So belastbar das Kniegelenk auch ist, plötzliche seitliche Verdrehungen, bei denen zu starke Kräfte auftreten, verkraftet die Konstruktion nur schwer. Wenn nach einem solchen schmerzhaften Ruck das Knie gewaltig anschwillt, besteht der Verdacht auf den gefürchteten Kreuzbandriss – und bestätigt sich nur allzu oft.
Am Universitätsklinikum Magdeburg erprobt derzeit ein Expertenteam unter Leitung des Direktors der Abteilung Orthopädie, Professor Dr. Christoph Lohmann, ein neues Verfahren. Damit soll eine schnelle und vor allem gründliche Heilung möglich sein.
Bei der bisher üblichen Vorgehensweise entnimmt der Chirurg Sehnengewebe und repariert damit das gerissene vordere Kreuzband. Dennoch bleibt das Kniegelenk nach diesem Eingriff oft weiterhin instabil. In der Folge entwickeln sich Arthrosen oder Schäden am Meniskus. Diese wiederum führen häufig zu Dauer-Schmerz und Einschränkungen der Beweglichkeit und der sportlichen Belastbarkeit. Für viele Betroffene bedeutet dies nicht nur einen Verlust an Lebensqualität, sondern möglicherweise sogar das Aus für den erlernten Beruf.
Die neu entwickelte Methode ist ein minimal-invasiver Eingriff: Dabei wird in den Schienbeinknochen ein knapp fingerdickes Titanstück mit Feder und künstlicher Sehne eingesetzt. Das gerissene Kreuzband selbst wird zuvor ebenfalls mit einer mikrochirurgischen Naht „geflickt“. Das Implantat unterstützt und entlastet das Kreuzband, stabilisiert zugleich das Knie und fördert so die Heilung.
Eine Bedingung für den Erfolg der Prozedur ist eine schnelle chirurgische Reaktion: Länger als zwei Wochen nach dem Unfall sollte man den Eingriff nicht aufschieben. Das Entnehmen einer körpereigenen Sehne entfällt dagegen und die Heilung verläuft erstaunlich rasch. Schon nach etwa sechs Wochen dürfen Patienten wieder Fahrrad fahren, nach einigen Monaten sogar Joggen. Andere Sportarten oder Tätigkeiten, die das Knie stärker belasten, sollten frühestens ein halbes Jahr später wieder aufgenommen werden, so Professor Lohmann.
Weil das Verfahren so neu ist, existieren noch keine Langzeit-Erfahrungen, und Prognosen lassen sich kaum stellen. Die rasche und unkomplizierte Stabilisierung des Kniegelenks im Heilungsverlauf lässt allerdings auf das Ausbleiben so mancher Kniegelenksarthrose hoffen, die mit der herkömmlichen Operationsmethode zu erwarten gewesen wäre.
Doch schon jetzt verbessert das Implantat die Aussichten für viele Menschen, die sich von Berufs wegen oder der Gesundheit zuliebe viel bewegen müssen.
aktualisiert am 30.11.2023