Die Nieren erfüllen wichtige Funktionen im Organismus: Sie sind beteiligt am Flüssigkeits-, Eiweiß- und Elektrolythaushalt und beeinflussen auf diesem Wege den Blutdruck. Sie filtern Stoffwechsel-Abfallprodukte und verschiedenste Arten schädlicher Substanzen aus dem Blut. Doch das gelingt nicht immer. Erkrankungen wie Nierenentzündungen können die Funktion der Niere einschränken. Von diesen gibt es verschiedene Varianten. In 70 Prozent aller Fälle einer abakteriellen interstitiellen Nephritis, einer Art der Nierenentzündung, sind Medikamente die Auslöser. Unter diesen sind auch viele gängige Schmerzmittel mögliche Verursacher.
Die Nieren sind wie ein kleines, komplexes „Kraftwerk“. Sie müssen zum einen überschüssige Stoffe und Flüssigkeit ausführen, zum anderen ein Recycling von Substanzen wie Proteinen, Aminosäuren, Blutzellen und Glukose durchführen. Außerdem regulieren die Nieren maßgeblich den Säure-Basen-Haushalt des Körpers. Zu diesem Zweck sind die Organe mit einer großen Oberfläche und einer vielschichtigen Struktur ausgestattet. Das macht sie hocheffizient, setzt sie aber einer Reihe von Gefahren aus. Täglich durchlaufen etwa 180 Liter Flüssigkeit die Nieren. Ausgeschieden werden von einem gesunden Erwachsenen lediglich zwei Liter. Einige Substanzen können sich anlagern oder lösen toxische (giftbedingte) oder allergische Reaktionen aus, die die Strukturen der Niere blockieren oder Entzündungsprozesse auslösen. Dies kann auch bei Medikamenten wie Schmerzmitteln auftreten.
Die Nierenkörperchen (Glomeruli) und auch das umgebende Gewebe (Interstitium – alle Zwischenräume des Nierengewebes mit Nerven, Blutgefäßen und Bindegewebe) sind anfällig für Störungen, die ihre Funktion beeinträchtigen. Im schlimmsten Falle kommt es zu vollständigem Nierenversagen. Bei chronischem Verlauf werden die Nieren stark und teilweise endgültig geschädigt. Betroffene Patienten müssen lebenslang zur Dialyse oder auf eine Nierentransplantation hoffen.
Nierenfunktionsstörungen und Nierenentzündungen gehen auf verschiedenste Ursachen zurück. Arzneimittel sind zu 30 Prozent an allen Fällen akuten Nierenversagens beteiligt.
Untersuchungen ergaben, dass medikamentös ausgelöste Nierenschäden zu 70 Prozent durch eine falsche, zu hohe Dosierung ausgelöst werden. 20 Prozent der Schäden sind weder mit der Dosis noch den Wirkstoffen zu erklären.
Den Nieren gefährlich werden unter anderem
Eine große Gruppe gängiger und zum Teil rezeptfreier Schmerzmittel kann Nierenschäden verursachen. Im Fachjargon werden sie als NSAR bezeichnet, als nicht-steroidale Antirheumatika (oder Antiphlogistika). Sie wirken schmerzstillend und zugleich entzündungshemmend. Gängige Mittel dieser Gruppe sind Diclofenac und Ibuprofen, neben vielen weiteren verwandten und vergleichbaren Präparaten. Sie gelten als mögliche Auslöser für die akute interstitielle Nephritis, also die Entzündung des Umgebungsgewebes in der Niere, um die Glomeruli (Nierenkörperchen) herum. Die enthaltenen Wirkstoffe provozieren eine Über-Reaktion des Immunsystems, eine Art Allergie. Die Folge ist ein Entzündungsprozess in den Nieren.
Die bekannte Acetylsalicylsäure – enthalten in Aspirin® und anderen Produkten – kann ebenfalls die interstitielle Nierenentzündung auslösen. Allerdings geschieht dies seltener als bei anderen NSAR-Medikamenten.
Paracetamol (Acetaminophenol), das ähnlich wirkt wie die NSAR-Medikamente, aber nicht dazugezählt wird, löst keine akute interstitielle Nierenentzündung aus. Dafür kann es andere Störungen der Niere herbeiführen.
Von der akuten interstitiellen Nierenentzündung durch Schmerzmittel zu unterscheiden ist die Analgetika-Nephropathie. Dabei handelt es sich um einen chronischen Prozess bei einer Schmerzmittel-Anwendung über Jahre hinweg. Über eine chronische interstitielle Nephritis kommt es bis hin zu einem Nierenversagen. Bis zu dessen Verbot spielte das Mittel Phenacetin die größte Rolle bei der Analgetika-Nephropathie. Doch auch Paracetamol oder NSAR wie Diclofenac oder Acetylsalicylsäure können als Auslöser der Erkrankung in Betracht kommen. Die Mischanwendung von Schmerzmitteln erhöht das Risiko enorm.
Nun ist nicht bei jeder Einnahme eines dieser Mittel eine Nierenerkrankung zu befürchten. Sie leisten gute Dienste bei Kopf- oder Zahnschmerzen, Migräne, rheumatischen Erkrankungen, fiebrigen Infekten und Entzündungen. Insbesondere eine dauerhafte Einnahme in Kombination mit anderen „Risikofaktoren“ gefährdet die Nieren.
Wer längere Zeit Medikamente einnehmen muss, sollte sich regelmäßig einer Blutuntersuchung unterziehen und den ärztlichen Anweisungen folgen. Je eher Schäden entdeckt und das Medikament abgesetzt werden kann, desto besser erholen sich die Nieren.
Ein wichtiger Hinweis auf eine Nierenfunktionsstörung ist der Kreatininwert. Kreatinin ist ein Stoffwechsel-Abbauprodukt und ein Marker für andere Stoffe, die in ähnlicher Weise filtriert werden. Ist der Wert erhöht, folgen weitere Tests, um Art, Ausmaß und Ursache der Störung zu ermitteln.
Ein Alarmsignal ist die ausgeschiedene Urinmenge. Sinkt sie von bis zu zwei Litern täglich auf weniger als 500 ml, dann kann dies problematisch werden. Zu den weiteren Symptomen zählen Schwächezustände, Bewusstseinsausfälle, Juckreiz auf der Haut und Ödeme (Wasseransammlungen).
Verstärkt gefährdet sind im Übrigen ältere Personen, die wegen verschiedener Beschwerden Arzneimittel einnehmen. Dazu kommt noch, dass ältere Menschen häufiger einen Flüssigkeitsmangel aufweisen und mitunter zu wenig trinken. Das Medikament liegt damit eher in einer zu hohen Dosis vor. Ähnliches gilt des Weiteren für Sportler, die unter Schmerzmitteln lange oder schwere Wettkämpfe wie Marathonläufe ausüben.
aktualisiert am 16.08.2019