Die Minimal-Change-Glomerulonephritis (MCGN) ist eine Form der Nierenentzündung, die überwiegend bei Kindern auftritt. Ihren Namen (zu Deutsch „Nierenkörperchen-Entzündung mit minimaler Veränderung“) hat sie erhalten, weil die Veränderungen des Nierengewebes, die bei der Gewebeuntersuchung im Lichtmikroskop zu sehen sind, sehr gering sind. Beobachtet wird diese Erkrankung in den meisten Fällen bei Kindern zwischen dem zweiten und achten Lebensjahr. Zeigen sich Symptome einer Nierenschädigung an den Nierenkörperchen (sogenanntes nephrotisches Syndrom), ist bei Kindern in bis zu 90 Prozent aller Fälle eine Minimal-Change-Glomerulonephritis zu vermuten. Bei Erwachsenen trifft die Diagnose auf 10 Prozent der Patienten zu. Charakteristisch für die MCGN ist die hohe Ausscheidung bestimmter Eiweiße im Urin.
Die Betroffenen entwickeln Ödeme (Wasseransammlungen an Körperstellen wie den Beinen oder im Gesicht) und scheiden mit dem Urin viele Eiweißpartikel aus. Daher fällt oft ein schäumender Urin auf. Mit ausgeschieden wird das Transport-Protein Albumin. Dieses befördert Mineralstoffe und Salze im Organismus wie:
Fehlt Albumin im Blut, weil es krankhafterweise gefiltert und ausgeschieden wird, vermindert sich der sogenannte kolloidosmotische Druck. Flüssigkeit tritt aus den Gefäßen in die Zellzwischenräume aus und gelangt nicht wieder in das Blut zurück. Das erklärt den gestörten Flüssigkeitshaushalt und die Ödeme.
Das Allgemeinbefinden ist bei Patienten mit MCGN nicht beeinträchtigt. Die Nierenfunktion ist bei betroffenen Kindern im Regelfall nicht herabgesetzt. Der beim nephrotischen Syndrom (dem Krankheitsbild der Störung der Nierenkörperchen) typische Bluthochdruck ist meist nur bei Erwachsenen zu beobachten. Substanzen, die über den Harn ausgeschieden werden müssen, sammeln sich nicht im Blut an. Nur wenige Erkrankte scheiden mit dem Urin Blutzellen aus, wie dies für andere Varianten der Nierenentzündung typisch ist.
Ist die erwähnte vermehrte Ausscheidung des Proteins Albumin (Makroalbuminurie) festzustellen, muss der Arzt der Ursache auf den Grund gehen. Diese ist im Falle der Minimal-Change-Glomerulonephritis der wichtigste Hinweis.
Ein mögliches Symptom der Minimal-Change-Glomerulonephritis bei Kindern ist eine Anämie (Blutarmut). Greift eine Therapie mit Eisenpräparaten nicht, kann dies bedeuten, dass
Ein Anzeiger für eine Nierenstörung ist normalerweise der Kreatinin-Spiegel im Blutserum. Im Falle der Minimal-Change-Glomerulonephritis bei Kindern ist dieser Blutwert jedoch normal, bei Erwachsenen ist die Kreatinin-Konzentration leicht erhöht.
Erwachsene reagieren häufig mit hohem Blutdruck. Spontane Nierenversagen treten selten auf.
Sicheren Aufschluss über die Situation gibt nur eine Entnahme einer Gewebeprobe (Nierenbiopsie) und mikroskopische Untersuchung.
Nur selten lässt sich eine Ursache für die Entstehung einer Minimal-Change-Glomerulonephritis bestimmen. Jedoch sind die sogenannten Füßchenzellen (Podozyten) in den Nierenkörperchen geschädigt. Daraufhin können kleinere Eiweißstoffe wie das Albumin nicht mehr aufgehalten werden und werden im Urin ausgeschieden.
Ein Risikofaktor ist die längerfristige Einnahme von bestimmten Medikamenten, den nicht-steroidalen Antirheumatika (NSAR). Dazu gehören viele gängige Schmerz- und Entzündungshemmer.
Einige Blutkrebs-Arten stehen im Verdacht, entsprechende Entzündungsreaktionen in den Nieren auszulösen. Dazu zählen Leukämie oder Morbus Hodgkin. Karzinome der Niere, der Bauchspeicheldrüse, der Prostata oder der Thymusdrüse (eines Immun-Organs im Brustbereich) kommen bei Erwachsenen ebenfalls als seltene Auslöser in Frage. Mediziner vermuten, dass die Tumoren schädliche Zell-Wachstumshormone absondern.
Kinder erholen sich für gewöhnlich schnell und ohne Komplikationen von einer Minimal-Change-Glomerulonephritis. Eine genaue ärztliche Beobachtung verhindert, dass die Krankheit im Wiederholungsfalle Schaden anrichtet.
Kritisch ist vor allem der bei Erwachsenen auftretende erhöhte Blutdruck, der weitere gesundheitliche Risiken mit sich bringt. Bei starker körperlicher Belastung können Blutungen an den Schleimhäuten oder ein blutiger Geschmack im Mund auftreten.
Ein längeres, unbemerktes Fortschreiten der Krankheit bedeutet, dass im Nierengewebe Vernarbungen und Funktions-Ausfälle auftreten. Eine verspätete Therapie führt zu dauerhaften Schäden (Niereninsuffizienz), die später eine Blutwäsche (Dialyse) notwendig machen.
Zur Therapie werden Corticosteroide (Cortison-Präparate) eingesetzt, um die Entzündungsreaktion in den Nieren einzudämmen. Bewährt haben sich auch Präparate, die das Immunsystem unterdrücken (Immunsuppressiva). Zudem können mit entwässernden Medikamenten (Diuretika) die Ödeme (Flüssigkeitseinlagerungen im Körpergewebe) reduziert werden.
In etwa 40 Prozent der Fälle klingt die Minimal-Change-Glomerulonephritis spontan und unbehandelt wieder ab. Trotz Cortisongabe besteht ein Rückfallrisiko von bis zu 60 Prozent. Wird längere Zeit Cortison verabreicht und anschließend „ausgeschlichen“, also nur langsam die Dosis erniedrigt, vermindert sich diese Gefahr.
Patienten, die nicht auf Cortison ansprechen, erhalten Medikamente aus der Krebstherapie (Zytostatika, Zellgifte). Allerdings sind hier heftige und langfristige Nebenwirkungen, vor allem bei Kindern, zu befürchten. Bei Rückfällen kann die Therapie mit Medikamenten erfolgreich wiederholt werden.
aktualisiert am 21.04.2023