Bei der Ösophagus-Atresie handelt es sich um eine angeborene Fehlbildung (Atresie) der Speiseröhre (Ösophagus), bei der eine kongenitale Kontinuitätsunterbrechung variabler Länge vorliegt. Die Speiseröhre hat entweder keine Verbindung zum Magen und mündet in die Luftröhre oder es besteht eine so starke Verengung (Stenose), dass keine Nahrung passieren kann. Die Ösophagus-Atresie kommt mit einer Häufigkeit von 1:3500 Geburten vor. Die Erkrankung geht oft mit weiteren Fehlbildungen einher, meist wird sie jedoch von einer Fistelbildung begleitet. Nach Vogt unterscheidet man folgende Typen der Ösophagus-Atresie:
Die Prozentangaben zur Häufigkeit sollen hier nur als Anhaltspunkt dienen, da sie von Autor zu Autor schwanken.
Ursache der Ösophagus-Atresie ist eine Fehlentwicklung der Speiseröhre. Hierbei kann ein mehr oder weniger großes Stück der Speiseröhre fehlen bzw. dieser Bereich durch einen bindegwebigen Strang ersetzt worden sein. Während der Fetalzeit entwickelt sich die Speiseröhre aus dem embryonalen Vorderdarm, der sich vom Pharynx bis zum Magen erstreckt. Ab dem 20. Schwangerschaftstag ist eine bauchseitige Verdickung nachweisbar. Hieraus differenziert sich das respiratorische Zylinderepithel, aus dem sich ab dem 26. Schwangerschaftstag eine vollständige Separation in Form einer neuen Röhre - der späteren Luftröhre - ausbildet. Eine Ösophagus-Atresie entwickelt sich dann, wenn dieser Separationsgang gestört ist.
Es gibt sehr große Unterschiede in Art und Ausprägung der Erkrankung. Häufig kommt es vor, dass von der Speiseröhre eine Verbindung zur Luftröhre besteht. Dies ist besonders gefährlich, da hierdurch Nahrung und Erbrochenes in die Lungen gelangen kann. Die Folge könnte eine gefährliche Lungenentzündung sein. Solche Fehlentwicklungen müssen daher so bald wie möglich entdeckt und operiert werden. Erste Anzeichen einer Ösophagus-Atresie bei neugeborenen Patienten (häufig sind es Frühgeborene) können sein:
Nach einem Fütterungsversuch, welches kontraindiziert ist, entwickelt sich durch Nahrungsaspiration eine Zyanose (Blau-Anlaufen). Typisch ist zudem eine rasselnde Atmung. Das Rasseln entsteht dann, wenn Speichel aus dem Mund, der normalerweise in den Magen ablaufen sollte, in die Luftröhre gelangt. Die erkrankten Säuglinge leiden bei Vogt IV an wiederholten Aspirationspneumonien ohne weitere Symptome aufzuzeigen. Die häufigste Form der Atresie ist eine Verbindung vom Magen in die Luftröhre. Die Lunge kann durch den Magensaft sozusagen „überschwappen". Es kommt zu einer Aspirationspneumonie. In einigen Fällen kann die Ösophagus-Atresie mit einem Herzfehler kombiniert sein. Weitere typische Fehlbildungen sind Wirbelkörperanomalien, Nierenfehlbildung und Darmatresien.
Besteht der Verdacht einer Ösophagus-Atresie, so muss das Kind, bis die Art der Atresie diagnostisch gesichert ist, hochgelagert werden. Ein erster und früher Hinweis auf eine Ösophagus-Atresie kann bereits eine große Fruchthöhle (Hydramnion) während der Schwangerschaft sein. Normalerweise schluckt der Fötus während der Schwangerschaft immer etwas Fruchtwasser. Bei einer Fehlbildung der Speiseröhre ist dies aber nicht der Fall, weshalb sich sehr viel Fruchtwasser ansammelt. Meist führt dieser Zustand zu vorzeitigen Wehen und Frühgeburten.
Bei Verdachtsdiagnose wird beim Neugeborenen eine Magensondierung versucht. Im Falle einer Atresie ist die Sonde nur wenige Zentimeter vorschiebbar und es kann kein Magensaft aspiriert werden. Endgültig beweisend ist eine Röntgenuntersuchung des Brustkorbes mit Kontrastmittel durch einen im oberen Blindsack liegenden Katheter. Die Röntgenaufnahme zeigt zudem das so genannte Medaillonzeichen, die Luftfüllung des oberen Blindsackes, und gegebenenfalls eine Luftfüllung des Darmes als Hinweis auf eine untere Fistel. Mittels Ultraschall müssen weitere Fehlbildungen gesucht und ausgeschlossen werden.
Das Erbrechen bei Neugeborenen muss nicht immer auf eine Ösophagus-Atresie hinweisen. Weitere Ursachen für Erbrechen bei Neugeborenen können sein:
Die einzige Therapie einer Ösophagus-Atresie ist die operative Korrektur der Speiseröhre. Erst durch eine Operation können die Kinder normal schlucken und essen. Durch eine frühzeitige Operation kann möglicherweise eine letal verlaufende Aspirationspneumonie vermieden werden. Vor einem operativen Eingriff wird der Oberkörper des Kindes hochgelagert und das Sekret aus dem nicht durchgängigen Teil konstant durch eine Sonde abgesaugt. Durch eine End-zu-End-Anastomose werden die beiden Ösophagussegmente verbunden. Ist die Entfernung gering, so können beide Ösophagusanteile rasch miteinander verbunden werden.
Bei langstreckigen Atresien können andere Verfahren zum Einsatz kommen. Man kann entweder eine Verlängerungsbehandlung des Ösophagus über mehrere Tage oder Wochen durchführen, bis die Distanz kurz genug ist oder aber die fehlende Speiseröhre durch Magen- oder Darmanteile, die in den Brustkorb verlagert werden, ersetzen. Im Falle von postoperativen Stenosen oder Anastomoseninsuffizienz müssen alternative Therapien wie eine Ösophagusersatzplastik, z.B. durch thorakalen Magenhochzug, erfolgen. Besteht hingegen eine Verbindung zur Luftröhre oder Lunge, so muss diese in jedem Fall operativ durchtrennt und verschlossen werden, um einen Speichel- oder Nahrungsrückfluss in die Atemwege zu verhindern.
Die Prognose ist von weiteren Fehlbildungen abhängig. Wichtig ist vor allem eine frühzeitige Therapie. Auch der Reifegrad und das Geburtsgewicht des Neugeborenen sind prognostisch sehr wichtig. In der Regel ist die mittlere Überlebenschance gut und beträgt rund 90 Prozent. In den meisten Fällen ist jedoch eine Nachbehandlung über mehrere Jahre notwendig. Typische Spätfolgen sind Stenosen an der Ösophagusnahtstelle, Tracheomalazie und Gastroösophagealer Reflux.
Es handelt sich um eine ernsthafte Erkrankung, bei der das Kind nicht gefüttert werden darf, da es sonst dadurch zu einer schweren Lungenentzündung (Aspirationspneumonie) kommen kann. Die Entzündung erhöht das Risiko der notwendigen Operation. Im schlimmsten Fall kann es sogar zum Tod des Säuglings kommen.
aktualisiert am 14.01.2020