Bei der Osteoporose handelt es sich um eine Erkrankung, bei der die Knochendichte abnimmt. Eine gewisse Abnahme der Knochendichte ist mit fortschreitendem Alter normal. Erfolgt der Knochendichteabbau jedoch in einem überdurchschnittlichen Maße, so liegt eine Osteoporose vor. Die Behandlung setzt im Prinzip immer am gleichen Punkt an: Die Knochendichte soll möglichst lange möglichst hoch sein. Um dies zu erreichen, gibt es jedoch unterschiedliche Ansätze. Neben der so genannten Basistherapie können zur Behandlung der Osteoporose auch Medikamente eingesetzt werden.
Bei der Basistherapie handelt es sich um Maßnahmen, die vorsorglich, also zur Vermeidung einer Osteoporose, oder begleitend bei der Behandlung eingesetzt werden können. Zunächst einmal gehört die Osteoporose-Ernährung dazu. Hier kommt es insbesondere auf eine ausreichende Zufuhr an Calcium und Vitamin D an. Während Calcium über die Nahrung zugeführt wird, generiert der Körper das Vitamin D zum Großteil aus dem Sonnenlicht. Zusätzlich haben ausreichend Bewegung und gezieltes Gleichgewichtstraining einen positiven Effekt. Sie verzögern das Auftreten beziehungsweise Voranschreiten der Osteoporose.
Wenn die Erkrankung stark ausgeprägt ist, können – zusätzlich zu Calcium-Präparaten bei der Basistherapie – weitere Medikamente zur Anwendung kommen. Hier stehen grundsätzlich zwei unterschiedliche Medikamentengruppen zur Auswahl:
Knochen werden zwar oftmals als sehr stark und statisch wahrgenommen, in Wahrheit aber unterliegen sie einem kontinuierlichen Wandel: Einerseits nimmt die Knochendichte im Laufe des Lebens zunächst zu, verweilt dann auf einem Maximum und nimmt dann wieder ab. Zum anderen wird die Knochenmasse ständig ab- und wieder aufgebaut. Kommt es in diesem Prozess von Knochenab- und -aufbau zu einem Ungleichgewicht, entsteht eine Osteoporose.
Antiresorptiv bedeutet „den Knochenabbau hemmend“. Diese Medikamente enthalten dementsprechend Substanzen, die den Abbauprozess des Knochens reduzieren. Die Wirkstoffe blockieren die so genannten Knochenfresszellen. Auf diese Weise wird der Knochenabbau reduziert.
Zu den gängigsten Medikamenten der Gruppe der Antiresorptiva zählen:
Die Vorsilbe osteo- steht für Knochen, anabol bedeutet „den Aufbau des Stoffwechsels betreffend“ beziehungsweise den Aufbau des Organismus steigernd. Die Medikamente dieser Gruppe setzen also beim Aufbau der Knochenmasse an. Die Knochenaufbauzellen werden stimuliert, vermehrt Knochengewebe zu produzieren.
Zur Gruppe der Osteoanabolika gehören:
Osteoporose kommt zwar bei Frauen weitaus häufiger vor als bei Männern. Trotzdem handelt es sich nicht um eine reine Frauenerkrankung. Allerdings gibt es derzeit weit mehr medikamentöse Behandlungen, die auf Frauen abgestimmt sind, als auf Männer. Dass auch Männer keineswegs eine „Randgruppe“ bei der Osteoporose sind, zeigen diese Zahlen: Zwar sind 21 Millionen Frauen in der EU an Osteoporose erkrankt, doch unter den Männern sind es auch immerhin noch 5 Millionen.
Nicht alle Osteoporose-Medikamente können sowohl für Frauen als auch für Männer eingesetzt werden. Dies liegt daran, dass der Knochenstoffwechsel auch von Hormonen abhängig ist. Durch die Wechseljahre bei der Frau kommt es zu einem Hormonabfall der weiblichen Geschlechtshormone, wodurch die Osteoporose oftmals ausgelöst oder verschlimmert wird. Umgekehrt können weibliche Geschlechtshormone in Form von Medikamenten genutzt werden, um auf den Knochenstoffwechsel positiv einzuwirken. Medikamente, die diesen Ansatz verfolgen, sind beispielsweise für Männer nicht geeignet.
Bisphosphonate haben eine Struktur, die der von Knochen ähnelt, und lagern sich an diesen an. Sie normalisieren die durch die Osteoporose erhöhte Knochenabbaurate. Sie bewirken eine Hemmung des weiteren Knochenabbaus und reduzieren so das Knochenbruchrisiko nachhaltig. Gerade das Risiko von Wirbelbrüchen, aber auch Oberschenkelhalsbrüchen kann massiv reduziert werden.
Es gibt Bisphosphonate von unterschiedlichen Herstellern und in unterschiedlichen Darreichungsformen:
Als Nebenwirkungen können Bisphosphonate starke Reizungen der Schleimhäute verursachen. Bei einer Einnahme des Medikaments in Tablettenform sind insbesondere die Speiseröhre, der Magen sowie der Darm betroffen. Die Folgen können Übelkeit, Sodbrennen, Magenschmerzen oder Krämpfe sein.
Bisphosphonate sollten morgens auf nüchternen Magen eingenommen werden, damit sie optimal vom Körper aufgenommen werden können. Dabei ist auf eine aufrechte Körperhaltung zu achten. Frühestens 30 Minuten nach der Einnahme darf das Frühstück erfolgen. Bisphosphonate dürfen nicht in Kombination mit gegebenenfalls zusätzlich verordneten Calcium- oder Vitamin-D-Präparaten eingenommen werden.
SERM ist eine Abkürzung, sie steht für „selektive Östrogen-Rezeptor-Modulatoren“. Allerdings handelt es sich bei den SERM-Medikamenten nicht um Östrogene und nicht einmal um Hormone. Vielmehr beeinflussen die SERM die so genannten Östrogenrezeptoren (spezielle Bindungsstellen für Östrogen). Dadurch wird eine Normalisierung der Knochenabbauraten erzielt.
Die SERM-Medikamente eignen sich für Frauen nach der Menopause (nach der letzten Regelblutung), da sie zahlreiche Wechselwirkungen im Körper haben. So wirken sie beispielsweise auf die Gebärmutter sowie die Eierstöcke und habe hier die Wirkung eines Anti-Östrogens. Diese Medikamente haben daher – unabhängig von ihrer positiven Wirkung auf die Knochendichte und das Knochenbruchrisiko – eine Reduktion des Brustkrebsrisikos zur Folge. Allerdings dürfen SERM-Medikamente nicht während einer Brustkrebsbehandlung eingesetzt werden.
Die Einnahme von SERM-Medikamenten sollte stets zur gleichen Tageszeit erfolgen. Es macht jedoch keinen Unterschied, ob dies am Abend, Mittag oder Morgen passiert.
Als Nebenwirkungen sind bei den SERM insbesondere Leberschäden, Kopfschmerzen und allergische Reaktionen zu nennen. Außerdem dürfen SERM-Medikamente nicht angewendet werden, wenn schon einmal eine Lungenembolie (Verschluss eines Lungengefäßes) oder eine tiefe Beinvenenthrombose aufgetreten ist.
Calcitonin zählt, ebenso wie das Parathormon, zu den wichtigsten Hormonen, die auf den Knochenstoffwechsel Einfluss haben. Diese beiden Hormone wirken dabei als Gegenspieler: Das Parathormon wird in der Nebenschilddrüse gebildet und entzieht dem Knochen Calcium, wenn dem Körper an anderer Stelle ein Calciummangel droht. Das Calcitonin hingegen bremst die Freisetzung von Calcium aus den Knochen. So wird die Knochenabbaurate reduziert. Zudem wird die Zahl der Wirbelbrüche gesenkt und eine geringe Zunahme der Knochendichte erreicht. Außerdem hat das Calcitonin eine schmerzlindernde Wirkung.
Calcitonin steht in zwei Darreichungsformen zur Auswahl: als Spritze und als Nasenspray. Der Wirkstoff kann sowohl vom Lachs als auch vom Menschen gewonnen werden.
Als Nebenwirkungen sind bei der Verabreichungsform per Spritze insbesondere Übelkeit, Schwindel und allergische Reaktionen zu nennen. Das nasale Calcitonin wird besser vertragen, ist jedoch deutlich teurer.
Bei dem Begriff Östrogen handelt es sich um einen Oberbegriff für die wichtigsten weiblichen Geschlechtshormone. Die Östrogene zählen neben Calcitonin und Parathormon zu den wichtigsten Hormonen, die Einfluss auf den Knochenstoffwechsel haben. Östrogen wird hauptsächlich in den Eierstöcken produziert. Während und nach den Wechseljahren, wenn die Eierstöcke ihre Arbeit reduzieren und einstellen, nimmt der Östrogenspiegel stark ab. Östrogenpräparate können diesen Mangel ausgleichen und sorgen so für eine Reduktion des Abbaus der Knochendichte. Zudem reduziert eine Östrogentherapie das Risiko für Wirbel- und Oberschenkelhalsbrüche.
Östrogene haben jedoch starke Nebenwirkungen. Insbesondere bei Frauen mit einer erblichen Vorbelastung wird das Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall, Thrombose und Embolien (Gefäßverschlüsse) deutlich erhöht.
Fluoride werden bereits seit den 1960er Jahren zur Behandlung von Osteoporose eingesetzt. Ihr Ansatzpunkt ist die Anregung der Bildung von Knochenmasse. Bereits damals fiel auf, dass in Gebieten mit hohen Fluoridgehalten im Trinkwasser deutlich weniger Oberschenkelhalsbrüche auftraten als in anderen Gebieten.
Fluoride haben zwei – in der Wirkung sehr gegensätzliche – Eigenschaften auf den Knochenstoffwechsel: Einerseits regt Fluorid den Aufbau an Knochenmasse an, so dass es zu einer Steigerung der Knochendichte kommt. Andererseits werden die Fluoride in den Knochen eingebaut und führen dort zu so genannten Mineralisationsdefekten. Der Knochen enthält immer mehr Fluorid-Anteile statt Calcium-Anteile. Die Knochen sind zwar dichter, aber brechen trotzdem leichter. Daher ist eine Therapie inzwischen umstritten. Trotzdem wird sie nach wie vor eingesetzt.
Die massivste Nebenwirkung von Fluoriden ist die Problematik, die sich aus dem Einbau in den Knochen ergibt. Schmerzen und eine geringe Belastbarkeit der Knochen sind die Folge. Es gibt mehrere Ansätze, um diese Nebenwirkungen in den Griff zu bekommen und so die positiven Effekte von Fluorid auf die Osteoporose voll auszuschöpfen:
Testosteron ist das wichtigste männliche Geschlechtshormon. Das Testosteron ist ein anaboles Steroid. Das bedeutet, dass es einen aktivierenden Effekt zum Beispiel auf die Bildung von Muskelmasse, aber auch Knochenmasse hat. Daher wird Testosteron zur Behandlung von Osteoporose genutzt. Neben dem Knochenaufbau wirkt Testosteron hemmend auf die Knochenabbaurate. Des bedeutet, dass der Knochenschwund verlangsamt wird. Bisher gibt es noch nicht ausreichend belastbare Studien zur Knochenbruchrate nach der Behandlung mit Testosteron.
Testosteron-Präparate sind primär für die Behandlung der Osteoporose beim Mann geeignet. Bei Frauen bewirken Testosteron-Präparate eine Vermännlichung. Frauen bekommen diese Medikamente daher nur in begründeten Ausnahmefällen verordnet.
Testosteron ist in unterschiedlichen Darreichungsformen erhältlich. Zur Behandlung der Osteoporose ist die Spritzenform besonders weit verbreitet. Diese wird als intramuskuläre Depotspritze alle zwei bis sechs Wochen verabreicht. Alternativ kann Testosteron in Tablettenform eingenommen werden. Allerdings wird das Testosteron nur schwer verstoffwechselt und belastet zusätzlich die Leber stark. Das Testosteronpflaster gilt als moderateste Form der Verabreichung. Dieses kann entweder am Oberarm oder am Hodensack aufgebracht werden. Allergische Reaktionen, die hier als Nebenwirkungen auftreten, sind am Hodensack seltener zu erwarten als am Oberarm.
Bei Männern wie Frauen kann es unter der Gabe von Testosteron zu Leberschäden, Störungen des Fettstoffwechsels sowie einer erhöhten Thrombosegefahr kommen. Beim Mann kann ein so genannter schlafender Prostatakrebs ausbrechen. Hier müssen also, insbesondere bei familiärer Vorbelastung, regelmäßige Kontrollen erfolgen.
Parathormone werden erst relativ kurz zur Behandlung der Osteoporose eingesetzt. Das Wirkprinzip der Parathormone erscheint auf den ersten Blick paradox: Grundsätzlich ist das Parathormon, das in der Nebenschilddrüse gebildet wird, für den Knochenabbau im Rahmen des Knochenstoffwechsels ausschlaggebend. Wird das Parathormon jedoch als Medikament verabreicht, so hat es die gegenteilige Wirkung. Es sorgt für den Aufbau neuer Knochenmasse. Ein weiterer Vorteil ist, dass es sich hierbei um echte Knochenmasse handelt. Dies stellt einen grundlegenden Unterschied zu der Knochenmasse dar, wie sie durch Fluoride gebildet wird. Die dreidimensionale knöcherne Mikroarchitektur wird unter der Gabe von Parathormonen auch verbessert.
Parathormone werden als subkutane Spritzen verabreicht. Das bedeutet, dass das Medikament mit einer Spritze unter die Haut injiziert wird. Hierfür wird ein Pen verwendet, wie er von Diabetikern für das Spritzen von Insulin genutzt wird. Es reicht eine Spritze pro Tag. Nebenwirkungen nach derzeitigem Stand sind bei diesem Medikament sehr gering: Lediglich Wadenkrämpfe und leichte Übelkeit können auftreten.
Vitamin-D-Metabolite haben gleichzeitig zwei Wirkungen: Sie bremsen den Knochenabbau und stimulieren zugleich den Aufbau neuer Knochenmasse. Daher sind sie sowohl den Osteoanabolika als auch den Antiresorptiva zuzurechnen. Vitamin-D-Metabolite sind nicht mit dem Vitamin D zu verwechseln, das über die Nahrung aufgenommen oder in der Haut mithilfe des Sonnenlichts hergestellt wird. Dieses Vitamin D ist zur Behandlung der Osteoporose wichtig, da es Voraussetzung für den Einbau des Calciums in den Knochen ist. Bei den Vitamin-D-Metaboliten handelt es sich jedoch um eine im Körper weiterverarbeitete Form des Vitamin D, das aus der Sonne über die Haut gebildet und über die Nahrung aufgenommen wird. Vitamin-D-Metabolite haben eine einem Hormon vergleichbare Wirkung. Daher ist auch die Rede von D-Hormon.
Die Vitamin-D-Metabolite haben eine Vielzahl positiver Effekte:
Bei den Vitamin-D-Metaboliten handelt es sich um Substanzen, die in der Form auch natürlich im Körper vorhanden sind. Nebenwirkungen sind daher sehr selten. Allerdings sollte während der Therapie regelmäßig der Calciumspiegel im Blut überprüft werden. Außerdem ist darauf zu achten, dass kein zusätzliches Calcium (neben der Nahrung) verabreicht wird oder zumindest eine Maximalmenge von 50 Milligramm täglich nicht überschritten wird.
osteoporosezentrum.de – Welche Medikamente gibt es?: http://www.osteoporosezentrum.de/medikamente-bei-osteoporose-gegen-osteoporose-bisphosphonate-serms-calcitonin-oestrogene-vitamin-d-metabolite/ (online, letzter Abruf: 17.09.2020)
National Osteoporosis Foundation (NOF) – What is Osteoporosis and What Causes It: https://www.nof.org/patients/what-is-osteoporosis/ (online, letzter Abruf: 17.09.2020)
Orthopädische Gemeinschaftspraxis Dr. med. Joachim Gärtner & Dr. med. Andrea Servatius und Jones A. Mbu – Medikamente gegen Osteoporose (in alphabetischer Reihenfolge): https://www.gaertner-servatius.de/spektrum/osteoporose-9.php (online, letzter Abruf: 17.09.2020)
OSD Osteoporose Selbsthilfegruppen Dachverband e.V., Dr. Jutta Semler – Osteoporose Medikamente Arzneimittel und Wirkung: https://www.osd-ev.org/osteoporose-therapie/medikamente-ii/ (online, letzter Abruf: 17.09.2020)
Deutsche Rheuma-Liga, Prof. Dr. med. Dirk O. Stichtenoth – Osteoporose-Medikamente: https://www.rheuma-liga.de/rheuma/therapie/medikamententherapie/osteoporose-medikamente (online, letzter Abruf: 17.09.2020)
aktualisiert am 17.09.2020