Kinder leiden immer wieder an Erkältungen und Infektionskrankheiten. Die oberen Atemwege oder das Mittelohr sind häufig betroffen. Geschwollene Schleimhäute und Entzündungen im Nasen-Rachenraum „verstopfen“ die Verbindung zum Mittelohr und führen dort zu Unterdruck. Als Reaktion darauf produziert der Körper Flüssigkeitsansammlungen in der Paukenhöhle hinter dem Trommelfell: Ein Paukenerguss bildet sich. Das Auskurieren der Infektionen genügt im Regelfall, um einen Paukenerguss spurlos wieder zum Verschwinden zu bringen.
In hartnäckig wiederkehrenden Fällen werden Paukendrainagen oder Paukenröhrchen ins Trommelfell eingesetzt. Sie stellen die korrekte Belüftung des Mittelohrs sicher. Sekret kann abfließen, Entzündungsherde heilen sauber ab. Vor allem aber bleibt das Gehör intakt. Das funktionierende Hören ist die Voraussetzung für eine gesunde Sprachentwicklung. Paukendrainagen sind trotz ihrer Vorteile umstritten. Viele Eltern befürchten, ihre Kinder müssten sich beim Spielen, Schwimmen oder Baden stark einschränken. Dies ist aber nur teilweise notwendig.
Paukendrainagen sind winzige Kunststoffeinsätze oder Metallröhrchen, die das Trommelfell offen halten. Die kleine Öffnung sorgt für eine ausreichende Belüftung des Mittelohrs und verhindert das Entstehen neuer Paukenergüsse. Beim Baden oder Schwimmen besteht das Risiko, dass mit Wasser auch Krankheitserreger ins Mittelohr gelangen.
Das Wasser selbst gelangt dabei kaum durch die winzige Öffnung im Trommelfell. Allerdings ist auch im äußeren Gehörgang Feuchtigkeit eine Brutstätte für Bakterien. Und diese dürfen keinesfalls in den Raum der Paukenhöhle gelangen.
Zum Schutz kann ein eingeölter Wattebausch in die Ohren gesteckt werden. Eine Bademütze darüber hält die Watte an Ort und Stelle. Auch Silikon-Ohrstöpsel haben sich bewährt. Die Kleinen müssen also keinesfalls auf Badefreuden verzichten. Viele Experten halten Ohrenschutz sogar für gänzlich überflüssig.
Die Oberflächenspannung des Wassers verhindert grundsätzlich, dass Wasser in den Gehörgang eindringt. Der Gehörgang steigt bei normaler Kopfhaltung von der äußeren Öffnung bis zum Trommelfell nach oben an. Gerät der Kopf unter Wasser, bildet sich vor dem Trommelfell eine Luftblase, die das Wasser abhält. Diese würde entweichen, sobald der Kopf unter Wasser nach vorn oder zur Seite geneigt wird.
Die Mehrzahl der Kinder mit einer Paukendrainage hat beim Schwimmen und Spielen im Wasser nichts zu befürchten. Allerdings sollten sie während dieser (begrenzten) Lebensphase darauf verzichten, zu tauchen oder mit Schwung ins Wasser zu springen. Denn dabei baut sich Druck auf, der Wasser samt möglichen Krankheitserregern durch jeden verfügbaren Zugang im Ohr presst.
Bei einigen wenigen Kindern gelangt allerdings beinahe immer Wasser ins Ohr. Ursache sind anatomische Eigenheiten. Diese Fälle sollten grundsätzlich aufs Schwimmengehen verzichten, solange die Paukendrainage besteht. Stellt sich die Infektion regelmäßig nach jedem Schwimmbadbesuch ein, ist ein Schwimmverbot angebracht. Doch da die Drainageröhrchen nur begrenzte Zeit im Trommelfell bleiben, ist diese Zeit gut zu überbrücken.
Selbst eine einmalig auftretende Mittelohrentzündung ist nicht weiter schlimm, sofern sie sofort behandelt wird. Das Paukenröhrchen verhindert, dass sich schmerzhafter Druck im Mittelohr aufbaut. Allerdings wird Eiter aus dem betroffenen Ohr austreten. Antibiotische Ohrentropfen oder Tabletten werden dann notwendig.
Nicht jede Mittelohrentzündung ist die Folge von Wasser im Ohr. Einige Infektionen werden als Badeotitis bezeichnet: Die Kinder bekommen unter Umständen Wasser in die Nase und den Rachen. Es gelangt von dort aus über die sogenannte Eustachische Röhre ins Mittelohr, einschließlich einiger Bakterien. Das Paukenröhrchen ist für diese Umstände nicht verantwortlich zu machen.
Die erwähnte Oberflächenspannung des Wassers wird durch Seife, Badeextrakt oder Shampoo stark herabgesetzt. So behandeltes Wasser dringt leicht überall ein. Es gelangt auch über die Paukendrainage ins Mittelohr. Daher sind bei Haarwäschen oder in der Badewanne tatsächlich Vorsichtsmaßnahmen erforderlich. Das können die vorbereiteten Wattebäusche sein, getränkt mit Mitteln wie Sonnencreme, Olivenöl oder Bepanthen®-Salbe. Trockene Waschlappen, die sich das Kind beim Einseifen und Abspülen der Haare auf die Ohren hält, erfüllen den gleichen Zweck. Bei sehr kleinen Kindern kann man die Watte mit Pflaster fixieren.
Umstritten sind Ohrstöpsel. Untersuchungen ergaben, dass sie für einen „Brutkasteneffekt“ für Bakterien sorgen und daher das Gegenteil des gewünschten Schutzes bedeuten. Werden sie angewendet, sind die Eltern und Kinder häufig sorgloser und es gerät erst recht Wasser ins Ohr. Wirklich wasserdicht sind die handelsüblichen Stöpsel nicht.
Erwachsene benötigen nur in Ausnahmefällen eine Paukendrainage, Kleinkinder häufiger. Ab dem siebten bis zehnten Lebensjahr sind die Gehörgänge meist groß genug. Be- und Entlüftungsprobleme des Mittelohres gehören der Vergangenheit an.
Für gewöhnlich werden die Paukenröhrchen, entweder aus Gold oder Kunststoff, nach einiger Zeit vom Gewebe spontan abgestoßen. Dies kann nach drei Monaten, manchmal nach einem Jahr geschehen. Andernfalls wird die Drainage mit einem kleinen Eingriff wieder entfernt.
Bleibende Gehörschäden oder chronische Mittelohrentzündungen mit einem Übergreifen der Infektion auf die Knochenstrukturen sind nur zwei Beispiele dafür, was ohne durchgreifende Behandlung bei einem Paukenerguss geschehen kann. Eine Paukendrainage ist im Vergleich zu solchen Komplikationen das kleinere Übel.
aktualisiert am 24.04.2020