Neue Erkenntnisse zur Haltbarkeit von Medikamenten, kürzlich bei den "Archiven der Inneren Medizin" in den USA veröffentlicht, besagen, dass originalverpackte Medikamente viel länger haltbar sind als bisher angenommen.
Wer kennt das nicht: In der Hausapotheke fallen Schächtelchen und Fläschchen mit verblassten Etiketten auf. Längst ist das aufgeprägte Haltbarkeitsdatum überschritten. Was ist richtig: Wegwerfen oder trotzdem verbrauchen?
Nach einer Laboranalyse von acht verschreibungspflichtigen Medikamenten, deren Verfallsdatum bereits 28 bis 40 Jahre zurücklag, fand man heraus, dass die meisten Arzneien noch ebenso wirksam waren wie zum Zeitpunkt ihrer Herstellung. Die untersuchten Medikamente enthielten 14 verschiedene aktive Inhaltsstoffe, wie Aspirin, Codein und Hydrocodon. Die Wirksamkeit der aktiven Bestandteile betrug fast durchgehend noch mindestens 90% des auf der Packung angegebenen Wertes. Nach den üblichen Bestimmungen darf die Wirksamkeit eines Inhaltsstoffes eine Bandbreite zwischen 90 und 110% der angegebenen Intensität aufweisen. Drei der Medikamente, Aspirin und Amphetamin und das Schmerzmittel Phenacetin fielen dabei unter die 90%-Grenze. Dagegen lag bei drei untersuchten Inhaltsstoffen die Intensität über den erlaubten 110%. Womöglich waren aber zum Herstellungszeitpunkt die Kontrollen weniger streng und die erlaubten Ausgangswerte höher.
Die meisten Arzneimittel verfallen offiziell nach einem bis fünf Jahren. Das Verfallsdatum kennzeichnet jedoch lediglich den Zeitpunkt, bis zu dem der Hersteller die Garantie dafür übernehmen möchte. Mit der tatsächlichen Lebensdauer des Medikamentes hat dieses Datum offenbar nichts zu tun.
Die willkürlich gesetzten Verfallsdaten führen dazu, dass Verbraucher und Apotheker viele gute, wirksame Medikamente wegwerfen. Für den Verbraucher wie für das Gesundheitssystem bedeutet das: höhere Kosten.
In der Regel sind Medikamente auch nach ihrem Wegwerf-Datum noch sicher in der Anwendung. Es gibt nur einen einzigen dokumentierten Fall in der medizinischen Literatur, in dem ein abgelaufenes Medikament toxisch wurde. Alle für die zitierte Studie untersuchten Medikamente waren übrigens ungeöffnet und originalverpackt. Bereits geöffnete Behälter bedeuten, dass Feuchtigkeit, Temperaturschwankungen, Bakterien und sogar Licht Einfluss auf die Haltbarkeit und die Wirkungsweise einer Arznei nehmen können. Angebrochene Packungen sollten daher nach einigen Wochen entsorgt werden.
Fazit: Für eine ganze Reihe von Mitteln könnten die Verfallsdaten verlängert werden, insbesondere im Falle von Medikamenten, deren Knappheit Leben kosten könnte.