Unter Nikotinabhängigkeit versteht man das zwanghafte Bedürfnis nach Nikotin, die sich durch den Konsum von Tabakwaren einstellt. Hierzu gehören Zigaretten, Zigarillos oder Zigarren, Tabakspfeifen, Schnupf- und Kautabak sowie das Rauchen von mit Tabak vermischtem Cannabis. Es können sowohl körperliche wie auch psychische Symptome auftreten. Bei einer psychischen Abhängigkeit verspürt der Betroffene ein übermächtiges inneres Verlangen, Nikotin immer wieder zu konsumieren.
Dagegen treten bei einer körperlichen Abhängigkeit, zusätzlich physische Entzugserscheinungen beim Fehlen von Nikotin auf. Fast 17 Millionen Deutsche sind Raucher. Bei den meisten besteht eine Nikotinabhängigkeit, wobei sich viele Raucher in der Altersgruppe der 20- bis 25-jährigen befinden. Allein im Jahr 2005 starben in Deutschland 42.217 Menschen an den Folgen des Tabakkonsums. Schätzungen zufolge sind 25 bis 30 Prozent aller Krebstodesfälle, Folge des Zigarettenkonsums.
Macht man sich die Wirkungsweise des Nikotins deutlich, so ist eindeutig zu erkennen, wie es zu einer Nikotinabhängigkeit kommt:
Das Nikotin wird, wenn der Tabak glimmt, in den Tabakrauch freigesetzt und gelangt über den Rauch in die Lunge und von dort ins Blut. Bei Kau- oder Schnupftabak erfolgt die Aufnahme über die Nasen- und Mundschleimhaut.
Nikotin kann die Blut-Hirn-Schranke überwinden, so dass bereits nach sieben Sekunden die Nikotinmoleküle das Gehirn erreichen, sich dort an die Nervenzellen ansetzen und deren Aktivität beeinflussen. Normalerweise reagieren die Rezeptoren auf den Botenstoff Acetylcholin, da aber das Nikotin diesem Botenstoff (Neurotransmitter) sehr ähnlich ist, reagieren die Acetyhlcholin-Rezeptoren auch auf das Nikotin. Nikotin ist einer der am schnellsten süchtig machenden Substanzen.
Neben der psychostimulierenden Wirkung, stößt es im Gehirn die gesamte Breite der Neuromodulatoren an. Durch die Rezeptorbindung kommt es zur Ausschüttung unterschiedlicher Neurotransmitter wie Dopamin, Serotonin, Noradrenalin und Endorphinen. Vermutlich werden hierdurch zeitweise Hirnfunktionen wie Aufmerksamkeit, Sexualität, Gedächtnis und Lernen durch Nikotin verbessert. So gesehen belohnt sich der Mensch beim Rauchen und es treten positive Gefühle auf.
Das Ergebnis der Neurotransmitter-Ausschüttung ist, dass sich der Körper anspannt: Der Blutdruck steigt, das Herz schlägt schneller, die Durchblutung der inneren Organe sowie der Extremitäten wird vermindert, die Körpertemperatur sinkt. Nach einer gewissen Zeit sinken die Spiegel der Botenstoffe und die Rezeptoren werden nicht mehr angeregt. Es kommt zu Entzugssymptomen und der Körper fordert mehr Nikotin.
Geht man dieser Forderung nach, so schließt sich der Suchtkreislauf - es kann eine Nikotinabhängigkeit entstehen. Durch den regelmäßigen Tabakkonsum bilden sich nach und nach immer mehr Nikotinrezeptoren, die gleichzeitig immer unempfindlicher für Nikotin werden. Folge ist, dass immer mehr Nikotin zugeführt werden muss, um eine vermeintlich entspannende Wirkung hervorzurufen. Zigaretten enthalten zudem eine ganze Reihe von Substanzen wie Ammoniak, Zucker oder Acetaldehyd, die sich in ihrer Abhängigkeitswirkung potenzieren.
Insgesamt wirken durch das Rauchen, mehr Dopamin und Serotonin auf das Gehirn ein, welches als angenehm empfunden wird und somit das Abhängigkeitspotential erhöht. Eine weitere Ursache ist die entspannende Wirkung des Nikotins, da sich Nikotin besonders auf das Belohnungszentrum im Gehirn auswirkt. Das Nikotin erreicht innerhalb von etwa sieben Sekunden das Gehirn. Jeder Zug bewirkt einen fast explosiven Anschub des Gehirnstoffwechsels - einen regelrechten Kick mit einem kurzen Gefühl der Entspannung und Belohnung, das jedoch bald wieder vergeht und eine stille Unzufriedenheit hinterlässt - und vor allem den Wunsch nach mehr.
Das Abhängigkeitspotenzial von Nikotin ist extrem hoch. Es kann sehr schnell zu einem abhängigen Verhalten führen. Nach Meinung von Experten ist das Abhängigkeitspotenzial von Nikotin vergleichbar mit dem vom Heroin. Bis zum Eintritt der körperlichen Abhängigkeit reichen bereits wenige Zigaretten oder wenige Tage mit kleinem Zigarettenkonsum aus.
Neuere Untersuchungen zeigen, dass bereits der Konsum einer einzigen Zigarette genügt, um typische Abhängigkeitssymptome wie innere Unruhe, Reizbarkeit und Konzentrationsschwierigkeiten, hervorzurufen. Des Weiteren kommt es oft zu einem Verlust der persönlichen Selbstbestimmung.
Das Suchtpotential von oral aufgenommenem Nikotin ist deutlich geringer, im Gegensatz zu Nikotinkonzentrationen, die durch Inhalieren oder intravenöse Gabe entstehen können.
Eine Nikotinabhängigkeit kann sich durch körperliche und psychische Symptome bzw. Reaktionen äußern. Je nach Grad der Gewöhnung äußert sich die körperliche Abhängigkeit durch Symptome wie Unruhe, Kopfschmerzen, Schweißausbrüche und Kreislaufbeschwerden. In der Regel verschwinden die Symptome in 5 bis 30 Tagen.
Wird dem Körper das Nikotin nicht mehr zugeführt bzw. entzogen, so kommt es zu Entzugserscheinungen die sich durch Ungeduld, Angst, Schlafstörungen, Hungergefühl, Gereiztheit, Aggressivität, schlechte Laune bis hin zu Depressionen und Konzentrationsstörungen zeigen. Dieser Zustand kann Monate andauern und ist einer der Hauptgründe, weshalb Ex-Raucher immer wieder rückläufig werden. Die psychische Nikotinabhängigkeit bleibt häufig länger bestehen.
Viele Konsumenten gewöhnen sich an, mit dem Rauchen Ärger und Stress zu begegnen, Geselligkeit zu genießen oder sich geistig anzuregen. Bei einem Entzug fühlen sie sich in solchen Situationen im ersten Moment wie innerlich leer. Auch der Stoffwechsel muss sich an die neue Situation anpassen.
Ohne das gewohnte Nikotin werden Fette und Kohlenhydrate im Körper langsamer verarbeitet. Die fehlende Zigarette wird oft mir Süßigkeiten und anderem Essen ersetzt, so dass viele in der ersten Zeit eines Nikotinentzugs oft noch an Gewicht zunehmen. Daher ist bei der Raucherentwöhnung auf eine ausgewogene Ernährung und viel Bewegung zu achten.
Eine Nikotinabhängigkeit kann anhand der charakteristischen Symptome sowie aus den Verhaltensweisen und Gewohnheiten der Betroffenen diagnostiziert werden. Zudem kann man durch die körperliche Untersuchung typische Beschwerdebilder erkennen, die bei Nikotinabhängigkeit gehäuft auftreten. Hierzu gehören beispielsweise Raucherhusten, braun gefärbte Finger oder Unruhezustände nach längerem Verzicht auf Nikotin. Des Weiteren kann man mit Hilfe von Fragebögen z.B. mit dem Fagerström-Test, den Verdacht auf eine bestehende Nikotinabhängigkeit bestätigen.
Die Therapie der Nikotinabhängigkeit zielt darauf ab, dass Rauchen zu beenden und sich so von der Nikotinabhängigkeit zu befreien. Die Willenskraft des Betroffenen ist natürlich von großer Bedeutung, aber nicht immer allein ausreichend, da das Nikotin sowohl körperlich als auch psychisch abhängig macht.
Die größte Erfolg versprechende Therapie einer Nikotinabhängigkeit ist die Kombination von Eigenmotivation, ärztliche und medikamentöse Unterstützung zur Milderung der körperlichen Entzugserscheinungen sowie eine Verhaltenstherapie. Bei sachgerechter Information kann auch die Teilnahme an Selbsthilfegruppen hilfreich sein. Des Weiteren kann Hypnotherapie erwiesenermaßen erfolgreich sein.
Der Nikotin-Ersatz erfolgt primär durch Pflaster, Kaugummi oder Spray, deren Wirksamkeit auch hinreichend belegt ist. Sollte dies nicht genügen, so können Arzneistoffe wie Bupropion und Varenicilin verabreicht werden. Diese werden aber aufgrund unerwünschter Nebenwirkungen eher zurückhaltend und nur unter ärztlicher Aufsicht gegeben. Es gibt zahlreiche Methoden zur Entwöhnung wie „reduziertes Rauchen", Aversionstherapie, Akupunktur oder der Umstieg auf Kräuteretten, jedoch gibt es für diese Methoden keine klinischen Untersuchungen, die ihre Wirksamkeit belegen.
Nikotin schadet der Gesundheit. Es verengt die Blutgefäße, schädigt die Nerven und das Gehirn. Nikotin hat selbst zwar keine krebserregende Wirkung, beeinflusst aber biologische Prozesse, die das Wachstum von Tumoren begünstigen können. Beim Verbrennen einer Zigarette werden mehr als 4.800 chemische Stoffe freigesetzt, wovon über 70 hochgiftig und krebserregend sind oder unter dem Verdacht stehen, Krebs zu erregen. In Deutschland sterben jährlich bis zu 140.000 Menschen an den Folgen des Rauchens.
Der einzige Weg der Vorbeugung ist erst gar nicht mit dem Rauchen anzufangen. Kinder sollten frühzeitig über die Risiken des Rauchens aufgeklärt werden. Es muss deutlich gemacht werden, dass das Rauchen keinesfalls cool und erwachsen ist. Dies kann durch Aufklärung und verhaltenstherapeutische Programme an Schulen und gemeinnützigen Zentren unterstützt werden.
Letzte Aktualisierung am 15.12.2020.