Das Endokard ist die innerste Zellschicht des Herzens. Es kleidet die Herzhöhlen, die Herzklappen und die Gefäßinnenwände aus. Das Endokard wird auch als Herzinnenhaut bezeichnet. Kommt es zu Verletzungen dieser Zellschicht, können sich Bakterien einnisten und eine Endokarditis, also eine Herzinnenhautentzündung, auslösen.
Unter einer Endokarditis-Prophylaxe werden vorbeugende medizinische Maßnahmen verstanden, die der Verhinderung einer Herzentzündung dienen. Wenn nämlich bei Risikopatienten Bakterien im Blut streuen, kann es zu einer infektiösen Herzinnenhautentzündung (Endokarditis) kommen. Die Endokarditis-Prophylaxe orientiert sich daran, an welchem Ort der Eingriff erfolgt.
Die Endokarditis-Prophylaxe wurde erstmals 1955 empfohlen. Sie wurde inzwischen acht Mal überarbeitet. Die letzte Version stammt aus dem Jahr 2007. Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie (DGK) hat sich 2007 im Wesentlichen den Empfehlungen der American Heart Association (AHA) angeschlossen. In der aktuellen Version wurden die Empfehlungen eingeschränkt, da in vielen Studien kein signifikanter Nutzen der Endokarditisprophylaxe nachgewiesen werden konnte. Dennoch wird sie weiterhin für bestimmte Risikogruppen und bei bestimmten Eingriffen empfohlen.
Die letzte Fassung aus dem Jahr 2007 ist ein Positionspapier von der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung (DGK und der Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie.
Folgende Risikofaktoren erhöhen das Risiko für die Erkrankung an einer infektiösen Endokarditis:
Eine Endokarditis-Prophylaxe wird vor allem bei Patienten empfohlen, bei denen eine Endokarditis mit hoher Wahrscheinlichkeit einen schweren oder gar tödlichen Verlauf nehmen wird. Dazu gehören:
Berücksichtigt wird auch das Lebenszeitrisiko für eine infektiöse Endokarditis (d. h. das Risiko, im Laufe des Lebens an einer Endokarditis zu erkranken). In der Normalbevölkerung erkranken pro Jahr durchschnittlich 5 bis 7 von 100.000 Personen an einer Endokarditis. Patienten mit künstlichen Herzklappen haben ein deutlich höheres Risiko. Hier liegt die Zahl derer, die pro Jahr an einer Endokarditis erkranken, bei durchschnittlich 308 bis 383 Personen.
Gehören Patienten einer Risikogruppe an oder sollten Anzeichen einer Infektionskrankheit (z. B. Fieber) auftreten, so sollten sie schnellstmöglich ihren Arzt aufsuchen. Dieser wird eine entsprechende Therapie mit Antibiotika beginnen. Es besteht vor allem bei Infektionen der Atemwege, der Harnwege, des Kiefers sowie bei eitrigen Entzündungsherden (Abszessen, Furunkeln) stets die Möglichkeit, dass Bakterien ins Blut gelangen (Bakteriämie).
Ein Antibiotikum sollte immer dann verabreicht werden, wenn der Patient zu einer der Risikogruppen gehört. Die Gabe sollte vor und nach ärztlichen Eingriffen erfolgen. Ziel der Antibiotika-Gabe ist die Beseitigung der im Blutkreislauf befindlichen Bakterien, noch bevor sie sich an der Herzinnenhaut (Endokard) ansiedeln können.
Im Folgenden eine kurze Zusammenfassung von chirurgischen und endoskopischen Eingriffen, bei denen eine Endokarditis-Prophylaxe durchgeführt werden sollte:
Bei unkomplizierten Fällen erfolgt die Endokarditis-Prophylaxe durch die Einnahme von Amoxicillin, einem Antibiotikum. In der Regel wird es eine Stunde vor dem Eingriff gegeben. Die AHA (American Heart Association) empfiehlt eine Dosierung von 2 g bei Erwachsenen und 50 mg pro kg Körpergewicht bei Kindern. Wenn der Patient das Antibiotikum nicht über den Mund einnehmen kann, so kann es über die Vene verabreicht werden.
Die Antibiotikagabe ist vom möglichen Erregerspektrum abhängig, z. B:
Nicht mehr empfohlen wird eine Endokarditis-Prophylaxe bei einer Magenspiegelung (Gastroskopie), bei einer Darmspiegelung (Koloskopie) bei einer Blasenspiegelung (Zystoskopie) und bei Gewebeentnahmen (Biopsien).
Besteht hingegen eine Allergie gegen Penicillin und dessen Abkömmlinge, so können andere Arten von Antibiotika eingenommen werden (Cephalosporine, Clindamycin, Azithromycin, Clarithromycin, Linezolid). Alternativ kann auch Vancomycin i.v. verabreicht werden.
Es gibt übrigens einige wichtige Änderungen der aktuellen Empfehlungen der Endokarditis-Prophylaxe im Vergleich zu früheren Richtlinien. So wird das Antibiotikum nur noch einmal verabreicht, und der Patient nimmt es über den Mund ein (orale Gabe). Auf diese Weise werden Resistenzen (Unwirksamkeit von Antibiotika) verhindert. Früher wurde Penicillin gegeben, heutzutage Amoxicillin, welches einige verbesserte Eigenschaften hat. Bei Penicillinallergie wird inzwischen Clindamycin (anstatt Erythromycin) gegeben.
aktualisiert am 01.11.2023