23.04.2004 - Seit den 80er Jahren gilt es als Tabu in der Plastischen Chirurgie, Brüste mit körpereigenem Fett zu füllen. Bei früheren Operationen waren Teile des übertragenen, körpereigenen Fettgewebes abgestorben und hatten harte Stellen in der Brust verursacht. Bei Mammographien wurden diese Verhärtungen leicht mit Tumoren verwechselt.
Grundsätzlich ist die Idee, aus körpereigenen Zellen – möglichst so genannten adulten Stammzellen - Ersatzgewebe zu züchten und für die Defektdeckung oder auch eventuell zur Konturveränderung einzusetzen, keinesfalls neu. Wegen des enormen Bedarfs an Ersatzgewebe, der durch herkömmliche Methoden nicht hinreichend gedeckt werden kann, hat sich deshalb seit Anfang der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts ein junges Forschungsgebiet, das so genannte "tissue engineering", entwickelt.
Die Möglichkeit wurde seit vielen Jahren immer wieder versucht, aber letztlich aufgegeben, weil die eingespritzten Fettzellen abstarben und so genannte Ölzysten bildeten, die zu erheblichen Folgekomplikationen in der Brust führten. Diese Folgeschäden endeten oft katastrophal für die betroffenen Frauen. Deshalb gilt dieses Verfahren heute als obsolet.
Wegen der hiermit verbundenen Risiken versuchen einige Forschergruppen derzeit, so genannte Präadipozyten zu züchten. Diese scheinen als Vorläuferzellen der eigentlichen Fettgewebszellen, offenbar aufgrund ihrer geringeren Größe und der noch nicht vorhandenen Lipideinschlüsse in der Zelle selbst, den mechanischen Stress und zeitweilige Ischämien im Rahmen des Isolationsprozesses und der Transplantation besser zu überstehen als die fragileren Adipozyten. Diese Ansätze stecken aber noch in den Kinerschuhen und sind aktuell bei weitem noch nicht für eine klinische Anwendung zu empfehlen.
Beim Lipofilling (Eigenfettunterspritzung) werden hingegen kleine Mengen von abgesaugtem Fettgewebe nach einer Vorbheandlung mit einer Zentrifuge zur Trennung der verschiedenen Fettfraktionen unter die Haut gespritzt, um etwa Falten zu glätten oder kleinere Konturunregelmäßigkeiten, wie zum Beispiel bei eingefallenen Wangen, aufzufüllen. Selbst wenn dabei das Überleben der Fettzellen bis heute nicht ganz sicher bewiesen ist, so ist doch der Umbau der kleinen Mengen in so genanntes Bindegewbe geeignet, um einen länger anhaltenden Effekt zu erzielen.
Bei der BRAVA Methode handelt es sich grundsätzlich um eine nicht-invasive Technologie zur Brustvergrösserung, die auf dem bekannten Prinzip der Gewebeexpansion beruht: Immer dann, wenn ein Gewebe gedehnt wird (etwa die Bauchwand der Frau während der Schwangerschaft), kommt es zu einer Gewebedehnung - bis das natürliche Gleichgewicht wieder hergestellt ist. Dieses Prinzip ist seit mehreren Jahrzehnten in der Plastischen Chirurgie bekannt.
Durch einen Unterdruck soll das Gewebe der Brust dazu angeregt werden, zu wachsen. Eine Patientenbeobachtung an ca. 200 Frauen will einen Zuwachs um bis zu ca. 100 ml beobachtet haben. Inwieweit es sich dabei um eventuell Wassereinlagerungen in das Gewebe handelte und wie langfristig die Veränderungen anhalten, bedarf aber noch der genaueren wissenschaftlichen Analyse. Prospektive Untersuchungen werden hier zur Klärung beitragen können.
Besonders wenn die Implantate hinter den Brustmuskel eingesetzt werden, wird die Möglichkeit zur Mammographie dadurch in keiner Weise beeinträchtigt. Vielmehr wird besonders bei kleinen Busen durch die nach vorne vorverlagerte Brustdrüse die Diagnostik erleichert und verbessert.
Während man früher so genannte "geschlossene" Kapselsprengungen, also durch die Haut hindurch vornahm, gilt dies wegen der dabei häufig eintretenden Ruptur der Kapsel als Kunstfehler. Versuche, durch die Injektion von Medikamenten oder die Beschichtung mit Medikamenten eine Kapselbildung zu verhindern, schlugen bisher fehl. Daher gilt auch heute noch die operative Behandlung von Kapselkontrakuren als das Mittel der Wahl.
Durch die Veränderung der Implantatoberflächen mit Entwicklung von rauhen texturierten anstelle der früher üblichen glatten Silikonhüllen ist aber die Rate der Kapselbildungen erheblich zurückgegangen. Eine aktuelle Entwicklung ist die zusätzliche Oberflächenbeschichtung mit Titan. Diese soll eine weitere Verbesserung der Akzeptanz von Implantaten im Körper bewirken. Langzeitergebnisse stehen diesbezüglich aber derzeit noch aus.
Kommt es dennoch zur Kapselkontraktur, so kann aber heute in speziell ausgerüsteten Zentren, wie zum Beispiel in unserer Universitätsklinik eine minimal-invasive endoskopische Kapselsprengung über einen Schlüssellochzugang vorgenommen werden.
Zum einen war die Brustvergrösserung schon immer eine der am häufigsten durchgeführten aesthetisch indizierten Operationen, zum anderen wurde in den letzten Jahren durch die Medien eine völlig veränderte Einstellung zu plastisch-chirurgischen Eingriffen mit Veränderung der Körperform und ein verändertes Körperbewusstsein erzeugt. Dieser Trend hat sich aus den USA konsequent nach Europa fortgesetzt.
Mittlerweile konnte in Langzeitstudien gezeigt werden, dass die vor einigen Jahren befürchteten möglichen Schäden (wie etwas rheumatische Erkrankungen) durch Silikongelprothesen in großen Reihenuntersuchungen nicht auftraten. Vielmehr hatten Frauen mit Silikonprothesen zum Teil weniger Brustkrebserkrankungen als die Normalbevölkerung.
Ferner wurden die Techniken der Brustvergrösserung durch Entwicklung neuer Implantate und Implantatoberflächen verbessert, was sicher auch zur weiteren Verbreitung dieser Operation beigetragen hat.
Grundsätzlich ist die Einpflanzung der Implantate hinter den Brustmuskel das derzeit sicherste Verfahren. Durch den über der Prothese noch liegenden Brustmuskel wird eine zusätzliche Weichteilbedeckung gewährleistet, die ansonsten gerade bei sehr schlanken Frauen mit einem dünnen Haut-Weichteilmantel und sichtbaren Rippenkonturen zu einer sichtbaren Verformung durch die Prothesen führen können.
In unserer Klinik wird diese Art der Implantation grundsätzlich durchgeführt. Nachteil sind die etwas aufwändigere Art der Präparation und die etwas vermehrten Beschwerden unmittelbar nach der Operation im Vergleich zur einfachen Einpflanzung lediglich unter die Brustdrüse und somit oberhalb des Muskels. Deswegen wird eine sorgfältige Schmerztherapie perioperativ vorgenommen.
In Anbetracht der meist besseren Langzeitergebnisse wird das Vorgehen immer mit der betroffenen Patientin im Einzelfall abgesprochen. Anatomische geformte Implantate haben in bestimmten Einzelfällen einen Vorteil, können aber bei einer Kapselkontraktur, bzw. bei einem dadurch bedingten "Verrutschen" der Prothesen leichter zu einem unförmigen Aussehen führen als runde Implantate.
Die Beweggründe der Patientinnen sind sehr unterschiedlich. Wichtig ist für mich, herauszufinden, ob die Patientin die Brustvergrösserung wirklich nur für sich selbst möchte, oder ob andere Gründe im Vordergrund stehen. Viele Frauen leiden sehr stark unter einer zu kleinen oder kaum entwickelten Brust oder unter einer erschlafften, hängenden Brust nach Schwangerschaften. Dabei wird nicht nur ihr gesamtes Körpergefühl, sondern in der Folge oft auch das soziale Umfeld in Mitleidenschaft gezogen. Dies wirkt sich negativ auf die gesamte Lebensqualität aus.
Bei unserem Gespräch legen wir Wert darauf, dass alle Möglichkeiten und Techniken der Brustvergösserung aufgezeigt werden. Insbesondere wird auf mögliche mit der Operation verbundene Risiken und Gefahren sowie auf Langzeitfolgen aufmerksam gemacht. Durch die Medien werden aber gelegentlich auch unrealistische Erwartungen geschürt. Trotz aller Fortschritte der Techniken kann es in einem bestimmten Prozentsatz zu Kapselbildungen kommen, die dann eine erneute Operation notwendig machen können. Über die Haltbarkeit der momentan modernsten Implantate existieren keine absolut zuverlässigen Angaben. Es ist die Aufgabe des Plastischen Chirurgen, hier Aufklärungsarbeit zu leisten, und betroffene Patienten korrekt über alle möglichen Folgeprobleme zu unterrichten.
Viele Dank für die ausführlichen Informationen!
Literaturhinweise:
1) Horch RE, Bannasch H, Andree C. Kopp J, Stark GB: Single cell suspensions of cultured human keratinocytes in fibrin glue reconstitute the epidermis, Cell Transplantation 7: 309-317, 1998
2) Horch RE, Bannasch H, Stark GB: Combined grafting of cultured human keratinocytes as a single cell suspension in fibrin glue and preserved dermal grafts enhances skin reconstitution in athymic mice full-thickness wounds. Eur J Plast Surg 22: 237-243, 1999
3) Horch RE, Debus M, Wagner G, Stark GB: Cultured human keratinocytes on type-I bovine collagene membranes to reconstitute the epidermis. Tissue Engineering 6: 53-67, 2000
Letzte Aktualisierung am 10.04.2019.