Knochen bestehen aus einer erstaunlich komplexen Zusammensetzung von Materialien. Die Struktur ist so schwer zugänglich, dass Wissenschaftler sich seit Jahrzehnten darum bemühen, ihren genauen Aufbau, ihre Stärke und Belastbarkeit zu entschlüsseln.
Mit den weltweit leistungsstärksten Computern ist es einem Forscherteam am MIT (Massachusetts Institute of Technology) nun gelungen, die Knochenstruktur beinahe Atom für Atom zu analysieren. Markus Buehler, der das Forschungsteam leitet, ist Professor für Bauingenieurwesen und Umwelttechnik (CEE) am MIT. Die Schwierigkeit, so sagt er, bestand darin, herauszufinden, wie zwei sehr unterschiedliche Grundstoffe sich zu einem Material zusammenfügen, das gleichzeitig hart und flexibel ist. Hauptbestandteile des Knochens sind das weiche Protein Kollagen und das spröde Mineral Apatit. Während Kollagen so weich ist wie Gelatine, ist Hydroxylapatit spröde wie Kreide und bricht, sobald man auch nur ansatzweise versucht, ihn zu biegen. Hydroxylapatit gewährleistet die Steifigkeit und Widerstandskraft des Knochenmaterials, das Kollagen ist für die Flexibilität verantwortlich. Keines der beiden Materialien könnte alleine ein funktionsfähiges Gerüst für den Körper sein.
Vorrangiges Ziel der Wissenschaftler war es, zu erforschen, wie genau sich die beiden Komponenten zusammenfügen, wie sich das Mineral im Kollagen verteilt. Die Moleküle können jedoch nur zweidimensional mit Rasterkraftmikroskopen untersucht werden. Bislang gibt es keine Möglichkeit, die komplizierte dreidimensionale Struktur abzubilden. Neue Supercomputer eröffneten die Möglichkeit, detaillierte Berechnungen anzustellen. Aber auch diese mussten mehrfach wiederholt werden und mit den bekannten Ergebnissen der Laboruntersuchungen abgeglichen werden.
Dabei fand man heraus, dass die Hydroxylapatit-Körner nur wenige Nanometer dünne Plättchen sind, die tief im Kollagen eingebettet liegen. Kollagen besteht aus verschiedenen Aminosäuren - ändert sich nur eine davon, hat das Auswirkungen auf die gesamte Knochenstruktur. Genauere Erkenntnisse über die Knochenstruktur könnten daher auch helfen, Erkrankungen wie Osteoporose oder die Glasknochenkrankheit besser zu verstehen und zu behandeln.
aktualisiert am 15.04.2020