Nach jeder Operation, die in Vollnarkose durchgeführt wurde, müssen die Patienten bestimmte Regeln beim Essen und Trinken beachten. Kostaufbau bedeutet, dass die Nahrungsmenge und -art sowie die Trinkmenge langsam gesteigert werden. Von anfänglicher Flüssigkost am Tag der Operation wird der Patient schrittweise wieder an die normale Vollkost gewöhnt. Ein schrittweise durchgeführter Kostaufbau dient dazu, den Körper nach einer Operation mit allen Nährstoffen zu versorgen, ihn gleichzeitig aber nicht mit schwer verdaulicher Nahrung zu belasten. Bei bestimmten Operationen, beispielsweise im Bauchraum oder insbesondere am Magen oder Darm, muss der Kostaufbau noch vorsichtiger erfolgen.
Nach einer Operation in Vollnarkose sollten Patienten in der Regel mindestens vier Stunden lang nichts essen und nichts trinken. Dies ist eine wichtige Vorsichtsmaßnahme, weil fast alle Muskeln durch die Medikamente, die während der Operation benötigt werden, in den ersten Stunden noch nicht richtig reagieren. Patienten könnten sich an Wasser oder Nahrungsmitteln verschlucken, was im schlimmsten Fall zu einer Lungenentzündung führt. Ein weiterer Grund für den vollständigen Verzicht ist, dass der Darm insbesondere nach Operationen im Bauchraum einige Stunden lang nicht richtig arbeitet. Erst wenn die Darmtätigkeit wieder einsetzt, kann etwas getrunken werden. Ob der Magen-Darm-Trakt wieder normal funktioniert, kann der Arzt leicht überprüfen, indem er mit einem Stethoskop den Bauch abhört. Bei gesunder Tätigkeit sind die Geräusche gut wahrnehmbar.
Neben diesem allgemeinen vierstündigen Nahrungsverzicht (Karenzzeit) richtet sich die Art und Schnelligkeit des Kostaufbaus nach Art der durchgeführten Operation. Gleichermaßen spielen Ernährungszustand sowie die Vorerkrankungen des Patienten eine Rolle. Prinzipielles Ziel ist es jedoch, dass Patienten möglichst schnell wieder Flüssigkeit und Nahrung zu sich nehmen. In Studien hat sich gezeigt, dass dies positive Effekte auf den Heilungsprozess hat und die Komplikationsraten verringert werden.
Patienten, die nicht mangelernährt sind und eine Operation außerhalb der Bauchhöhle hatten, können meist am Tag des Eingriffs eine leichte Mahlzeit zu sich nehmen. Zusätzlich erhalten sie Infusionen mit Elektrolytlösungen, um den Flüssigkeitsverlust durch die Operation auszugleichen.
Patienten, die am Magen-Darm-Trakt operiert worden sind, müssen je nach Größe und Art des Eingriffs langsam mit dem Kostaufbau beginnen und werden schrittweise an normale Nahrung gewöhnt. Der Sinn des langsamen Kostaufbaus ist es, den durch den Eingriff gereizten Darm nicht mit schwerer Nahrung zu belasten. Außerdem entstehen bei Operation an Magen und Darm sehr empfindliche Nahtstellen, die erst verheilen müssen, bevor normale Speisen gefahrlos passieren können. Außerdem ist die Verdauung oft noch eingeschränkt. Um den Energie- und Nährstoffbedarf zu decken, werden zusätzlich Infusionen mit speziellen Lösungen eingesetzt. Nach kleineren Eingriffen im Bauchraum wie einer Blinddarmentfernung kann am Tag nach der Operation mit dem Kostaufbau begonnen werden. Größere Eingriffe wie die Entfernung eines Darmabschnittes erfordern eine längere Zeit des Nahrungsverzichts (Karenz), so dass die Patienten erst zwei bis vier Tage nach der Operation mit dem Kostaufbau beginnen dürfen.
Der Energiebedarf jedes Menschen ist sehr unterschiedlich und hängt von der Körpergröße, dem Gewicht und der körperlichen Aktivität ab. Für jeden Patienten wird der Energiebedarf individuell berechnet, um die Ernährung an seine Bedürfnisse anzupassen. Im Normalfall braucht ein Erwachsener, der nach einer Operation zu Bettruhe verpflichtet ist, etwa 25 Kilokalorien (kcal) pro Kilogramm Körpergewicht. Das wären bei einem 80kg schweren Mann 2000 kcal pro Tag. Kann oder darf der Patient diese Menge nicht komplett über das Essen zu sich nehmen, so kann der Rest als Infusion gegeben werden.
Weiterhin muss bei der postoperativen (nach der Operation notwendigen) Versorgung eines Patienten sein Elektrolyt- und Zuckerhaushalt beachtet werden. Die entscheidenden Stoffe werden aus einer Blutprobe bestimmt. Lassen sich so Mangelerscheinungen feststellen, werden die fehlenden Stoffe ebenfalls per Infusion zugeführt.
Da ein Patient bei einer Operation immer eine mehr oder weniger große Menge Blut verliert, wird während und nach der Operation der Flüssigkeitshaushalt mit Infusionen ausgeglichen. Dies wird meist fortgeführt, bis der Patient selbstständig ausreichend isst und trinkt. Prinzipiell ist es möglich, einen Menschen über Infusionen mit allem, was der Körper benötigt, zu versorgen. Dies wird allerdings nur im Notfall durchgeführt, wenn der Patient nicht selbst essen und trinken kann und auch keine Ernährung über Magen- oder Darmsonden möglich ist.
Der Kostaufbau kann unterschiedlich und individuell gestaltet werden. Ein möglicher Kostaufbau kann über fünf bis acht Tage erfolgen und wird mit Infusionen ergänzt. Der Plan kann beispielsweise so aussehen:
Bei einigen Patienten kann beim Kostaufbau das so genannte Fast-Track-Konzept eingesetzt werden. Es soll eine möglichst schnelle Erholung und einen kurzen Krankenhausaufenthalt ermöglichen. Das folgende Beispiel lässt sich etwa nach einer Dickdarmoperation bei einem ansonsten gesunden und aktiven 60jährigen vornehmen: Vor der Operation bekommt der Patient Energiedrinks und muss nur zwei Stunden lang vor dem Eingriff nüchtern bleiben. Am Tag der Operation erhält er Infusionen zum Ausgleich des Flüssigkeits- und Elektrolythaushalts. Er darf einige Tassen Tee und Energiedrinks trinken und unter Begleitung aufstehen. Am Tag nach dem Eingriff sollte der Patient mehr als 1,5 Liter und zusätzlich kalorienreiche Flüssignahrung trinken. Ab dem zweiten Tag kann er leicht verdauliche Nahrung in Form von Brei oder klaren Brühen zu sich nehmen. Die nächsten fünf bis acht Tage sollte der Patient weiche, fettarme Speisen essen und ausreichend trinken, möglichst Tee oder Wasser.
aktualisiert am 17.12.2020