Eine Zuckerinjektion ins Knie gegen Arthritis? Die Prolotherapie oder auch Proliferantionstherapie ist schon seit etwa 80 Jahren bekannt. Zum Einsatz kommt sie, um erschlaffte, gelockerte oder auch verletzte Bänder zu stärken. Verletzungen, Fehlbelastungen oder auch Bewegungsmangel führen zu Schwächen im Binde- und Sehnengewebe. Und diese wiederum sind oft Ursache für chronische Rückenschmerzen bis hin zu Bandscheibenvorfällen. Auch massive Gelenkprobleme entstehen so. Eine Injektion an der betroffenen Stelle, bestehend aus einem Schmerzmittel gemischt mit Traubenzucker, verstärkt zwar zu Beginn der Behandlung die Schmerzen, doch sechs bis acht Wochen nach der letzten Spritze tritt meist eine deutliche Besserung der Beschwerden ein.
Was genau geschieht bei dieser Art der Therapie? Die zuckrige Lösung erzeugt im betroffenen Gelenk eine kleine Entzündung, die keinen Schaden anrichtet. Doch sie regt die Ausschüttung von Fibroblasten an, das sind Zellen, die bei der Reparatur von Schäden und zur Erhaltung von Bindegewebe und Bändern benötigt werden: Werden sie in größerer Menge hervorgelockt oder produziert, können sie beispielsweise beschädigte Bänder im Knie stabilisieren und so schmerzhafte Fehlbelastungen im Gelenk vermindern.
Aktuell wurde an der Universität von Wisconsin, U.S.A. ein Prolotherapie-Versuch an 90 Männern und Frauen durchgeführt, die unter schmerzhafter Kniegelenksarthrose litten. Die Probanden wurden in drei Gruppen unterteilt.
Eine Gruppe erhielt insgesamt drei Injektionen aus Wasser und 10-25 Prozent Dextrose, also Traubenzucker, im Abstand von jeweils vier Wochen. Die zweite Gruppe wurde mit Salzwasserinjektionen behandelt. Die dritte Gruppe erhielt keine Injektionen, folgte dafür aber einem ausgefeilten Übungs- und Physiotherapieplan.
Jeder der freiwilligen Studienteilnehmer wurde mit Hilfe eines besonderen Bewertungssystems beobachtet, dem Arthritis-Index der Western Ontario McMaster Universität. Dieser wurde entwickelt, um den Grad einer arthritischen Erkrankung genau definieren zu können.
Der Test dauert 12 Minuten, arbeitet mit einer Skala von 100 Punkten und bewertet die Mobilität von Arthrosekranken im Alltag: Wie leicht fällt das Treppensteigen, wie gut klappt das Ein- und Aussteigen vor und nach einer Autofahrt? Wie steht es mit der Fähigkeit, sich selbst die Socken anzuziehen?
Die Ergebnisse zeigten, dass ein Jahr nach Beginn der Behandlung die Probanden mit der Zuckerinjektion am besten abgeschnitten hatten: Ihre Schmerzen hatten sich gravierend verringert, sie waren im Alltag agiler und beweglicher. Gemessen am erwähnten Arthritis-Index hatten sich ihre Arthrose-Symptome um 16 Punkte verbessert. Die Probanden mit der Salzwasser-Injektion hatten dagegen nur fünf Punkte gut gemacht, während bei der Gruppe, die sich dem Bewegungstraining unterzogen hatte, ein Fortschritt von sieben Punkten zu verzeichnen war. Warum die Salzinjektionen offensichtlich schlechter wirkten als die Spritzen mit der Zuckerlösung, ist bislang ungeklärt.
Derzeit befindet sich ein Kompressionshandschuh für die Schmerztherapie bei Arthritis der Hände in der Entwicklung. Der durch ein besonderes, elastisches Material ausgeübte Druck auf die Gelenke löst eine ähnliche Entzündungsreaktion aus wie die Zuckerinjektionen. In einem einjährigen Versuch, der im September 2013 an der Universität von Salford starten soll, erhalten 130 Rheuma- und Arthrosepatienten den Kompressionshandschuh als eine Komponente ihrer Schmerztherapie, sollen davor, während der Behandlung und danach aber ausführliche Tests durchlaufen. Die Ergebnisse werden mit Spannung erwartet.
aktualisiert am 30.11.2023