Verbände haben ein weites Anwendungsspektrum. Auch wenn es sich meist um einfache Produkte handelt, sind sie in der Medizin und speziell der Chirurgie von enormer Wichtigkeit. Dies hat mehrere Gründe. Zuallererst decken sie die Wunde ab und sorgen dafür, dass kein Schmutz in die Wunde eindringt. Sie nehmen außerdem Wundsekret und Blut auf und können der Ruhigstellung des Wundbereiches dienen. Nach nahezu jedem chirurgischen Eingriff wird in irgendeiner Form ein Verband aufgebracht. Zu den Verbänden zählen unter anderem Pflaster beziehungsweise Pflasterverbände, Druckverbände und Verbände zur Ruhigstellung bei bestimmten Verletzungen/Zuständen.
Chirurgische Verbände und Pflaster weisen mehrere Eigenschaften auf, die vorteilhaft für die Wundheilung sind. Grundsätzlich gilt, dass Verbände keine Schäden anrichten sollen. Umgekehrt wird das Gewebe durch das Verbandmaterial geschützt, so dass die Abheilung in Ruhe stattfinden kann. Die Teile des Verbands, die auf der Wunde aufliegen, sollten steril oder wenigstens arm an Keimen sein. Weitere Verbandmittel wie z. B. Mullbinden müssen nicht steril, aber dennoch sauber sein.
Viele Umwelteinflüsse werden durch einen Verband abgehalten. Verschmutzungen und damit eventuelle Krankheitserreger können nicht mehr leicht an die Wunde gelangen. Störende Fremdkörper werden von der Wunde ferngehalten. Der Wundbereich trocknet nicht zu sehr aus, und die Verbände können umgekehrt auch Wasser abweisen. Auch kann der Verband einen gewissen Schutz gegen Hitze und Kälte bieten, des Weiteren wird UV-Strahlung abgehalten.
Der jeweilige Verband bietet einen mehr oder weniger großen Schutz vor mechanischer Belastung. Die Körperregion wird ruhiggestellt, was bei Pflasterverbänden eine geringere Rolle spielt als bei speziellen Gefügen wie dem Gipsverband oder stabilisierenden Bandagen. Durch jeden Verband oder jedes Pflaster soll eine Zug- und Druckwirkung vermindert werden. Die Gefahr, dass die Wunde aufklafft oder dass das frisch gebildete Gewebe beschädigt wird, kann reduziert werden. Größere Narben können oft verhindert werden.
Ein Verband hilft bei der Blutstillung. Er nimmt in einem gewissen Ausmaß Blut und Wundsekret auf. Das verhindert nicht zuletzt auch Blutflecken in der Bekleidung. Ein Druckverband (Kompressionsverband) wird angelegt, wenn eine stärkere Blutung unterbunden werden soll. Druck (Kompression) durch einen Verband bewirkt außerdem, dass Schwellungen vermindert werden und die Lymphflüssigkeit besser aus der Wundregion abfließt (Lymphdrainage).
Bisweilen ist auch die Anwendung von bestimmten Arzneimitteln über einen Verband möglich. Diese Wirkstoffe können sich dadurch direkt am Ort der Schädigung entfalten.
Viele unterschiedliche Formen von Verbänden dienen jeweils bestimmten Zwecken. In der Chirurgie von großer Bedeutung sind Wundauflagen und Bandagen, Pflaster und ruhigstellende Verbände sowie Druckverbände und feuchte Verbände.
Eine Wundauflage ist im Prinzip die einfachste Möglichkeit für Verbandmaterial. Die Wundauflage kann durch Umwickeln (z. B. mit Mullbinden) oder mit Klebestreifen befestigt werden. Mit Klebestreifen oder auch mit Klammern kann eine Verbandwicklung zusammengehalten werden.
Häufig kommen in der Chirurgie Pflasterverbände zum Einsatz. Bei diesen ist die Wundauflage in den Verband integriert. Die Pflaster gibt es fast in beliebigen Größen, von kleinen Wundpflastern bis hin zu langen und breiten Exemplaren für große Operationswunden. Geringfügige Wunden verschiedenster Art können mit Pflastern abgedeckt werden. Für größere chirurgische Wunden kommen Pflaster oft dann zum Einsatz, wenn das Gewebe bereits einige Tage unter einem „richtigen" Verband heilen konnte. Das Pflaster kommt meist aus einer sterilen Verpackung und kann mit keimabtötenden Substanzen versehen sein.
Einfache Klebestreifen ohne Wundauflage können nicht nur zur Befestigung von Wundauflagen verwendet werden. Als Strips können sie über eine Wunde gezogen werden, um eine klaffende Lücke zu schließen. Mit den Streifen liegen die Wundränder aneinander, weshalb bei solchen Wunden oft sogar auf eine Naht verzichtet werden kann.
Bestimmte Verbände bewirken als spezielle Funktion eine Ruhigstellung. Ruhigstellende Verbände gibt es in vielen möglichen Form- und Material-Varianten. Eine ursprüngliche Variante ist der Gipsverband. Der „Gips" wird heutzutage immer seltener aus dem eigentlichen Material Gips hergestellt, sondern aus einem formbaren und aushärtenden Kunststoff. Ein solcher Kunststoff-Gipsverband wird auch Cast genannt. Die festen Verbände werden z. B. bei Knochenbrüchen oder nach Operationen von Sehnen- oder Bänderrissen angebracht. Verbände mit Schienen sind eine weitere Möglichkeit der Stabilisierung. Ein anderes verwendbares Material ist Hartschaum. Mit dem Begriff Orthese werden Stützstrukturen bezeichnet, die einen Körperteil stabilisieren und entlasten können. Sie ähneln also ruhigstellenden Verbänden und werden hauptsächlich in der Orthopädie eingesetzt.
Zu den ruhigstellenden Verbänden gehören auch straff angelegte Textilverbände. Üblich sind beispielsweise der Gilchrist-Verband und der Desault-Verband, die bei Verletzungen der Schulter oder des Oberarms angewendet werden. Auch bei einem Gipsverband kann ein textiles Hilfsmittel in Form einer Armschlinge eine weitere Stabilisierung bewirken. Ein Zinkleimverband schließlich ist eine Bandage aus Mullbinden, die mit einer Zink-Wasser-Bindemittel-Paste (Zinkleim) versehen sind.
Weniger spezifisch sind elastische Binden (Mullbinden), die um die geschädigte oder operierte Stelle gewickelt werden. Meist wird eine Wundauflage daruntergelegt. Immer mehr werden die Mullbinden durch Schlauchbinden, Netzverbände oder ähnliche Formen zum Überziehen ersetzt.
Ein Druckverband (Kompressionsverband) dient der Stillung von Blutungen. Hauptsächlich wird der Druckverband in Notfallsituationen angewendet, um lebensbedrohliche Blutungen aus Wunden zu stoppen. Im Prinzip stellen Kompressionsstrümpfe und entsprechende Wickelverbände (Langzugbinde, Kurzzugbinde) ebenfalls Kompressionsverbände dar, die aber aus einem anderen Anlass verwendet werden, unter anderem zur Thrombosevorbeugung und auch zur besseren Verheilung von Wunden.
Ein feuchter Verband wird unter anderem bei Wundheilungsstörungen eingesetzt. Mittels Salben oder Schaumstoff kann erreicht werden, dass die Wunde feucht bleibt. Ein dichter Abschluss kann mit einer Plastikfolie erreicht werden, oft wird aber einfach nur eine Binde über die Wundauflage gewickelt. Wird die Wunde feucht gehalten, so hat dies neben der besseren Wundheilung noch den weiteren Vorteil, dass das Verbandmaterial nicht an der Wunde festklebt.
Ein Streckverband (Extensionsverband) wird an den Gliedmaßen eingesetzt, um Fehlstellungen zu reduzieren. In der Chirurgie kann der Streckverband auch genutzt werden, um verschobene (dislozierte) Knochenbruchstücke wieder in die richtige Position zueinander zu bringen. Eine Zugkonstruktion mit Draht und Gewichten bewirkt, dass der Körperteil allmählich auseinandergezogen wird.
Ein Sprühverband bietet die Möglichkeit, kleine Verletzungen schnell und einfach zu verschließen. Nach Operationen werden Sprühverbände normalerweise nicht eingesetzt. Auch ein Tapeverband bietet sich als einfache Lösung bei einigen Verletzungen an (funktioneller Verband).
Bei einem Verbandwechsel wird der alte Verband abgenommen und ein frischer aufgebracht. Weil der Wundbereich dadurch sichtbar wird, kann der Arzt beurteilen, ob die Heilung gut verläuft oder ob sich Probleme zeigen. Deshalb ist es auch meist ein Arzt selbst, der den Wechsel durchführt. Im Rahmen des Verbandswechsels lässt sich die Stelle bei Bedarf behandeln, die Wunde kann gesäubert werden und Arzneistoffe können aufgetragen werden. Um das Risiko einer Verunreinigung der Wunde während des Verbandswechsels niedrig zu halten, müssen die Hygieneanweisungen beachtet werden. Meist wird die Wunde gar nicht mehr mit der Hand berührt, sondern nur mit sterilen Instrumenten (Non-Touch-Technik).
Trotz des enormen Nutzens gibt es manchmal auch negative Eigenschaften von Verbänden. Ein wichtiges Problem ist eine drohende Verklebung oder Verwachsung der Wunde mit dem Verbandmaterial. Dadurch kann eine immer wiederkehrende Schädigung des Heilungsprozesses durch den notwendigen Verbandwechsel geschehen. Moderne Verbandmaterialien verkleben nicht mehr so häufig mit der Wunde.
Bei stabilisierenden Verbänden spielt die Einschränkung von Körperfunktionen eine Rolle, z. B. wenn Schienen die Gelenkbeweglichkeit aufhalten. Dies kann neben der Herabsetzung der Lebensqualität auch zu dauerhaften Folgeschäden (hier: drohende bleibende Bewegungseinschränkung) führen.
Beim Verbandswechsel besteht ein geringes Risiko für Komplikationen, z. B. die Einschleppung von Krankheitskeimen oder eine Schädigung der verheilenden Wunde.
aktualisiert am 17.12.2020