Opiate werden seit Jahrtausenden verwendet, um Schmerzen zu behandeln. Morphine und deren „Verwandte“ sind bislang in ihrer vielseitigen und effektiven Wirkung unübertroffen. Heute schreiben Ärzte jährlich hunderttausende von Rezepten für Opiate aus.
Doch auch die dunkle Seite ist bekannt: Seit es Opiate gibt, existiert auch das Suchtproblem. Die Substanz spricht das „Belohnungszentrum“ im Gehirn an, das limbische System, in dem Gefühle angesiedelt sind. Hier lösen Opiate eine Dopamin-Ausschüttung aus, die wiederum Euphorie und Angstfreiheit zur Folge hat.
Chronische Schmerzpatienten müssen zudem beständig die Dosis erhöhen, weil der Organismus eine Wirkstofftoleranz entwickelt. Damit verstärken sich auch unerwünschte und gefährliche Nebenwirkungen, oft mit Todesfolge. Mediziner und Pharmakologen arbeiten daran, die Wirkung der Opioide zu modifizieren und deren negative Effekte unter Kontrolle zu bringen.
Opioide binden die Rezeptoren, die für die Weiterleitung von Schmerzwahrnehmung, Hunger, Durst und verschiedener Stimmungen verantwortlich sind. Ob das Opioid nun jeweils im Gehirn selbst produziert oder über eine Droge von außen verabreicht wird, es lähmt stets die Aktivität und Leitfähigkeit der Nervenzellen.
Um die gefährlichen Nebeneffekte der Opiate auszuschalten, suchen Experten nach einer Methode, um die Wirkung der Droge auf das „Belohnungssystem“ im Gehirn von ihrem schmerzlindernden Effekt zu trennen.
Nur einer von drei bekannten Opioid-Rezeptoren in den Nervenzellen löst die bekannten Nebenwirkungen aus, wie schon Versuche in den 1990iger Jahren bewiesen. Um die Jahrtausendwende entwickelte man ein synthetisches Opioid, das sich gleichzeitig an mehrere Rezeptoren in den Neuronen bindet, und weder eine Wirkstofftoleranz noch Suchtverhalten auslöste. Die Ursachen dafür konnten nicht entschlüsselt werden.
Neben den Neuronen-Rezeptoren sind auch Gliazellen, die einzelne Nervenzellen stabilisieren und trennen, entscheidend an der Informationsleitung wie der Schmerzübermittlung beteiligt. Einige Wissenschaftler vermuten, dass ein erfolgreiches Blockieren von Gliazellen jede Schmerzübertragung verhindern könnte. Erste Versuche in diese Richtung verliefen vielversprechend.
Cannabinoide wie Marihuana, Capsaizin und verwandte Substanzen rücken zunehmend in den Fokus der Schmerzforschung. Erhöht man durch ein bestimmtes Enzym die Bildung eines endogenen Neurotransmitters, steigt auch der Level der natürlichen Rezeptoren für Cannabinoide an, die schmerzstillende Wirkung der Substanz multipliziert sich. Ob solche Präparate auf Dauer ähnlich wirksam sind wie Opioide? Zumindest sind sie weniger gefährlich. Selbst eine Überdosis führt nicht zu Herz- oder Atemstillstand.
aktualisiert am 29.11.2018