Unter einer Anastomose ist im chirurgischen Zusammenhang eine operative Verbindung zwischen Blut- oder Lymphgefäßen oder zwischen Anteilen von Hohlorganen (wie Magen oder Darm) zu verstehen. Durch eine Naht werden die offenen Enden miteinander verbunden, wenn das Gefäß oder das Organ durchtrennt oder ein Stück herausgenommen werden musste. Reißt diese Naht auf oder wird sie undicht, liegt eine Anastomoseninsuffizienz oder Nahtinsuffizienz vor.
Undichte Nähte zählen zu den unangenehmsten und gefährlichsten Komplikationen nach einer Operation an Organen im Bauchraum. Weitere mögliche Störungen im Heilungsverlauf sind
Wird eine Nahtinsuffizienz nicht schnell genug entdeckt, kommt es meist rasch zu lebensbedrohlichen Zuständen. Das Sterberisiko der Patienten liegt zwischen 10 und 20 Prozent, wenn bei Darmoperationen eine Anastomoseninsuffizienz auftritt. Je schneller eine fachgerechte Versorgung und Korrektur erfolgt, desto besser sind die Heilungsaussichten. Zwischen einem und fünf Tagen nach der Operation machen sich hauptsächlich Fehler in der Nahttechnik bemerkbar. Später auftretende Undichtigkeiten von Nähten sind gefährlicher und komplizierter: Sie werden meist von Entzündungsprozessen oder gestörter Durchblutung im operierten Gewebe ausgelöst. Solche Vorgänge beginnen „schleichend“. Stellen sich beim Patienten deutliche Beschwerden ein, sind sie meist gefährlich weit fortgeschritten. Eine genaue Überwachung von Blutwerten und Entzündungsparametern ist nach Operationen im Bauchraum zwingend notwendig.
Nachblutungen bei undichten Gefäßnähten sind ebenfalls bedrohlich. Weitere Organe, die nach einer Naht von undichten Stellen betroffen sein können, sind zum Beispiel die Speiseröhre (Ösophagus), die Gallengänge oder der Harntrakt (Harnleiter, Blase, Harnröhre).
Der Hauptgrund für undichte chirurgische Verbindungsnähte ist angegriffenes, vorgeschädigtes Gewebe. Eine Anastomoseninsuffizienz kann beispielsweise eintreten, wenn durch eine Minderdurchblutung Gewebe abstirbt, eine Nekrose entsteht. Auch bestehende oder zeitversetzt beginnende entzündliche Prozesse verhindern die Stabilität und damit das Abheilen des Gewebes an einer Naht. Bakteriell bedingte Veränderungen im Magen-Darm-Trakt können eine Ursache darstellen: Vorliegende Erkrankungen stören die gesunde Darmflora und geben aggressiven Bakterienstämmen Raum, die Gewebe zerstören und instabil machen können.
Blutgefäße werden durch Arteriosklerose (Verkalkung und Verhärtung) brüchig und mürbe. Werden betroffene Gefäße operativ miteinander verbunden, hält das Gewebe der Naht nicht immer stand.
Naturgemäß entstehen beim Nähen Stichkanäle. Wurden Blutgerinnungs-Hemmmittel (Heparin, Marcumar®) zu lange und zu hoch dosiert, ist dies oft die Ursache für Einblutungen in diese Kanäle. Die Blutungen sind oft minimal. Bei reduzierter Blutgerinnung kommen sie jedoch von selbst oft nicht zum Stillstand und können zu weiteren Komplikationen führen.
Als weitere Ursache einer Anastomoseninsuffizienz kommen Fehler in der Ausführung der Naht in Frage. Starke Spannung zwischen den vernähten Strukturen muss der Chirurg vermeiden.
Die Folgen solcher Nahtinsuffizienzen sind fatal, wenn sie nicht rechtzeitig entdeckt und korrigiert werden. Die Naht muss nicht zwangsläufig aufgehen oder reißen, damit es zu schweren Problemen kommt. Selbst kleine Undichtigkeiten genügen. Entscheidend ist, ob die undichte Nahtstelle Material von einem ins andere Organ oder in den Bauchraum fließen lässt. Gelangt auf diesem Weg der Inhalt des Magens oder Darms in die Bauchhöhle, führt dies zu einer lebensgefährlichen Bauchfellentzündung (Peritonitis). In weniger schweren Fällen bilden sich Abszesse (abgekapselte Vereiterungen) oder Fisteln (entzündliche Gänge).
Feststellen lassen sich Nahtinsuffizienzen nur durch genaue Beobachtung und Diagnostik: Beschwerden des Patienten liefern erste Hinweise. Bei einer Peritonitis machen sich starke Schmerzen, ansteigendes Fieber und hohe Entzündungswerte im Blut bemerkbar. Feststellen lassen sich Anastomoseninsuffizienzen zudem mitunter an verändertem Wundsekret in den Drainagen (Schlauchsystemen zur Ableitung von Flüssigkeit). Betroffene Patienten klagen über Schmerzen, vor allem Druckschmerz, Fieber und allgemeine Schwäche und Unwohlsein. Laborwerte verändern sich radikal, beispielsweise die Menge der Leukozyten (weißen Blutkörperchen) und des C-reaktiven Proteins (CRP). Alarmsignale sind beginnendes Organversagen oder die Beobachtung von neurologischen Veränderungen, beispielsweise Lähmungserscheinungen von Gliedmaßen.
Tritt eine solche Situation ein, ist ein erneuter chirurgischer Eingriff notwendig. Nekrosen, absterbendes Gewebe durch Mangeldurchblutung, müssen grundsätzlich so schnell wie möglich entfernt werden. Eine Korrektur kann prinzipiell auf endoskopischem oder laparoskopischem Weg erfolgen (Spiegelung beziehungsweise Bauchspiegelung), allerdings müssen dafür noch weitere praktische Tests im Rahmen von Studien gesammelt werden, um die Verfahren zu etablieren. Daher ist vielfach eine offene Operation (Laparotomie) erforderlich. Ferner kann in der Speiseröhre, im Magen oder Darm der Einsatz von Stents (inneren Stützen des Hohlorgans) in Frage kommen. Bei Komplikationen im Enddarm können außerdem auf endoskopischem Wege Schwämmchen eingesetzt werden, die Blutungen auffangen und stoppen können.
Bei einer Bauchfellentzündung (Peritonitis) in der Folge einer aufgegangenen Naht erfolgt eine Spülung des Bauchraums (Lavage). Der Patient erhält Antibiotika sowie Infusionen, um den Flüssigkeitshaushalt zu verbessern.
Entscheidend für die Auswahl der Operationsmethode und für den Heilungserfolg einer Operation im Bauchraum ist die Gesamtverfassung des Patienten:
Alter und Gesamtverfassung von Patienten sind daher bereits im Rahmen der Operationsvorbereitung mit in Betracht zu ziehen. Entsprechend dieses „Grundrisikos“ wird der Eingriff in allen technischen Details geplant.
Vorbeugend kann bereits vor operativen Eingriffen eine „Dekontamination“ mit Medikamenten (Antibiotika) durchgeführt werden. Darunter ist eine Säuberung des Verdauungstrakts von gewebezerstörenden Bakterienstämmen zu verstehen.
Während einer Operation achtet der Chirurg auf
Viele verschiedene Nahtmaterialien und Techniken stehen zur Verfügung und können bedarfsgerecht angepasst werden. Selbst Klammernähte mit entsprechenden Apparaturen sind im Bauchraum einsetzbar.
aktualisiert am 31.07.2020