringt Klarheit. Mit dem Ausheilen ist das Schwimmen wieder erlaubt.
Eine grundsätzliche Empfehlung kann es für Betroffene mit chronischem Paukenerguss nicht geben. Ob Schwimmen bei einem chronischen Paukenerguss schädlich sein kann, ist von Patient zu Patient unterschiedlich. Der HNO- oder Kinderarzt wird dazu Auskunft geben. Der Arzt wird bei der Entscheidung berücksichtigen, wie anfällig für Infekte das Kind ist und ob andere Erkrankungen vorliegen. Entscheidend ist auch, ob das Kind schon verstehen kann, worauf es selbst achten sollte. Das Temperament des Kindes spielt dabei eine Rolle. Vorschulkindern, die schon sicher schwimmen können, lässt sich im Normalfall vermitteln, dass sie nicht ins Wasser springen und nicht tauchen sollen. Bei einem ausgeprägten Paukenerguss ist allerdings vom Schwimmen abzuraten. Für eine solche Entscheidung ist unerheblich, ob es sich um Schulsport oder Freizeit handelt. Die Gesundheit des Kindes geht vor.
Paukenröhrchen bleiben im Trommelfell und fallen mit der Zeit von allein heraus. Früher haben Ärzte geraten, auf das Schwimmen mit Paukenröhrchen zu verzichten. Grund war die Befürchtung, dass durch den dünnen Kanal Wasser ins Mittelohr eindringen kann. Theoretisch ist das auch möglich. Allerdings kann die Oberflächenspannung des Wassers das Eindringen beim normalen Schwimmen weitgehend verhindern. Das Röhrchen ist sehr dünn, sodass im Grunde nur geringe Mengen überhaupt eindringen könnten. Selbst wenn der Kopf kurz unter Wasser gerät, dringt im Normalfall kein Wasser ins Ohr ein. Das liegt vor allem daran, dass der Gehörgang zum Trommelfell hin leicht ansteigt. Fließt bei aufrechter Kopfhaltung Wasser ins Ohr, verhindert die im Gehörgang befindliche Luft, dass das Wasser das Trommelfell erreicht. Von aktivem Tauchen und Springen in das Wasser ist aber abzuraten. Das Drehen des Kopfes kann die Luftblase aus dem Gehörgang steigen lassen, der Weg für eindringendes Wasser ist frei.
Problematischer als das Schwimmen ist das Bad in der Badewanne, wenn Seife ins Wasser gelangt oder Badezusatz die Oberflächenspannung des Wassers herabsetzt. Dieses „veränderte“ Wasser kann sehr viel leichter über das Paukenröhrchen in das Mittelohr eindringen. Mit einem Paukenerguss sollte das Untertauchen in der Badewanne daher unterbleiben. Vorsicht geboten ist auch beim Haarewaschen. Dabei kann das Wasser durch den Shampoozusatz ebenfalls ins Ohr eindringen. Beim Haarewaschen ist es besser, den Kopf weit in den Nacken zu legen, damit kein Wasser ins Ohr gelangt. Kinder können sich etwas auf die Ohren halten, um sie zu schützen. Gut geeignet sind dafür gefaltete, trockene Waschlappen.
Ebenfalls möglich ist der kurzfristige Verschluss des Ohrs mit Watte. Die Watte sollte allerdings leicht eingefettet oder in Öl getränkt werden. Dieser einfache Schutz eignet sich auch beim Schwimmen. Eine Badekappe hilft zu verhindern, dass sich die Watte, die vorn im Gehörgang sitzt, mit Spritzwasser vollsaugt und verlorengeht. Auch Badestirnbänder haben sich bewährt. Eine weitere Möglichkeit sind Ohrenstöpsel. Ohrstöpsel werden exakt für den Patienten angepasst und sind nicht billig. Allerdings ist das feuchtwarme Klima beim Baden bereits ein Risikofaktor für das erkrankte Ohr. Wird das Ohr nun künstlich verschlossen, können sich die Keime hinter dem Verschluss ungehindert vermehren.
Eine Mittelohrentzündung ist eine sehr schmerzhafte Erkrankung der Ohren. Sie bleibt deshalb auch bei kleinen Kindern nicht unbemerkt. Wurden allerdings Paukenröhrchen eingesetzt, baut sich im Ohr bei einer Entzündung weniger Druck auf. Die Symptome können schwächer sein und gegebenenfalls übersehen werden. Mit einer Mittelohrentzündung ist Schwimmen tabu. Ein wichtiges Anzeichen ist ablaufende Flüssigkeit aus dem Ohr, die übelriechend sein kann. Ein Arztbesuch ist dann dringend erforderlich. Dass Paukenröhrchen die Entstehung einer Mittelohrentzündung beim Schwimmen vergrößern, ist eine zu vernachlässigende Befürchtung. Bei Kindern, die anfällig für Erkältungskrankheiten sind, ist das Risiko ohnehin erhöht. Bei früher Diagnose ist eine Mittelohrentzündung gut behandelbar.
Schwimmen und Toben ist für Kinder wichtig und gesund. Bewegung stärkt insgesamt das Immunsystem. Dass Kinder sich schneller erkälten als Erwachsene, ist nicht ungewöhnlich, denn ihr Immunsystem muss sich erst entwickeln. Kinder, die sich gerne im Wasser aufhalten, sollten daher ermutigt werden, das auch weiterhin zu tun. Sie aus Sorge vor Erkrankungen davon abzuhalten, ist falsch verstandene Fürsorge, die im Ergebnis mehr schadet als nützt.
aktualisiert am 24.04.2020